خَاتَمَ النَّبِيِّينَ
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bdullah schloss sich einer Handelsreise nach Syrien an und verabschiedete sich von seiner weinenden Frau Amina vor der Kaaba.
Die Kaaba zog gläubige Menschen aus allen Himmelsrichtungen an wie ein Magnet. Deshalb war Abraha[1], der Vertreter des Königs von Abessinien im Jemen, neidisch. Er überlegte, was er machen sollte, um das zu ändern. Er wollte auch seinen König glücklich machen. Da kam er auf die Idee, eine gewaltige Kirche in Sanaa zu bauen, damit die Leute dorthin pilgerten und nicht die Kaaba besuchten.
Er brauchte aber dazu viele Arbeiter, die durch Gewalt schnell arbeiten sollten. Schnell besorgte er viele und gab Befehle: „Wer erst nach Sonnenaufgang zur Arbeit kommt, dem soll eine Hand abgehackt werden.“
In Sanaa hungerten die Menschen und Abraha ließ große Kreuze aus Gold herstellen. Aus den Ruinen der Paläste der Königin von Saba ließ er Marmor herbeischleppen. Die neu erbaute Kirche nannte er Qulays.[2]
Abraha machte Werbung für sein Bauwerk. Er ließ die Nachricht über die Schönheit seiner Qulays verbreiten und sprach schlecht von der Kaaba. Ungeduldig wartete er auf die Massen von Pilgern, die er dem König von Abessinien versprochen hatte, jedoch war es vergeblich. Als die Pilgerzeit kam, sah er mit eigenen Augen, wie die mit Schätzen und Opfertieren beladenen großen Karawanen an seiner prächtigen Kirche vorbeizogen und sich in die Hitze der Wüste begaben, um nach Mekka zu reisen. Da kochte er vor Wut. All seine Werbeversuche waren umsonst, und als auch noch ein Mann seine Kirche beschmutzte, um die Kaaba zu rächen, stand Abrahas Entschluss fest. „Ich muss diese Kaaba zerstören!“
Er nahm seine sechzigtausend Soldaten, neun weibliche und dreizehn männliche Elefanten[3] und marschierte in Richtung Mekka. Unterwegs zerstörte er rücksichtslos, was ihm in den Weg kam.
Kurz vor Mekka machten sie Halt und fingen alle Tiere ein, die sie als Beute für Abraha finden konnten - darunter auch zweihundert Kamele, die Abdul-Muttalib gehörten.
Viele Tage vergingen und die schwangere Amina wartete immer noch sehnsüchtig auf ihren Mann und verbrachte viele Nächte draußen. In dieser Zeit - während sie und alle Bewohner Mekkas in Angst und Schrecken vor dem gewaltigen Abraha lebten - hätte sie Abdullah am meisten gebraucht.
Als die Quraisch den übermächtigen Gegner mit seiner großen Armee kommen sahen, beschlossen sie, nicht zu kämpfen, weil es nichts bringen würde.
Abdul-Muttalib ging mit einem seiner Söhne zu Abraha und bat nur um seine zweihundert Kamele. Das wunderte Abraha und er sagte zu Abdul-Muttalib: „Ich bin doch gekommen, um die Kaaba und deine Religion zu zerstören und du fragst nur nach deinen Kamelen. Wie kommt das?“ Abdul-Muttalib sprach mit ruhiger Stimme, aber selbstbewusst: „Ich bin der Besitzer der Kamele. Die Kaaba hat aber einen Herrn, Der sie beschützen wird, und braucht mich nicht!“
Abraha lachte: „Gegen mich und meine Armee kann niemand die Kaaba schützen.“
„Wir werden sehen, was zwischen dir und dem Herrn der Kaaba geschehen wird“, sagte Abdul-Muttalib.[4]
Er erhielt seine Kamele und ging zurück in die Stadt. Er hatte den Bewohnern geraten, Mekka zu verlassen und außerhalb der Stadt abzuwarten, was geschehen würde.
Abdul-Muttalib und einige Männer von seiner Familie gingen zur Kaaba und beteten zu Allah, dass Er Sein Haus schützen soll. Dann begaben sie sich zu den Familien hinter der Stadt.
Am nächsten Morgen nahmen die Soldaten ihre Waffen und Unais der Elefantenführer kam, um den Elefanten für den Ritt Abrahas vorzubereiten. Da blieb der große Elefant überrascht stehen. Was war mit dem Tier geschehen? Der Elefant kniete! Unais war verblüfft, denn er hatte noch nie einen Elefanten knien gesehen. Immer wieder murmelte er: „O Wunder, o Wunder!“
Eilig brachte er die Nachricht von dem knienden Elefanten zu den Männern, die in seiner Nähe waren, und sie eilten herbei, um ihn zu sehen.
Unais und die Männer um ihn herum versuchten, den Elefanten zum Aufstehen zu bewegen, aber es klappte nicht.
Die Nachricht vom knienden Elefanten verbreitete sich unter den Soldaten wie ein Lauffeuer und erreichte schließlich auch Abraha. Abraha ahnte, dass das kein Glück bringen würde. Er befahl den Männern, den Elefanten zum Aufstehen zu bewegen – egal wie. Die Soldaten schlugen den armen Elefanten mit Eisenstangen und stachen ihn mit Lanzen, bis er vor Schmerzen schrie. Aber er blieb regungslos wie ein Fels. Als sie jedoch versuchten, den Elefanten Richtung Jemen zu lenken, lief er los. Die Soldaten liefen ihm hinterher und brachten ihn zurück. Sie versuchten ihn zurück in Richtung Mekka zu drehen. Der Elefant aber weigerte sich mit aller Kraft, auch nur einen Schritt zu tun. Die Männer wendeten ihn nach Westen und nach Osten, und er lief los. Sobald sie ihn aber in Richtung Mekka drehten, blieb er stehen und ließ sich nieder.
Abraha schrie seine Soldaten an: „Ich will auf keinen Fall aufgeben. Die Kaaba muss zerstört werden, auch wenn keiner von euch diesen Platz lebendig verlässt!“
Da geschah aber etwas Seltsames: Ein dunkler Schwarm Vögel näherte sich und bedeckte schließlich den gesamten Himmel wie eine schwarze Wolke. Die Vögel kreisten über der abessinischen Armee und ließen einen Hagel von Steinen auf das überraschte Heer niederprasseln. Die schweren Panzerhemden der Soldaten konnten sie nicht schützen, denn es waren fürchterliche Steine aus glühendem gebrannten Ton, die vom Himmel stürzten – zwar nur so klein wie Linsen, aber sie durchbohrten ihre Körper. Es war schrecklich und tat so weh.
Voll Todesangst versuchten sie zu flüchten. Als die Armee endlich im Jemen angekommen war, waren die meisten unterwegs gestorben.
Abraha wurde schwerverletzt in seine Burg getragen, wo seine Leute ihn in seinem schrecklichen Zustand kaum erkannten. Kurze Zeit später starb er und die Menschen in Sanaa waren froh darüber.
Unais, der Elefant Mahmud und einige wenige jedoch blieben verschont. Später berichteten sie immer wieder von dem schrecklichen Geschehen. Einige von ihnen blieben in der Gegend von Mekka.
„Was hat diese starken Männer getroffen?“, fragten sich die Menschen, als sie überall die Leichen liegen sahen. Wie eine abgefressene Saat[5], fast vollständig vernichtet, war die Armee Abrahas dorthin zurückgekehrt, von wo sie gekommen war, ohne dass seine Soldaten Mekka betreten und ihre Augen das Heilige Haus Allahs gesehen hatten! Gesund und stark, stolz auf ihre Zahl und Waffen, waren sie gekommen. Aber dann waren die Reste der Armee krank, schwach und gedemütigt geflüchtet.
Groß war die Überraschung und Freude der Mekkaner als sie hörten, dass Abrahas Soldaten abgezogen waren ohne die Kaaba erblickt zu haben. Abdul-Muttalib jedoch war nicht überrascht. Mit ruhiger Stimme erklärte er, dass er fest daran geglaubt hatte, dass Allah Sein Haus verteidigen werde. Denn Er hatte ja früher Seine Propheten Abraham und Ismael beauftragt, diese Kaaba zu bauen.
Die Mekkaner verfassten über die Rettung der Kaaba viele schöne Gedichte.[6]
Ganz Arabien war Zeuge, wie Allah die feindliche Armee vernichtet hatte. Bald wurde in ganz Mekka gefeiert.
Ab sofort nannte man dieses Jahr das „Jahr des Elefanten“. In diesem Jahr sollte etwas Großes geschehen, um die ganze Welt zu verändern. Jemand sollte geboren werden.
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mina wartete immer noch und machte sich inzwischen große Sorgen um ihren lieben Mann. Abdullah war immer noch unterwegs. Er erlebte die Bedrohung durch Abraha und das Vogelwunder nicht mit, denn er war zu jener Zeit nicht in Mekka, sondern auf seiner Handelsreise nach Syrien und Palästina.
Auf dem Rückweg erkrankte er schwer und musste in Medina[7] bei der Familie seiner Großmutter bleiben, während die Karawane weiter nach Mekka zog.
Als die Karawane ohne Abdullah zurückkehrte, erschraken Abdul-Muttalib, Amina und die ganze Familie. Sofort schickte Abdul-Muttalib seinen ältesten Sohn Al-Harith nach Medina. Doch sein Bruder lebte nicht mehr.[8]
Als Al-Harith mit der schrecklichen Nachricht zurück nach Mekka kam, trauerte man nicht nur in Abdul-Muttalibs Haus, sondern in der ganzen Stadt. Der Kummer der jungen Amina jedoch war am tiefsten. In vielen schönen und rührenden Gedichten hat sie ihre Liebe zu ihm erwähnt.[9] Ihr Kind wurde Halbwaise, noch bevor es zur Welt kam. Ganz Mekka konnte ihr keinen Trost bieten – nur das ungeborene Kind von ihrem geliebten Mann, das sie unter dem Herzen trug. Sie konnte es kaum erwarten, das Baby zu sehen, das sie wie eine kleine Sonne in ihrem Leib spürte.
In dieser Zeit, im Westen und im Osten, in Spanien, England, Rom, ja und auf der ganzen Welt töteten sich die Menschen auf grausame Art und Weise gegenseitig.
Medina wurde von zwei großen arabischen Stämmen bewohnt, den Aus und den Chazradsch. Die beiden Stämme lagen auch oft miteinander im Streit und hatten sich schon oft bekämpft. Außerdem lebten dort drei jüdische Stämme, die Banu Qurayda, die Banu An-Nadir und die Banu Qaynuqa. Diese Stämme hatten sich auf der Flucht vor der römischen Unterdrückung in Medina niedergelassen. Die Römer hatten viele von ihnen ermordet. Sie sprachen mittlerweile Arabisch, fühlten sich aber weiterhin als Angehörige der Religion Moses und warteten sehnsüchtig auf einen neuen Propheten. Sie wünschten, dass ein neuer Prophet von ihnen käme.
Zu dieser Zeit stieg in Medina ein Jude auf das Dach seines Hauses und rief so laut er konnte: „O Ihr Juden!“
Als sie sich um ihn versammelt hatten, fragten sie, weshalb er so herumschreie. Er sagte ihnen, dass er gesehen hatte, wie in der Nacht ein Stern erschienen sei. Aber nicht irgendein Stern, sondern der Stern, der zur Geburt des neuen Propheten, des Gepriesenen[10], angekündigt worden war. Das hatten ja große Gelehrte beschrieben und in ihren Büchern wurde es immer wieder gelesen. Das war in Medina.
In Mekka aber hörte Amina in diesem Augenblick eine Stimme, die zu ihr sprach: „Du bist mit dem Herrn dieses Volkes schwanger, und wenn er zur Welt kommt, sage: ‚Ich gebe ihn in den Schutz des Einzigen [Gottes] vor dem Bösen jedes Neiders!’ Dann nenne ihn Muhammad.“ Amina nahm sich vor, der Stimme zu folgen.
Aminas Schwangerschaft und die Geburt verliefen trotz allen Kummers ganz leicht, nicht wie bei den meisten Frauen. Sie gebar einen Sohn und nannte ihn Muhammad, wie die Stimme es ihr gesagt hatte. Sie murmelte das Bittgebet: „Ich gebe ihn in den Schutz des Einzigen [Gottes] vor dem Bösen jedes Neiders.“, damit Allah ihn schütze.
Nach seiner Geburt ließ Amina Muhammads Großvater Abdul-Muttalib kommen und ihm ausrichten: „Dir ist ein Junge geboren! Komm her und schau dir dein Enkelkind an!“
Abdul-Muttalib eilte zu Amina und betrachtete den Jungen. Amina erzählte ihm, was sie während der Schwangerschaft gesehen hatte. Abdul-Muttalib nahm das Kind in seine Arme, trug es zur Kaaba und betete zu Allah, um Ihm für dieses Geschenk zu danken.
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ach der Geburt Muhammads machten sich seine Mutter und sein Großvater Sorgen, er könnte an einer Krankheit sterben. Selbst für Erwachsene waren die Umstände in Mekka damals gefährlich. Immer häufiger gab es hier große Krankheiten, an denen viele Menschen zugrunde gingen. In einer großen Handelsstadt, in die Menschen aus allen Orten der Erde kamen, um Geschäfte zu machen oder zur Kaaba zu pilgern, war das kein Wunder. Die Reisenden blieben oft mehrere Monate und hinterließen nicht nur ihre Waren, sondern auch gefährliche Krankheiten. So starben viele Kinder kurz nach der Geburt. Daher schickten die reichen Leute Mekkas ihre Kinder zu den Ammen (Stillmütter), die außerhalb der Stadt lebten.
Aus Liebe zu ihrem Kind willigte Amina ein, dass Muhammad einen Teil seiner Kindheit bei den Beduinen außerhalb der Stadt verbringen sollte – nicht nur, um ihn vor den gefährlichen Krankheiten zu schützen, sondern auch, um ihn in der klaren Luft der Wüste zu stärken.
Amina und Abdul-Muttalib hatten noch einen Grund gehabt, das Kind zu den Ammen zu schicken. Auch sollte er die kostbare arabische Sprache klar sprechen lernen und einen scharfen Verstand bekommen.
Schon bald war es soweit: Die Ammen kamen, um Pflegekinder aus wohlhabenden Familien mitzunehmen. Eine von ihnen war Halima, die mit anderen Frauen ihres Stammes zusammen mit ihrem Mann Harith und dem neugeborenen Sohn, den sie stillte, ihre Heimat verlassen hatte, um sich Babys zu suchen.
Sie erzählte: „Es war ein Jahr der Trockenheit und wir hatten fast nichts mehr zu essen gehabt, als wir auf einer grauen Eselin und einer alten Kamelstute unterwegs waren. Bei Allah, das Euter der Kamelstute war so leer, dass sie uns keinen Tropfen Milch gab. Vor Hunger weinte unser Kind so sehr, dass wir die ganze Nacht nicht schlafen konnten.[11] Was in meiner Brust war, reichte ihm nicht. Wir hatten aber gehofft, dass es regnen und unsere Reise sich etwas erleichtern würde. Meine Eselin, auf der ich ritt, war so schwach und lief kaum. Wir kamen endlich in Mekka an und begannen nach Babys zu suchen.“
Amina bot ihren Sohn Muhammad einer Amme nach der anderen an. Wir alle lehnten es ab, weil er ein Waisenkind war. Was hätten seine Mutter und sein Großvater uns geben können? Amina und der Großvater des kleinen Muhammad waren sehr traurig, dass niemand den Jungen nehmen wollte. Sollte das Kind in Mekka krank werden und vielleicht früh sterben?
Halima erzählte weiter: „Außer mir hatten alle Frauen, die mit mir gekommen waren, ein Baby.
Als wir uns versammelten, um heimzukehren, sagte ich zu meinem Mann: ‚Bei Allah! Ich kann doch nicht ohne ein Baby zurückkehren! Ich nehme lieber dieses Waisenkind!’ ‚Ich habe nichts dagegen, mach das, vielleicht wird Allah uns durch ihn segnen’, antwortete er. Ich nahm ihn nur, weil ich kein anderes Kind fand. Dann kehrte ich mit ihm zu unserem Lagerplatz zurück. Dort legte ich ihn an meine Brust, die plötzlich so viel Milch gab, bis er satt war. Danach trank mein eigener Sohn, bis auch er gestillt war. Dann schliefen beide ein. Vorher hatte unser Kind nicht schlafen können. Dann ging mein Mann zu der Kamelstute. Auch ihr Euter war voll Milch. Als er sie gemolken hatte, trank er und auch ich trank so viel, bis wir satt und zufrieden waren. Wir haben gut geschlafen und es war eine wunderschöne Nacht für mich und meinen Mann.
Am nächsten Morgen sagte mein Mann: ‚Bei Allah, Halima, du hast ein gesegnetes Geschöpf zu dir genommen!’, ‚Bei Allah, so scheint es’, antwortete ich.
Auf meiner Eselstute trug ich Muhammad, während diese auf einmal so schnell lief, dass kein anderer Esel ihr folgen konnte, und alle riefen: ‚O Tochter des Abu Du’aib, hab Erbarmen mit uns. Ist das nicht die gleiche Eselin?’, ‚Bei Allah, es ist die gleiche!’, rief ich.
Schließlich kamen wir in unserer Heimat an. Mir ist kein Land auf Allahs Erde bekannt, das trockener ist als unseres. Doch ab diesem Zeitpunkt kamen meine Schafe am Abend immer mit prallen Eutern voll Milch zurück, während andere keinen Tropfen Milch aus den Eutern ihrer Tiere holten![12]
Wir erlebten Allahs Güte, bis Muhammad sein zweites Lebensjahr erreichte und ich ihn abstillte. Er gedieh wie kein anderer gleichaltriger Junge. Wir brachten ihn zu seiner Mutter zurück, obwohl wir ihn am liebsten nach all dem Segen, den wir durch ihn erfahren hatten, gerne behalten hätten. Also bat ich sie: ‚Wenn du deinen Jungen doch noch eine Weile bei mir lassen würdest, bis er größer ist, weil ich Angst um ihn habe wegen der Pest in Mekka!’ Wir haben immer wieder geredet, bis sie ihn mir aus Furcht, ihn in Mekka durch eine Krankheit zu verlieren, wieder gab.
Wir kehrten mit ihm zurück.“[13]
Halima berichtet weiter:
„Einen Monat später, als Muhammad mit seinem Milchbruder draußen spielte, rief unser Sohn: ‚Hilfe! Hilfe! Zwei Männer mit weißen Kleidern haben meinen quraischitischen Bruder zu Boden gelegt und seinen Bauch geöffnet, und sie schütteln ihn gerade!’ Wir eilten hinter die Zelte, sahen ihn dort mit blassem Gesicht stehen und fragten: ‚Was hast du, mein Kind?’ ‚Zwei Männer, weiß gekleidet, kamen zu mir, legten mich nieder, öffneten meine Brust und suchten etwas darin, ich weiß aber nicht was sie suchten!’ Ganz gleich, wie oft wir die Kinder befragten, sie erzählten immer wieder dieselbe Geschichte.
Wir brachten Muhammad zum Zelt zurück.“
Das seltsame Erlebnis verunsicherte die Familie der Amme. Was war mit dem Kind? War es krank oder gar von einem bösen Geist besessen? „Halima, gib ihn seiner Familie zurück!“, riet ihr Harith.
Halima und Harith brachten den kleinen Muhammad also wieder nach Mekka zu seiner Mutter.
Überrascht fragte sie: „Warum kommst du wieder, o Halima? Du wolltest doch unbedingt, dass das Kind noch bei dir bleibt!“
„Ja, aber Allah hat das Kind wachsen lassen und ich habe meine Aufgabe getan. Ich mache mir Sorgen um ihn und bringe ihn dir, wie du es auch wolltest, zurück!“
„Das ist nicht dein Ernst. Sag mir die Wahrheit!“ Amina bedrängte die Amme so lange, bis diese ihr alles erzählte.
„Hast du Angst bekommen? Fürchtest du den Teufel?“
„Ja“, gab Halima zu.
Amina beruhigte sie: „Nein, bei Allah, der Teufel kann ihm nichts anhaben! Große Dinge warten auf meinen kleinen Sohn. Soll ich dir etwas erzählen?“
Halima nickte.
Amina berichtete von dem Licht, das sie in der Schwangerschaft gesehen hatte und das es die Schlösser von Busra in Syrien erleuchte ließ. Und sie sprach von der leichten Schwangerschaft und Geburt.
Amina verabschiedete sich von Halima, indem sie sprach: „So lasse ihn hier und komm gut nach Hause!“
Mutter und Sohn verbrachten drei glückliche Jahre in Mekka und freuten sich, endlich wieder zusammen zu sein. Aber für wie lange?
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mina beschloss eines Tages, mit Muhammad das Grab seines Vaters in Medina und die dort lebenden Verwandten zu besuchen.
Sie nahm auch Baraka mit und schlossen sich der Karawane nach Medina an.
Baraka, die den Knaben innig liebte, ritt mit ihm auf einem Kamel und Amina auf einem anderen. So legten sie fast fünfhundert Kilometer zurück. Das war sehr hart.
Als sie ankamen, zeigte Amina dem Jungen, wo sein Vater gestorben und begraben war. Es war ein trauriges Gefühl für den Jungen. Viel erzählte die Mutter ihm von dem geliebten Vater, der sie nach den wenigen Tagen, die er mit ihr gemeinsam gelebt hatte, verlassen hatte und gestorben war.
Nachdem sie sich einen Monat in Medina aufgehalten hatten, entschloss sich Amina zur Rückkehr. Unterwegs wurde sie krank.
Vor einigen Tagen noch hatte Muhammad vor dem Grab seines Vaters gestanden – und jetzt war seine geliebte Mutter krank. Er hatte Angst, jetzt auch sie zu verlieren.
Die Krankheit verschlimmerte sich, und bis nach Mekka war es noch ein weiter Weg.
Zwischen den beiden Städten Medina und Mekka starb auch Amina. Während ihrer letzten Atemzüge war der kleine Muhammad an ihrer Seite und weinte. Sie wurde in einem Ort namens Abwa begraben.[14]
Baraka kehrte mit dem weinenden und einsamen Kind zurück. Sie tat ihr Bestes, um Muhammad zu trösten.
Muhammad spürte nun doppelt, dass er auf Erden verwaist war, und ihn schmerzte sehr, seine Eltern für immer verloren zu haben. Nur einige Tage zuvor hatte er die Trauer seiner Mutter über den Verlust ihres Mannes, seines Vaters, erlebt. Jetzt musste er auch noch den Tod seiner Mutter verkraften.
Muhammad wurde in die Obhut seines Großvaters Abdul-Muttalib gegeben. Dieser liebte ihn und streichelte seinen Rücken und freute sich über alles, was er tat.[15]
Als Muhammad acht Jahre alt wurde, war auch für Abdul-Muttalib die Zeit gekommen – er lag im Sterben.
Weinend sagte Abdul-Muttalib zu seinem Sohn Abu Talib: „Ich weine, weil ich Muhammad nicht länger sehen werde und habe Angst, meinem Enkel könnte etwas passieren!“ Er vertraute ihn seinem Sohn Abu Talib an.
Abu Talib wurde auch Nachfolger seines Vaters als Oberhaupt des Stammes Banu Haschim.[16]
Als Abdul-Muttalib gestorben war, sah Baraka, wie Muhammad in der Nähe des Bettes seines Großvaters saß und bitterlich weinte.[17]
Abu Talib, der Onkel Muhammads, nahm ihn auf, sorgte für ihn und liebte ihn innig. Auch seine Frau Fatima wurde ihm neben ihren vielen eigenen Kindern eine liebevolle Mutter. Abu Talib war sehr arm, aber trotzdem sehr großzügig.
Muhammad war immer sehr hilfsbereit und fleißig und versuchte sich selbst zu versorgen, um seinem Onkel die Ernährung der Familie zu erleichtern. So begann er, in Mekka für einen geringen Lohn Schafe und Ziegen zu hüten.
Als Muhammad zwölf Jahre alt wurde und Abu Talib mit einer Handelskarawane nach Syrien reisen wollte, um Handel zu treiben, bat Muhammad ihn, mitkommen zu dürfen.
Abu Talib überlegte, dann sagte er. „Bei Allah, ich nehme dich mit und wir trennen uns nie!“[18]
Bald machten sie sich auf den Weg. Im syrischen Busra machten die Reisenden aus Mekka wie immer in der Nähe einer alten Kirche Rast.
Busra war eine arabische Stadt, die von den Byzantinern besetzt war. In der Kirche lebten seit vielen Generationen christliche Mönche, die wertvolle alte Schriften aufbewahrten und einander weitergaben. Darunter gab es auch ein Buch, in dem etwas über das Erscheinen eines Propheten unter den Arabern geschrieben stand. Zu dieser Zeit lebte dort ein Mönch namens Bahira, der das alte Buch auswendig kannte und geduldig auf das Kommen des neuen Propheten wartete. Sein einziger Wunsch war es, das wunderbare Erscheinen des neuen Propheten zu erleben, bevor er starb. Aber wann genau dies passieren sollte, wusste niemand.
Die mekkanischen Reisenden waren schon oft bei Bahira vorbeigekommen und kaum von ihm beachtet worden. Doch diesmal sah er eine Wolke am Himmel, welche die Reisenden begleitete wie ein kühler Schatten. Schließlich breitete sie ihren Schatten über einen Baum, und der Baum ließ seine Zweige tiefer und tiefer hängen, damit jene, die darunter saßen, zweifachen Schatten bekämen. Als Bahira dies sah, kam er aus seiner Kirche hervor und rief: „Ich habe Essen für euch vorbereitet! Ich möchte euch alle einladen!“[19]
Sie hatten mehrere Tage in der Wüste verbracht und waren müde, durstig und hungrig. Sie wunderten sich.
„Heute muss es einen besonderen Grund geben, Bahira! Noch nie hast du uns eingeladen, obwohl wir schon öfter bei dir vorbei kamen. Was ist der Grund dafür?“
„Ihr habt Recht, so ist es! Ihr seid meine Gäste, und ich möchte euch Essen vorbereiten, das ihr alle essen sollt. Ihr seid ja sehr müde!“
Bahira interessierte in Wahrheit nur das eine: der erwartete Prophet! Konnte er unter den Leuten aus Mekka sein – dort, wo die heilige Kaaba sich befand?
Alle kamen zu ihm in die Kirche. Nur Muhammad blieb unter dem Baum.
Bahira sah sich neugierig unter seinen Gästen um und fand keine der Beschreibungen, die er aus dem heiligen Buch kannte. Konnte es sein, dass nicht alle gekommen waren? Er rief wieder: „Niemand soll zurückbleiben, alle sollen kommen!“
„Nur der Jüngste von uns ist bei unserem Gepäck geblieben!“
„O nein! Ruft ihn, damit er auch mit euch essen kann!“
Ein Mann von den Quraisch holte Muhammad und ließ ihn zwischen den Männern sitzen. Bahira begann neugierig nach den Zeichen zu sehen. Er beobachtete Muhammad genau und wollte wissen, ob er irgendwelche der Zeichen bei ihm finden könnte, die der neue Prophet tragen sollte.
Nachdem seine Gäste gegessen und sich verstreut hatten, ging Bahira zu Muhammad und bat ihn: „O Junge, ich bitte dich, beantworte meine Fragen!“
Muhammad erwiderte: „Frage mich, was du fragen möchtest!“ Er fragte nach seinen Träumen, nach seinem Körper und nach vielen Sachen.
Muhammads Antworten stimmten mit den Zeichen Bahiras überein, die er kannte. Bahira sah sich nun den Rücken Muhammads an, auf dem er das ovale Muttermal entdeckte, das den Propheten kennzeichnen sollte. Nun wusste er, dass es sich bei dem Jungen um einen Gesandten Allahs handelte – einen Propheten, der es wie Noah, Abraham, Moses und Jesus, sehr schwer haben würde. Als er Muhammad zu seinem Onkel Abu Talib zurückbrachte, fragte er ihn: „Welcher Verwandtschaftsgrad besteht zwischen dir und diesem Jungen?“
„Er ist mein Sohn.“
„Er kann nicht dein Sohn sein! Der Vater dieses Jungen soll nicht mehr am Leben sein!“
„Er ist der Sohn meines Bruders“, sagte jetzt Abu Talib die Wahrheit.
„Was ist seinem Vater passiert?“
„Er ist gestorben, während die Mutter des Jungen mit ihm schwanger war.“
„Jetzt hast du die Wahrheit gesagt! Bring deinen Neffen in seine Heimat zurück und beschütze ihn vor den Juden! Denn bei Allah, wenn sie wissen, was ich über ihn weiß, werden sie ihm Böses antun! Große Dinge erwarten deinen Neffen! Beeile dich und bring ihn nach Hause!“[20]
Kaum hatte Abu Talib seine Geschäfte in Ash-Sham erledigt, eilte er mit Muhammad nach Mekka zurück.
Die Jahre vergingen und Muhammad wuchs zu einem Mann heran.
Weil die Mekkaner Muhammad stets als ehrlichen und freundlichen Menschen erlebten, nannten sie ihn „Al-Amin“, den Vertrauenswürdigen. Händler der Stadt beauftragten ihn, ihre Ware mit Handelskarawanen ins Ausland zu bringen. Durch diese Reisen konnte Muhammad etwas Geld verdienen und seinem Onkel helfen.
Auch Chadidscha, eine reiche und kluge Kaufmannswitwe, lebte in Mekka. Sie war schon zweimal verheiratet gewesen und hatte beide Männer verloren. Als sie von Muhammads Ehrlichkeit und seinem edlen Charakter hörte, schickte sie eines Tages nach ihm und machte ihm das Angebot, ihre Handelskarawane nach Ash-Sham zu bringen. Muhammad war zu dieser Zeit fünfundzwanzig Jahre alt. Sie bot Muhammad einen höheren Lohn als jedem anderen, und sie war sogar bereit, ihm einen ihrer Sklaven, einen Mann namens Maisara, zur Verfügung zu stellen.
Muhammad nahm ihr Angebot an und schloss sich mit Maisara der Handelskarawane an.
Als sie in Busra im Süden Syriens ankamen, ließ Muhammad sich im Schatten eines Baumes in der Nähe einer Kirche nieder, die einem Mönch namens Nestor gehörte.
Der Mönch fragte Maisara: „Wer ist dieser Mann unter dem Baum?“
„Er gehört zum Stamm Quraisch, zu den Leuten der Kaaba“, antwortete Maisara.
„Unter diesem Baum haben bisher nur Propheten gesessen!“ sagte der Mönch.[21]
Auf dem Markt verkaufte Muhammad die Waren und kaufte für Mekkaner andere Sachen, die sie gerne haben wollten.
Maisara merkte, dass er einen Menschen begleitete, der anders war als alle anderen. Es gab aber etwas, das ihn noch mehr verwunderte: Während der Reise sah Maisara, dass wenn die Sonne stark schien, zwei Engel Muhammad Schatten gaben. Bei ihrer Rückkehr nach Mekka berichtete Maisara Chadidscha von den Worten des Mönches und von den zwei Engeln. Er erzählte aber auch, wie freundlich und lieb er war: „Du hast mich mit ihm geschickt, damit ich ihm diene. Dabei hat er mir gedient. Wenn ich krank war, pflegte er mich, wenn ich traurig war, machte er mich glücklich!“, sagte Maisara.
Chadidscha ging zu ihrem Cousin Waraqa und erzählte ihm, was sie über Muhammad gehört hatte.
Waraqa Bin Naufal war in seiner Jugend Christ geworden, er konnte Hebräisch lesen und schreiben und hatte Wissen über die heiligen Schriften der Juden und Christen. Im Alter war er erblindet, wurde aber in Mekka wegen seiner Intelligenz sehr geschätzt.
„Chadidscha! Wenn das stimmt, dann ist Muhammad der Prophet Allahs! Denn ich weiß seit langer Zeit, dass ein Prophet erwartet wird. Seine Zeit ist schon gekommen!“, sagte er.
Chadidscha schickte Maisara zu Muhammad, um ihn zu holen.
Als Muhammad bei ihr ankam, brachte sie gleich ihre Gefühle ihm gegenüber zum Ausdruck, besonders ihre Wertschätzung seiner Gerechtigkeit. Sie sagte ihm auch: „Ich schätze dich wegen deiner Beliebtheit in deiner Familie, wegen der Schönheit deines Charakters und wegen deiner Ehrlichkeit.“ Nach diesen Worten sagte Chadidscha, dass sie Muhammad gerne heiraten wolle.[22] Muhammad war einverstanden.
Muhammad sprach mit seinen Onkeln darüber. Sie schickten seinen Onkel Hamza zu Chadidschas Familie um - wie es üblich war - für Muhammad um ihre Hand anzuhalten.
Die Verwandten der Brautleute freuten sich über die Heirat, und Muhammad gab Chadidscha zwanzig Kamele als Brautgeschenk. Chadidscha war zu diesem Zeitpunkt vierzig Jahre alt, Muhammad fünfundzwanzig.
Bald verließ Muhammad das Haus seines Onkels. Er lebte nun bei seiner Frau und führte eine glückliche Ehe. Sie gründeten eine große Familie, die nicht nur aus ihren eigenen Kindern bestand. Ihr erstes Kind war Qasim, der aber in seinem zweiten Lebensjahr starb.[23] Nach ihm gebar Chadidscha vier Töchter, die sie Zaynab, Ruqayya, Umm Kulthum und Fatima nannten. Das letzte Kind, ein Junge, den Muhammad Abdullah[24] nannte, starb ebenfalls früh.
Muhammad war sehr dankbar für seine Töchter, die er sehr liebte. Baraka, die Dienerin seiner Mutter, die ihre Freiheit von der Sklaverei Muhammad zu verdanken hatte, lebte auch bei ihnen, nachdem sie ihren Mann verloren hatte. Zaid, ein Sklavenjunge, den Muhammad freigelassen und auf eigenen Wunsch als Sohn angenommen hatte, gehörte ebenfalls zur Familie.
Da Muhammads Onkel Abu Talib seine Kinder kaum ernähren konnte, weil er zu arm wurde, schlug Muhammad seinem Onkel Abbas vor, dass jeder von ihnen einen seiner Söhne aufnehmen sollte. Abu Talibs Sohn Dschaafar wurde von Abbas aufgenommen, sein Sohn Ali von Muhammad. So gehörte nun auch Ali zum Hause des Propheten.
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ie Kaaba war beschädigt und dazu noch erschien auf den Mauern der Ruine der Kaaba jeden Tag eine riesige Schlange. Jeden, der sich ihr näherte, griff sie an und versetzte alle in Angst und Schrecken. Daher konnte die Kaaba nicht wieder aufgebaut werden. War das furchterregende Tier ein übles Vorzeichen? Ein paar Menschen beobachteten, dass die Schlange eines Tages in der Sonne lag und Allah einen Adler schickte. Er flog tiefer und tiefer, bis er sie schnappte und sogleich mit ihr verschwand.[25]
Die Leute von Stamm Quraisch gingen davon aus, dass Allah mit ihrer Absicht, die Kaaba wieder aufzubauen, einverstanden war. Doch wer würde sich trauen, Allahs Haus zu berühren? Zwar waren die Mekkaner wieder Götzendiener geworden, aber an Allah und die Botschaft Seiner Propheten Abraham und Ismael glaubten sie immer noch. Dass die Kaaba immer der Mittelpunkt der göttlichen Botschaft und ein Symbol der Einzigkeit Allahs war, wussten sie noch. Aber in jener Zeit waren Unwissenheit, Götzendienst und Gewalt so verbreitet, dass sie manchmal nicht mehr unterscheiden konnten, was zur Religion Abrahams gehörte und was zum Aberglauben.
Würde Allah einen weiteren Gesandten schicken, um die Menschen wieder auf Seinen Weg zu bringen? Reichten die Propheten Adam, Noah, Abraham, Ismael, Moses, Zacharias, Johannes, Jesus und alle anderen, die gesandt worden waren, nicht aus?
Die christlichen und jüdischen Gelehrten erwarteten den Propheten, der barmherzig zu aller Welt sein sollte und nicht nur zu einem bestimmten Volk geschickt wurde.
Die Geduld der Gelehrten, aber auch die der einfachen Menschen, war fast erschöpft. Wann nur war es endlich soweit? Wie lange sollten die Menschen noch ihre Töchter lebendig begraben? Wie lange noch sollten Sklaven und Frauen auf der ganzen Welt, ob im Westen oder Osten, schlecht behandelt werden? Wie lange noch sollten die Menschen Steine anbeten und sich in ihrem Aberglauben damit rechtfertigen, dass diese ihnen den Befehl gäben, einander zu schlagen und zu ermorden?
Walid Bin Mughira, Sippenoberhaupt der Banu Machzum, trat vor die Menschen und erklärte mutig: „Ich beginne mit dem Abbruch der Kaaba!“
Während Walid sich mit einer Spitzhacke in der Hand dem Haus Allahs näherte, betete er: „O Allah, wir wollen nur Gutes!“ Dann begann er, an den Steinen der Kaaba zu arbeiten.
Als die anderen Männer am nächsten Tag sahen, dass Walid in der Nacht kein Unglück geschehen war, fingen sie an ihm zu helfen, die alten Mauern bis zu den Fundamenten Abrahams niederzureißen.
Als ein Arbeiter eine Stange zwischen zwei grüne Steine des Fundaments steckte, um sie auseinander zu brechen, bebte ganz Mekka.[26] Die Arbeiter hörten mit dem Abriss auf. Das Fundament sollte unberührt bleiben. Sie hatten die Botschaft Allahs verstanden.
Nun begann der Wiederaufbau. Alle Sippen von Mekka nahmen daran teil, und die Arbeit ging schnell voran.
Bald erreichten die Mauern die Stelle, wo der schwarze Stein[27] an der richtigen Stelle angebracht werden sollte.
Plötzlich fingen die Männer an zu streiten, wer die Ehre haben sollte, den schwarzen Stein an seinen Platz zu setzen.
Fünf Tage lang stritten sich die Männer. Jeder Stamm wollte den Ruhm für sich allein. Ausgerechnet vor dem Haus Allahs, das Abraham gebaut hatte, damit die Gläubigen sich dort vor Allah in Frieden und Sicherheit niederwerfen, gab es jetzt Streit! Vor dem heiligen Haus des Friedens sollte es nun Krieg geben!
Abu Umayya, ein kluger alter Mann, rief: „Ihr Männer der Quraisch, ich habe einen Vorschlag!“, alle riefen: „und was für einen Vorschlag hast du?“
„Der Erste, der durch das Tor der Moschee hineintritt, soll entscheiden, wer den schwarzen Stein an seinem Platz einfügen soll!“ Er meinte das Tor, das zum Platz vor der Kaaba führte.
Der Vorschlag beruhigte die Streitenden. Alle waren einverstanden und warteten und warteten. Lange Zeit kam niemand. Fast wollten die Männer erneut streiten.
Endlich näherte sich eine Gestalt dem Tor.
„Es ist Al-Amin, der Vertrauenswürdige, Muhammad! Mit seinem Urteil sind wir einverstanden!“ riefen alle.
Muhammad hörte sich an, worüber die Männer stritten. Dann breitete er ein Tuch auf dem Boden aus und legte den schwarzen Stein genau in die Mitte. Dann sagte er: „Von jeder Sippe nimmt ein Mann eine Ecke des Tuches, dann heben alle gleichzeitig den Stein hoch!“
Der Stein wurde zu seinem Platz gebracht. Dann nahm Muhammad den Stein und schob ihn an seine Stelle.[28]
Nun waren sie alle daran beteiligt gewesen, und so konnte Muhammad einen Kampf vermeiden. Alle freuten sich sehr.
Muhammad war zu dieser Zeit fünfunddreißig Jahre alt. Er wurde von allen gelobt. Die Quraisch setzten große Hoffnungen in Muhammad, denn sie wussten, dass er nicht wie jeder andere war.
Hala hatte ihre Schwester Chadidscha und deren Familie sehr gern. Ihr Sohn Abul As, ein edler Mann unter den Quraisch, bat Muhammad um die Hand seiner ältesten Tochter Zaynab. Muhammad sagte seiner Tochter, dass ihr Cousin sie heiraten wolle und wollte wissen, ob sie damit einverstanden wäre. Durch ein Lächeln brachte Zaynab ihre Zusage zum Ausdruck. Chadidscha liebte ihren Neffen, daher freute sie sich über die Heirat.
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uhammad war nun vierzig Jahre alt und er hatte Dinge gesehen, die kein anderer Mensch sehen konnte. Ereignisse, die er im Traum sah, geschahen tatsächlich. Er wollte lieber alleine bleiben, daher verbrachte er viele Nächte in einer einsamen Höhle auf dem Berg Hira.
Chadidscha und ihre Töchter machten sich große Sorgen, als Muhammad wieder einmal lange dort blieb. Sie schickten schließlich Boten auf den Berg, um ihn zu suchen. Doch vergeblich.
Während Chadidscha noch überlegte, wo er sein könnte, stand Muhammad plötzlich vor ihr, aber ganz verändert. Was war mit ihm geschehen?
„Bedecke mich! Bedecke mich!“, bat er seine Frau, die ihn sogleich mit einem Gewand zudeckte. „Ich fürchte um mein Leben!“ fügte er ängstlich hinzu.
Chadidscha beruhigte ihn. „Niemals wirst du etwas Schlechtes erleben. Allah wird dich nie im Stich lassen, denn du bist ein Mensch, der den Schwachen hilft, den Mittellosen gibt, den Gast freundlich aufnimmt, nur die Wahrheit spricht und dem Notleidenden unter die Arme greift!“[29]
Muhammad erzählte seiner Frau, was in jener Nacht in der einsamen Höhle geschehen war: Ihm war ein Engel erschienen! „Der Engel erschien und befahl mir: ‚Lies!’ Ich sagte: ‚Ich kann nicht lesen!’ Aber der Engel packte und drückte mich, sodass ich dachte, ich müsste sterben. Er ließ von mir ab und befahl noch einmal: ‚Lies!’ Ich antwortete erneut: ‚Ich kann nicht lesen.’ Der Engel packte mich wieder, bis ich es nicht mehr ertragen konnte. Erst dann ließ er mich los und befahl mir wieder: ‚Lies!’ Da rief ich: ‚Was soll ich denn lesen?’ Da begann der Engel mir vorzusprechen:
Lies, im Namen deines Herrn, der erschuf.
Er erschuf den Menschen aus einem Blutklumpen.
Lies; denn dein Herr ist Allgütig,
der mit der Schreibfeder lehrt,
lehrt den Menschen, was er nicht wusste.[30]
„Es war, als ob die Worte in mein Herz geschrieben wurden“, erzählte Muhammad.[31] Als er aufgeregt die Höhle verließ, erschien der Engel erneut und rief: „Muhammad, du bist der Gesandte Allahs, und ich bin der Engel Gabriel!“
Muhammad sah den mächtigen Engel mit ausgebreiteten Flügeln am Horizont stehen; die gewaltige Gestalt füllte den ganzen Himmel aus. „In welche Richtung ich mich auch drehte, überall sah ich ihn! Im Norden, Süden, Osten und Westen!“
Chadidscha, die nicht an seinen Worten zweifelte, rannte eilig zu ihrem Cousin Waraqa und erzählte ihm, was Muhammad erlebt hatte.
„Heilig! Heilig!“, rief Waraqa. „Das war genau der Engel, der auch Moses erschien! Ganz bestimmt, Muhammad ist der Prophet! Sage ihm, er möge geduldig sein!“
Chadidscha erzählte Muhammad, was Waraqa gesagt hatte. Schließlich wollte Waraqa aber aus Muhammads Mund hören, was geschehen war. Muhammad berichtete ihm von dem Zusammentreffen mit dem Engel Gabriel. Der blinde Waraqa wiederholte seine Bestätigung und schwor: „Beim Allah, du bist der Prophet Allahs! Die Botschaft ist zu dir gekommen, wie sie zu Moses kam. Wenn ich noch ein junger Mann wäre, würde ich dir helfen, wenn dein Volk dich vertreibt!“
„Werden sie mich wirklich vertreiben?“, fragte Muhammad überrascht. Er konnte sich nicht vorstellen, wie ein so beliebter und harmloser Mensch wie er von seinem Volk vertrieben werden sollte.
„Ja, niemand ist bisher mit dieser Botschaft gekommen, ohne verfolgt zu werden!“, antwortete Waraqa. Er ermutigte ihn dennoch, sich zu freuen und geduldig zu bleiben.[32]
Chadidscha bekannte sich als erste zum Islam. Sie war überzeugt davon, dass die Botschaften, die Muhammad erhielt, tatsächlich von Allah kamen. Von nun an besuchte Gabriel ihn häufig.
Der Prophet Muhammad, wie er nun von den Muslimen genannt wurde, begann, den Leuten aus seiner Sippe, zu denen er Vertrauen hatte, im Geheimen von seiner Botschaft zu berichten.
Als das Gebet zur Pflicht wurde, erschien Gabriel auf der höchsten Stelle Mekkas und schlug mit einem Fuß ein Loch in die Erde, aus dem Wasser sprudelte. Der Engel verrichtete die rituelle Waschung, während Muhammad ihn dabei beobachtete und anschließend das Gleiche tat. Dann stellte der Engel sich zum Gebet auf, und Muhammad stellte sich neben ihn und betete mit ihm.[33]
Der Prophet ging zu Chadidscha, wusch sich und betete mit ihr, wie Gabriel mit ihm gebetet hatte, damit auch sie es lernte.[34]
Er begann, den Menschen die klare Botschaft des Einzigen Gottes zu predigen und ermutigte sie, nur noch Allah zu dienen und keine Menschen oder Steine anzubeten.
Ihm war bewusst, dass diese Botschaft Gefahren mit sich brachte, denn die Gleichheit und Gerechtigkeit, die Allah für die Menschen will, bedeutete für viele reiche Männer in Mekka und in der übrigen Welt das Ende ihrer Gewalt gegenüber den Schwachen – vor allem gegenüber den armen Frauen.
Diejenigen, die hunderte Sklaven besaßen und sie wie Tiere behandelten, sollten sie laut der neuen Religion nämlich freilassen. Die Frau sollte ein Erbrecht erhalten und eigenen Besitz haben dürfen. Muhammad ermutigte die Menschen, Sklaven freizulassen und Frauen gütig zu behandeln. Männer durften nicht mehr eine unbegrenzte Anzahl von Frauen haben. Er bestand darauf, den Frauen Rechte, ein Brautgeld, Erbe und Eigentum zu geben. Er erklärte den Mann zum Besten, der am freundlichsten und nettesten zu seiner Frau und seinen Kindern ist.[35]
Die Mekkaner machten sich lustig über Muhammad, wenn er sich für die Rechte der Schwachen einsetzte und Tränen über Mädchen vergoss, die lebendig begraben wurden. Frauen wurden damals verachtet – nicht nur im vorislamischen Arabien, auch von den Römern und Persern. Der Koran verkündete offen, dass die Männer sich dafür einst verantworten werden müssen. „...und wenn das lebendig begrabene Mädchen gefragt wird: ‚Für welch ein Verbrechen wurdest du getötet?’“[36]
Eines Tages erzählte einer seiner Gefährten dem Propheten, was er bevor er Muslim wurde, getan hatte:
„O Gesandter Allahs, in der vorislamischen Unwissenheit haben wir unsere Kinder getötet! Ich hatte eine Tochter, die ich eines Tages zu einem Brunnen brachte, in den ich sie hinabstieß. Während sie fiel, schrie sie: ‚Papa! Papa!’“
Als der Prophet dies hörte, weinte und schluchzte er so sehr, als habe er eines seiner eigenen Kinder verloren. Er weinte so lange, bis sein Bart nass wurde, und doch konnte er den Mann für seine Tat nicht bestrafen. Er hatte ja bereut und dies nur erzählt, um zum Ausdruck zu bringen, wie schrecklich sich die Menschen vor dem Islam verhalten hatten und wie wichtig der Islam für die Menschen ist.[37]
Viele Menschen verstanden, dass der Prophet, der so schöne Dinge sagte und tat, nur das Beste für sie wollte, sie vom Aberglauben befreien und ihnen zeigen wollte, dass Götzen nur Steine waren, die den Menschen weder nützten noch schadeten. Die Quraisch aber betrachteten die neue Religion, die durch Muhammad verkündet wurde, als Beleidigung ihrer Götter. Durch diese Götzen, die um die Kaaba standen, waren viele der Quraisch aber reich geworden. Der Handel, der während der Pilgerzeit getrieben wurde, war die Quelle ihres Reichtums.
Nach Chadidscha waren Ali, Zaid und Abu Bakr die Ersten, die sich dem Islam anschlossen. Abu Bakr war bekannt für seine Klugheit und brauchte nicht lange zu überlegen, um den Islam anzunehmen. Er kannte Muhammad besser als jeder andere und wusste, wie ehrlich und aufrecht sein Freund war. Er begann, die klugen Leute aufzufordern dem Propheten zu folgen. Durch ihn wurden Abu Ubayda Bin Al-Dscharah, Abdurrahman Bin Auf und später noch viele andere Muslime.
Noch wurde der Islam im Geheimen verbreitet. Der Prophet hatte bis dahin nichts über die Götzen gesagt, daher waren die Quraisch noch nicht ganz verärgert.
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n Mekka herrschte damals das Recht des Stärkeren: Wer reich und stark war, konnte sich alles erlauben. Frauen und Sklaven wurden schlecht behandelt.
Die Botschaft des Islam war vom Propheten drei Jahre im Geheimen verbreitet worden, doch nun wurde ihm von Allah der Befehl erteilt, den Islam öffentlich zu verbreiten.
Zuerst sprach der Prophet mit seinen Verwandten, den Banu Haschim. Es bekannten sich zwar nur wenige von ihnen zum Islam, aber Abu Talib sicherte ihm den Schutz der Banu Haschim zu und sagte ihm, dass er weitermachen könne. Nur ein dicker, böser Mann von den Banu Haschim war gegen ihn: Muhammads Onkel Abu Lahab.
Am folgenden Tag stieg der Prophet auf den Hügel Safa in der Nähe der Kaaba und rief alle Stämme der Quraisch: „O Banu Machzum, o Banu Zuhra, o Banu…“.
Als sie hörten, dass es Muhammad war, der rief, eilten sie zum Hügel Safa. Nachdem die Leute sich nun alle versammelt hatten, fragte der Prophet: “Würde ich euch sagen, dass sich hinter diesem Berg Reiter befinden, die euch angreifen wollen, würdet ihr mir glauben?“ Sie antworteten: „Ja, wir haben von dir noch nie eine Lüge gehört und kennen dich als jemanden, der immer die Wahrheit spricht“.
Da sagte der Prophet: “Ich bin für euch ein Warner vor einer schlimmen Strafe. Ich bin wie jemand, der einen Feind gesehen hat und nun seine Leute warnt“.
Er erzählte ihnen von seiner Botschaft und dem Auftrag, den Allah ihm gegeben hatte: „O Quraisch, glaubt an Allah, rettet euch vor dem Feuer der Hölle, denn ich kann euch nach dem Tode nicht mehr helfen!“[38] Damit wollte er ihnen erklären, dass vor Allah jeder Mensch für sich selbst verantwortlich ist. Vor Allah gibt es keinen Schutz durch Beziehungen oder durch Geld. Alle Menschen sind gleich.
Die Leute der Quraisch hatten zwar zugehört, sagten aber nicht dazu. Sie waren dabei zu gehen, als Abu Lahab rief: „Wehe dir, hast du uns dafür versammelt?“[39]
Dies sollte der Beginn einer tiefen Feindschaft Abu Lahabs gegenüber seinem Neffen und den Muslimen sein.
Auch bei vielen der Anführer der Quraisch wuchs eine Feindschaft zum Islam. Sie begannen Gewalt gegen die schwachen Muslime anzuwenden. So begannen die Mächtigen der Quraisch, ihre Sklaven und Diener zu foltern, die den Islam angenommen hatten, um sie dazu zu zwingen, zum Götzendienst zurückzukehren. Sie nahmen ihnen die Religionsfreiheit.
Muhammad warnte jeden, der gegen andere Gewalt anwandte, und sagte, dass jeder für seine Taten dereinst von Allah zur Rechenschaft gezogen werden würde. Er erklärte auch, er persönlich könne selbst für seinen Onkel Hamza, seine Tante Safiya oder für seine Tochter Fatima – sein eigen Fleisch und Blut – nichts tun.[40] Jeder sei also für sich selbst verantwortlich. Er sprach von den Wundern der Natur, die von der Einheit und Allmacht Allahs zeugen. Er berichtete auch von der Gnade, Güte und Weisheit Allahs. Er rezitierte die schönen und bewegenden Verse des Korans.
Die Freundlichkeit der Muslime war bald in aller Munde: Jeden Menschen, ob arm oder reich, grüßten sie mit dem Friedensgruß As-Salamu alaikum - Friede sei mit euch. Es waren die Worte, die der Engel Gabriel dem Propheten beigebracht hatte.
Ganz gleich, was der Islam den Menschen brachte und wie ehrlich der Prophet Muhammad war – sie wollten sich nicht ändern! Sein Onkel Abu Lahab erklärte ihn für verrückt.
Manche nannten ihn einen Dichter, der mit seinen schönen Worten die Herzen der Menschen nach der ersten Begegnung änderte – obwohl er vor der Entsendung gar kein Talent zur Dichtkunst gezeigt hatte und das Lesen und Schreiben nicht gelernt hatte. Die Quraisch fragten sich, wer ihm von heute auf morgen Gedichte und Weisheit beigebracht haben konnte.
Schließlich gingen sie zu Abu Talib, und boten sogar an, Muhammad zu ihrem König zu machen, ihm so viele Frauen zu geben, wie er nur wollte, oder so viel Geld, dass er der Reichste unter ihnen würde, wenn er nur mit dem Islam aufhörte. Er möge nur endlich aufhören, Rechte für die Frauen, die Kinder, die Armen und die Schwachen zu fordern! Das würde ihre Geschäfte ruinieren.
Muhammad machte deutlich, dass er nie aufhören würde, selbst wenn er dafür sterben müsste.
Abu Talib versprach ihm: „Verbreite, was du möchtest, Muhammad, bei Allah, für nichts werde ich dich im Stich lassen!“[41]
Nach den ersten acht Muslimen erreichte die Zahl der Frauen und Männer, die den Islam annahmen, schnell einhundertdreißig. Unter ihnen waren einige Verwandte des Propheten, seine beiden Cousins Dschaafar und Zubair sowie Zubairs Mutter Safiya. Ummul Fadl, die Frau des noch unsicheren Abbas, brachte ihre Schwestern Salma, Asma’ und Maymuna zum Propheten. Dschaafar heiratete Asma’, während Hamza ihre Schwester Salma heiratete.[42] Sie alle waren Quraischiten.
Chadidscha war weiterhin eine große Hilfe für den Propheten. Er liebte sie sehr und heiratete zu ihren Lebzeiten keine weitere Frau.
Um sich vor ihrem Stamm zu verstecken, gingen die Gefährten des Propheten zum Gebet in die Schluchten außerhalb Mekkas.
Als Saad Bin Abi Waqqas einmal mit einigen Gefährten dort beim Gebet war, kam eine Gruppe Mekkaner bei ihnen vorbei, stoppte sie, störte ihr Gebet, beschimpfte sie und wurde dann gewalttätig. Als sie sich nicht mehr anders wehren konnten, schlug Saad einen der Angreifer mit dem Kieferknochen eines Kamels und verletzte ihn am Kopf. Dies war das erste Blut, das zur Verteidigung der Muslime vergossen wurde.
Als Abu Talib seinen Sohn Ali mit dem Propheten beten sah, fragte er sie, was sie da täten. Die beiden erklärten ihm den Sinn und die Wichtigkeit des Gebetes. Er hörte es sich an und bat sie, geduldig zu bleiben.[43]
„Männer von Quraisch!“ sagte Abu Dschahl eines Tages zu den Anwesenden, „Ich verspreche euch, ich werde morgen mit einem großen Stein auf Muhammad warten, den ich kaum tragen kann. Wenn er sich während des Gebets niederbeugt, schlage ich ihn damit auf den Kopf!“
Am nächsten Morgen nahm Abu Dschahl einen Stein, setzte sich nieder und wartete auf den Propheten. Der Prophet kam und betete, während die Quraisch in ihrer Versammlung saßen und warteten, was Abu Dschahl tun würde. Als der Prophet sich im Gebet niederbeugte, nahm Abu Dschahl den Stein und ging auf den Propheten zu. Als er aber in seine Nähe kam, erschrak er und ließ den Stein fallen.
„Was ist mit dir, Abul Hakam?“, riefen sie ihn.
„Ich ging zu ihm, um mit ihm zu machen, was ich euch gestern versprach. Als ich mich näherte, griff mich ein riesiges Kamel an. Bei Allah, mit so einem Kopf und solchen Zähnen, so eins habe ich noch nie gesehen! Es versuchte mich zu fressen!“
Der Prophet erklärte später, dies sei Gabriel gewesen und wenn Abu Dschahl noch nähergekommen wäre, hätte er ihn getötet.“[44]
Nadr Bin Al-Harith sprach: „Ihr Männer von Quraisch! Bei Allah, ihr habt keine Lösung für euer Problem! Unter euch war Muhammad doch ein junger Mann, mit dem ihr am meisten zufrieden gewesen seid, der Ehrlichste und Zuverlässigste unter euch. Erst nachdem er mit seiner Botschaft kam, habt ihr ihn einen Zauberer genannt; ein Zauberer aber kann er nicht sein, denn wir haben die Zauberer, ihr Spucken und ihre Knoten gesehen. Ihr habt ihn einen Hellseher genannt, der er nicht sein kann. Ihr habt ihn einen Dichter genannt. Ein Dichter kann er auch nicht sein, denn wir kennen alle Dichtkünste. Schließlich habt ihr ihn als verrückt bezeichnet, was auch nicht sein kann. Männer von Quraisch, nehmt eure Sache ernst! Bei Allah, eine große Sache wird passieren!“
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a der Prophet Muhammad unter dem Schutz Abu Talibs als Oberhaupt der Banu Haschim stand, konnten die Quraisch den Propheten nicht so einfach ermorden. Es reichte ihnen zuerst, die Schwachen unter den Muslimen zu verfolgen, vor allem die armen Sklaven.
Um sie vom Islam abzubringen, sperrten sie sie ein, folterten sie, ließen sie hungern und dursten und setzten sie Mittagshitze aus. Einige wurden so schwer gefoltert, dass sie äußerlich den Islam aufgaben, während sie aber innerlich im Herzen Muslime blieben; andere jedoch hielten alles durch. Der Römer Sinan wurde unter der Folter so oft bewusstlos, dass er am Ende nicht mehr wusste, was er sprach. Chabbab, ein Schmied, wurde mit einer glühenden Eisenstange gefoltert, damit er Muhammad abschwöre. Er ertrug jedoch die Folter, und sein Glaube wurde umso stärker. Ein Mann namens Abu Fukayha wurde in Ketten gelegt, man riss ihm die Kleider vom Leib und legte einen riesigen Stein auf seinen Rücken, sodass er sich nicht mehr bewegen konnte. Einmal band man sogar einen Strick um ihn und zog ihn bis zur Ramda[45], wo man ihn für tot erklärte. Abu Bakr kam weinend zu ihm, rettete ihn und kaufte ihn von seinen Peinigern los; dann ließ er ihn frei.[46]
Zunayra, eine römische Sklavin, hatte durch furchtbare Folter ihr Augenlicht verloren. Man sagte ihr, die Götzen hätten sie blind gemacht. Sie erwiderte: „Bei Allah, das stimmt nicht, und Allah wird es wieder in Ordnung bringen!“ Am nächsten Tag konnte sie wieder sehen. Die Quraisch sagten, dies sei etwas vom Zauberwerk Muhammads, dass er wieder heilte.[47]
Umayya folterte Bilal, wenn die Mittagshitze nicht zu ertragen war. Im Tal von Mekka warf er ihn auf den Rücken, dann befahl er seinen Männern, Bilal einen großen Stein auf die Brust zu legen und sprach: „Du wirst solange so bleiben, bis du stirbst!“
„Ahadun Ahad, Einer! Einer!“, rief Bilal und bekannte sich so trotz seiner Schmerzen zu Allah, dem Einzigen und Einen Gott.
Waraqa Bin Naufal ging vorüber und sah, wie Bilal gequält wurde und schwor: „Bei Allah, so ist es Bilal, Allah ist nur Einer, Einer!“
Dann rief er Umayya und die anderen vom Stamm Dschuma[48], die Bilal folterten: „Ich schwöre bei Allah, wenn ihr ihn dafür tötet, dass er standhaft blieb, werde ich sein Grab zu einer Pilgerstätte machen!“
Abu Bakr wohnte in dem Viertel und kam eines Tages vorbei, als die Banu Dschuma wieder einmal Bilal folterten. Er fragte Umayya: „Hast du keine Furcht vor Allah, wegen dem, was du diesem Armen antust? Wie lange noch?“
„Du hast ihn verdorben, also rette ihn doch“, schrie Umayya wütend.
Darauf bot Abu Bakr an, Bilal zu kaufen, und Umayya willigte ein.
Abu Bakr nahm Bilal mit und schenkte ihm die Freiheit, so wie er es schon mit vielen anderen Sklaven gemacht hatte.
Unter denen, die Abu Bakr befreit hatte, waren auch Amr Bin Fuhayra, An-Nahdiya mit ihrer Tochter, die unter schlimmer Folter zu leiden gehabt hatten, sowie Zunayra, die römische Sklavin, die ihr Augenlicht vorübergehend verloren hatte.
Weil Abu Bakr so viele Sklaven befreite, wurde er von seinem Vater Abu Quhafa getadelt. Er fragte ihn, weshalb er nur die Schwächsten freikaufte, die ihm keinen Nutzen brächten. Abu Bakr antwortete, dass er es für Allah tue und nicht zu seinem eigenen Vorteil. Das Lob für diese Taten Abu Bakrs findet sich in einem Koranvers, welcher die Menschen motiviert, solange diese Erde existiert Gutes zu tun, ohne deswegen im Diesseits einen Nutzen zu erwarten.[49]
Es war vor allem Abu Dschahl, der die Quraisch gegen die schwachen Muslime aufhetzte.
Yasir war als junger Mann mit seiner Frau Sumayya nach Mekka gezogen. Da er ein Fremder war, begab er sich unter den Schutz der Banu Machzum. Sie lebten in Mekka und bekamen einen Sohn, den sie Ammar nannten. Als dieser herangewachsen war, gehörte er zu den ersten, die den Islam annahmen. Er überzeugte auch seine Eltern, Muslime zu werden. Alle drei wurden auf einem Platz der Mittagshitze ausgesetzt und gefoltert. Doch sie ertrugen die Demütigungen und Qualen voller Geduld. Immer wenn der Prophet Muhammad an ihnen vorbei kam, sagte er zu ihnen: „Habt Geduld, Familie von Yasir, euer Treffpunkt wird das Paradies sein.“[50]
Eines Tages kam Abu Dschahl an Sumayya vorbei, während sie gefoltert wurde. Er beschimpfte sie auf die übelste Weise. Als sie ihm keine Beachtung schenkte, stach er seinen Speer in ihren Schoß. Sumayya starb. Die schwache, magere, alte Frau war die erste Märtyrerin für die Sache Allahs. Ihr Mann Yasir starb ebenfalls kurze Zeit später unter der Folter. Ihr Sohn Ammar wurde von Abu Dschahl weiter gefoltert.
Eines Tages, als der Prophet sich in der Nähe des Hügels Safa aufhielt, kam Abu Dschahl vorbei und begann, ihn schrecklich zu beschimpfen. Der Prophet wurde nie ausfallend oder stritt sich mit anderen – ganz gleich, wie schwer er beleidigt wurde. Er schwieg, sah Abu Dschahl nur an, und als dieser fertig war, wandte er sich von ihm ab und ging. Da bewarf dieser den Propheten mit einem Stein und verletzte ihn. Danach setzte sich Abu Dschahl zu einer Gruppe von Männern der Quraisch, welche sich immer in der Nähe der Kaaba trafen.
Kurz darauf kehrte Hamza, mit seinem Bogen in der Hand, von der Jagd zurück. Als er nun auf dem Weg zur Kaaba war, erzählte ihm eine Frau, was Abu Dschahl dem Propheten angetan hatte.
Bebend vor Zorn ging er zu dem Treffpunkt der Quraisch. Hamza lief ohne zu grüßen oder sonst etwas zu sagen auf Abu Dschahl zu. „Du beschimpfst meinen Neffen, obwohl ich seiner Religion angehöre“, sagte er und schlug Abu Dschahl so fest mit seinem Bogen ins Gesicht, dass er ihm eine tiefe Wunde zufügte. „Schlag zurück, wenn du kannst!“, rief er.[51]
Nun war ein starker und gefürchteter Held der Quraisch Muslim geworden, was die Lage der Muslime natürlich verbesserte. Aber die schwachen Muslime taten dem Propheten leid, deshalb fasste er einen Plan.
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enn ihr in das Land der Abessinier geht, findet ihr dort einen König, bei dem euch kein Unrecht zustoßen wird“, war der Plan des Propheten.
Sofort bereiteten sich die Muslime auf eine geheime Reise vor.
Um nicht von den Quraisch gefangen genommen zu werden, verließen die ersten Muslime heimlich im Schutze der Nacht Mekka. Ihre Flucht blieb den Quraisch jedoch nicht lange verborgen. Bevor die Muslime ein Schiff am Hafen erreichten, wurde eine Truppe entsandt, um die Auswanderer zurückzuholen. Da die Verfolger mit Pferden und ohne Frauen und Kinder waren, ritten sie schnell und würden bald am Hafen ankommen.
Das war im Jahre 615, als Abessinien[52] von einem christlichen Negus regiert wurde, der ein gerechter König war, wie der Prophet ihn beschrieben hatte. Unter den Auswanderern war auch eine Tochter des Propheten, Ruqayya, mit ihrem Mann Uthman. Der Prophet sagte, dass „es sich hier um die erste Familie handelt, die auf dem Weg Allahs ausgewandert ist, nach der Auswanderung der Propheten Abraham und Lot.“
Die Auswanderer eilten zum Hafen Schuayba. Als ihre Verfolger von den Quraisch den Strand erreichten, waren sie schon mit zwei Handelsschiffen in See gestochen und damit gerettet.[53]
Vom Negus wurden die Muslime herzlich begrüßt und sie konnten in Freiheit leben und ihre Religion ungestört ausüben. Einige Tage später folgte ihnen eine größere Gruppe nach. Für diejenigen, die in Mekka zurückblieben, wurde das Leben nun immer schwieriger.
Abessinien war ein wichtiger Handelspartner Mekkas. Die Quraisch hatten gute Kontakte zum Negus und seinem Hof. Daher waren die Quraisch sehr verärgert darüber, dass die Muslime in Abessinien Zuflucht suchten. Sie dachten sich: „Nun genügt es Muhammad nicht mehr, bei uns zu Hause für Unruhe zu sorgen, jetzt stört er auch noch unsere Beziehungen ins Ausland!“. Also fassten sie einen Plan: Sie wollten den Abessiniern Geschenke machen, um sie zur Auslieferung der Muslime zu bewegen. Mit diesem Auftrag schickten die Mekkaner eine Delegation, zu der auch der angesehene und kluge Amr Bin Al-As gehörte, nach Abessinien.
Die Mekkaner gaben dem Negus die Geschenke und begannen über die Auswanderer schlecht zu reden. Sie wollten auf jeden Fall verhindern, dass der Negus mit den Auswanderern sprechen würde, sondern sie ihnen einfach auslieferte, damit sie sie nach Mekka zurückbringen könnten.
Das Ganze machte den Negus wütend, und er sprach zu seinen Leuten: „Nein, bei Allah, ich werde sie nicht übergeben! Leute, die mich wählten und zu mir gekommen sind, werde ich nie ausliefern, ohne sie vorher angehört zu haben. Wenn es stimmt, was ihr über sie sagt, werde ich sie zu ihrem Volk zurückschicken. Wenn es aber nicht stimmt, werde ich sie vor den Quraisch beschützen, solange sie mich brauchen.“
Dann ließ er die Gefährten des Propheten kommen. Auch seine Bischöfe ließ er mit ihren heiligen Schriften kommen.
Die beiden Mekkaner hatten gehofft, dieses Treffen würde nicht stattfinden und die Muslime würden nicht sprechen dürfen.
Als die muslimischen Frauen und Männer zum Saal kamen, merkten die Abessinier, dass diese ihnen viel sympathischer waren als die Quraischiten. Schon bevor sie zu sprechen begannen, waren der König und die Anwesenden erfreut über diese Leute.
Der Negus fragte die Muslime: „Welche Religion ist es, wegen der ihr euer Volk verlassen habt und ihr weder meine noch eine andere Religion eines anderen Volkes angenommen habt?“
Dschaafar, der Sohn Abu Talibs, sprach für die Muslime: „O König, wir waren ein unwissendes Volk, beteten Götzen aus Stein an, aßen Kadaver, begingen alles, was schlecht war, behandelten die Nachbarn schlecht, und die Starken unter uns nutzten die Schwachen aus. Auf diese Weise lebten wir, bis Allah uns aus uns selber einen Propheten schickte. Wir kennen seine Abstammung, seine Ehrlichkeit und Vertrauenswürdigkeit. Er lehrte uns, die Einzigkeit Allahs anzuerkennen, Ihm alleine zu dienen und nicht Steinen und Götzen. Er lehrte uns, immer die Wahrheit zu sprechen, Versprechen zu halten, die Rechte der Frauen, Kinder und Nachbarn zu achten und kein Blut zu vergießen. Er verbot uns, falsche Zeugenaussagen zu machen oder den Besitz der Waisen zu veruntreuen und unschuldige Frauen zu verleumden. Er befahl uns, nur Allah anzubeten und Ihm keine Götter beizugesellen, den Armen Almosen zu geben und zu fasten.
Wir glauben ihm und an den Quran, mit der er von Allah kam. Wir beten Allah alleine an, ohne Ihm Partner beizugesellen.
Was Allah uns verboten hat, sehen wir als verboten, und was Er uns erlaubt hat, sehen wir als erlaubt. Aber unser Volk fing an, uns zu foltern, damit wir unseren Glauben aufgeben und anstelle Allahs Götzen anbeten und diese schrecklichen Sachen der Vergangenheit wieder erlauben würden.
Nachdem sie uns unterdrückten und uns das Leben schwer machten, wählten wir dein Land. Wir sind überzeugt, o König, dass wir bei dir kein Unrecht erleiden werden!“
Der Negus fragte: „Ist etwas von dem Quran, was von Allah offenbart wurde, bei dir?“
„Ja.“
„Dann trage es mir vor!“
Dschaafar rezitierte aus der Sure Maryam (Maria) [54]. In dieser Sure wird die Geschichte von der Geburt Jesu erzählt.
Als der Negus diese schönen Worte, die so voll Achtung über Maria und Jesus berichten, hörte, weinte er, bis sein Bart nass war. Seine Bischöfe weinten auch, bis die Tränen ihre Bücher befeuchteten, die sie in den Händen hielten, als sie diese Rezitation aus dem Koran hörten.
Als der König sich wieder beruhigt hatte, wandte er sich an die Mekkaner. „Diese und die Offenbarung Jesu sind Strahlen desselben Lichts. Bei Allah, ich gebe euch diese Leute nicht und werde sie nicht verraten!“ [55]
Der König schickte die Delegation Mekkas zurück.
Amr sagte zu seinem Begleiter Abdullah, er werde am nächsten Tag noch mal zum König gehen und ihn mit einer anderen Geschichte überraschen. „Tu das nicht! Sie sind immer noch unsere Verwandten!“ sagte Abdullah.
„Bei Allah, ich werde dem König erzählen, dass diese sagten, Jesus, der Sohn Marias, sei nur ein Diener Allahs.“
Am nächsten Tag erschien Amr erneut beim König und sagte: „O König, sie sagen etwas Schlimmes über Jesus. Lass sie kommen und frage sie nach dem, was sie sagen!“
Der Negus ließ sie erneut kommen.
Sie fragten sich, was sie über Jesus sagen sollten. Dann sagten sie: „Bei Allah, wir sagen, was Allah sagt und was dem Propheten offenbart wurde; ganz gleich, was passiert, werden wir nur die Wahrheit sagen.“
Beim Negus angekommen, fragte er, was sie von Jesus hielten. Dschaafar sprach wieder: „Über Jesus sagen wir, was unserem Propheten offenbart wurde: Er ist Diener und Prophet Allahs, Sein Geist und Sein Wort, das Er der Jungfrau Maria eingab.“
Der Negus bestätigte, was Dschaafar über Jesus sagte.
„In meinem Land seid ihr in Sicherheit.“ Dreimal sagte er: „Wer euch beschimpft, wird bestraft! Selbst für einen Berg Gold würde ich euch nicht verraten. Wir brauchen ihre Geschenke nicht, gebt sie zurück!“
Gescheitert kehrten die Quraisch mit ihren Geschenken wieder[56] nach Mekka zurück, mit der Nachricht, dass sie mit ihrem Vorhaben nichts erreicht und sich ihre Beziehungen zu Abessinien verschlechtert hätten.
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mar Bin Al-Chattab war ein Neffe Abu Dschahls und ein gefürchteter Mann in Mekka. Die Muslime hatten sehr unter ihm gelitten. Er war sehr mutig. Außerdem war er ein gebildeter Mann, der lesen und schreiben konnte.
Umar hat entschieden, Muhammad zu töten.
Mit seinem Schwert in der Hand ging er eines Tages los und begegnete unterwegs Nu´aym, der ihn fragte, wo er denn hingehe.
Als Umar ihm von seiner Absicht erzählte, antwortete Nu´aym: „Die Sippe der Banu Haschim wird sich an dir rächen, wenn du Muhammad tötest!
Du solltest dich lieber um deine eigene Familie kümmern, denn deine Schwester Fatima und ihr Mann sind längst Muslime geworden und Muhammads Freunde geworden.“
Umar begab sich sofort zum Haus seiner Schwester und seines Schwagers.
In der Nähe des Hauses hörte er, wie jemand etwas vorlas.
Umar klopfte an die Tür. Bei seiner Schwester befand sich Chabbab, einer der Freunde des Propheten, der Fatima und ihrem Mann Koranverse beibringen wollte, die auf ein Pergament geschrieben waren.
Als sie hörten, wer an der Tür war, erschraken sie.
Fatima und ihr Mann versteckten Chabbab und das Pergament mit den Koranversen, dann ließen sie Umar ins Haus. Umar fragte: „Was war das, was ich eben gehört habe?“
Die beiden antworteten: „Du hast nichts gehört!“ Umar sagte „Doch, ich habe gerade erfahren, dass ihr Muhammads Religion folgt!“ Dabei packte er Said. Als seine Frau ihm zu Hilfe eilen wollte, schlug Umar sie so stark ins Gesicht, dass sie blutete. Da sagte seine Schwester: „Ja, wir glauben an Allah und Seinen Gesandten, so mache, was du möchtest.“
Als Umar seine Schwester sah, wie sie blutete, bereute er es und schämte sich für das, was er ihr angetan hatte.
„Würdest du mich in den Koran blicken lassen?“, fragte Umar. Nach langem Zögern händigte ihm Fatima das Pergament mit den Koranversen aus, das sie versteckt hatte. Als Umar zu Ende gelesen hatte, rief er: „Wie schön und edel diese Worte sind!“
Chabbab hörte diese Worte, kam aus seinem Versteck hervor und sagte schnell: „Umar, ich hoffe, Allah hat dich durch das Gebet Seines Propheten Muhammad gewählt, als er gestern betete: “O Allah, stärke den Islam mit Amr Bin Hischam – Abu Dschahl - oder mit Umar Bin Al-Chattab!“
Umar nahm sein Schwert und fragte, wo er den Propheten finden könne. Dieser saß zusammen mit einigen Gefährtinnen und Gefährten in einem Haus am Hügel Safa in der Nähe der Kaaba.
Umar rannte dorthin und klopfte an die Tür. Einer der Gefährten sah durch einen Spalt, dass es Umar war, der ein Schwert dabei hatte, und sagte es ängstlich den anderen.
Hamza rief laut: „Macht ihm die Tür auf! Wenn er Gutes will, werden wir ihm mit Gutem begegnen; wenn er aber Böses will, dann töten wir ihn mit seinem eigenen Schwert!“
Als die Türe aufging, ergriff ihn der Prophet an seinem Gürtel und seinem Kleid, zog ihn heftig und fragte: „Was führt dich hierher, o Sohn des Chattab?“
„O Gesandter Allahs, ich komme, um an Allah und Seinen Gesandten zu glauben und an den Koran, der von Allah kommt“, erklärte Umar.
Die Freude des Propheten und seiner Anhänger war sehr groß. „Allahu akbar! Allah ist groß!“, riefen alle, sodass es ganz Mekka hörte.[57]
Bald wusste jeder, dass Umar keine Götzen mehr anbetete. Vorher hatten die Muslime ihren Glauben vor den Mekkanern verheimlichen müssen und konnten ihre Gebete nicht in der Öffentlichkeit verrichten.
Umar wollte jedem vom Islam erzählen. Er erzählte später: „Als ich Muslim wurde, überlegte ich mir, wer in Mekka dem Gesandten Allahs am meisten wehgetan hatte, um zu ihm zu gehen und ihm ins Gesicht zu sagen, dass ich Muslim geworden bin. Ich sagte mir: “Abu Dschahl!“ Also ging ich am nächsten Morgen, gleich nachdem ich aufgewacht war, zu ihm und klopfte an seine Tür. Abu Dschahl kam heraus und sagte:
“Willkommen, Sohn meiner Schwester! Was hat dich zu mir gebracht?“ Ich sagte: “Ich komme, um dir zu sagen, dass ich an Allah und Seinen Gesandten Muhammad glaube!“ Er schlug mir die Tür ins Gesicht und schrie: “Allah verfluche dich, und verflucht sei die Nachricht, mit der du gekommen bist!“[58]
Dann bat Umar den Propheten, bei der Kaaba beten zu dürfen, denn er konnte nicht ertragen, dass die Quraisch öffentlich Steine anbeteten, während die Gläubigen Allah im Geheimen verehrten.
Er selbst führte einen Teil der Muslime dorthin, und ein zweiter Teil wurde von Hamza geführt. Als alle beisammen waren, wurden die Gebete unter der Leitung des Propheten gemeinsam verrichtet. Dies war das erste Gebet dieser Art bei der Kaaba.
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achdem Umar und Hamza den Islam angenommen hatten, gewann der Islam unter den arabischen Stämmen an Beliebtheit. Die Quraisch wurden noch härter. Sie schrieben eine Urkunde, in der ein Boykott gegen die Banu Haschim und die Banu Abdul-Muttalib beschlossen wurde, also „dass niemand eine Ehe mit den Frauen und Männern dieser beiden Sippen eingehen dürfe, und nichts mehr an sie verkauft oder von ihnen gekauft werden dürfe.“ Es wurden also alle zusammen bestraft, die Muslime und die Götzendiener, Kinder und Frauen, außer Abu Lahab, der den Quraisch gegen seine eigene Familie half.
Die Bedingungen schrieben sie auf ein Pergament, das sie in der Kaaba aufhängten.[59]
Gegen den Boykott konnten nicht einmal Hamza und Umar etwas tun, da der Prophet ihnen die Anwendung von Gewalt verboten hatte.
Die Familien hatten lange unter dem Boykott zu leiden, der ihnen untersagte, Waren zu kaufen oder selber Handel zu treiben. Sie konnten sich also nicht versorgen. Kam eine fremde Karawane mit Waren in die Stadt, trieben die Quraisch die Preise in die Höhe, um zu verhindern, dass die Banu Haschim die Waren kaufen konnten.
Abu Dschahls Hass war so groß, dass er den Hungertod von Menschen - Muslimen und Götzendienern - in Kauf nahm. Eines Tages hielt er Chadidschas Neffen Hakim an, als dieser mit einem Sklaven, der einen Sack Mehl trug, an ihm vorbeiging. Abu Dschahl beschuldigte beide, den Banu Haschim Essen zu schicken. Es kam zu einem Streit, zu dem auch Abul Bachtari dazukam. Dieser hob einen Kamelknochen auf und schlug ihn auf Abu Dschahls Schädel, sodass er zu Boden stürzte. Dort traten sie ihn mit den Füßen. Abul Bachtari und Hakim waren keine Muslime, sie sahen es aber als eine Schande, so eine feige Blockade nicht zu brechen.
Einige der Quraisch schämten sich für diese Blockade.
Auch Hischam Bin Amr war ein edler Mann und einer, der entschieden hatte, etwas dagegen zu unternehmen.
Oft ging er nachts mit seinem Kamel und ließ den Zügel seines Tiers, das er mit Essen oder Kleidung beladen hatte, los, damit es zu den hungernden Banu Haschim liefe. [60]
Hischam besuchte eines Tages Zuhair, einen anderen jungen Mann, dessen Mutter Atika eine Tante des Propheten war. Er sagte zu ihm: „Zuhair, wie kannst du ruhig schlafen, wenn deine Verwandten arm und rechtlos sind und kaum noch etwas zum Leben haben?“
Zuhair antwortete: „Hischam, was soll ich machen? Ich bin ein einzelner Mann! Hätte ich einen anderen Mann mit mir, wäre ich zur Aufhebung des Boykotts tätig geworden, bis er endlich beendet wäre!“
„Du hast aber bereits einen zweiten Mann gefunden!“
„Wer ist es?“
„Ich!“
„Dann finde noch einen dritten Mann!“
Er überzeugte Mut’im Bin Uday, Abul Bachtari und Zama’a Bin Aswad. Zama’a war immer gegen den Boykott gewesen, da er es nicht dulden konnte, die eigenen Stammesbrüder leiden zu sehen. Nun waren sie fünf wichtige Männer, die nur noch einen Plan brauchten.
Sie trafen sich in der Nacht außerhalb Mekkas. Dort einigten sie sich für den nächsten Morgen auf einen Plan.
Als der Morgen kam, ging Zuhair zur Kaaba, stellte sich vor die Leute und rief: „Ihr Bewohner von Mekka! Wollen wir noch länger mit ansehen, wie unsere Verwandten vom Stamm der Banu Haschim hungern? Wie könnt ihr noch essen und euch kleiden, wie ungerecht seid ihr doch? Ich sage euch, wir werden nicht nach Hause gehen, bevor nicht diese ungerechte Boykotturkunde zerrissen wird!“
„Du lügst, wir werden sie nicht zerreißen!“, schrie Abu Dschahl zornig.
„Du bist ein größerer Lügner, denn wir waren nie damit einverstanden, als diese Urkunde geschrieben wurde!“, erwiderte Zama’a.
Abul Bachtari stand jetzt auf und rief: „Zama’a sagt die Wahrheit, wir sind nicht einverstanden mit dem, was geschrieben wurde und wir erkennen es nicht an!“
Mut’im rief - wie geplant - auch dazwischen: „Ihr drei sprecht die Wahrheit, und derjenige lügt, der etwas anderes sagt! Wir sind, was diese Urkunde angeht und was darin ist, Allah gegenüber unschuldig!“
Hischam Bin Amr sprach ähnlich wie alle anderen.
Abu Dschahl, der vor Wut kochte, schrie: „Diese Sache ist eine Verschwörung, die in der Nacht an einem anderen Ort beschlossen wurde!“ Doch als er sich umschaute, begriff er, dass die Mehrheit der Leute auf dem Platz gegen ihn und den Boykott war.
Dem Propheten Muhammad wurde offenbart, dass Würmer die Urkunde gefressen hätten - nur die Worte Bismikallahumma - In deinem Namen, o Allah! waren geblieben.
Der Prophet erzählte seinem Onkel Abu Talib davon, und Abu Talib ging sofort zur Kaaba, um diese Nachricht zu überbringen. Er hatte neben der Kaaba gesessen, während der Streit anfing. Er richtete den Streitenden aus, was sein Neffe gesagt hatte.
Wenn es stimmte, dann dürfte die Urkunde keine Gültigkeit mehr haben! Die meisten waren einverstanden.
Während das Volk mit Abu Dschahl stritt, machte sich Mut´im auf, um die Urkunde aus der Kaaba zu holen und sie zu zerreißen.
Als er sah, dass die Urkunde zerfressen worden war, außer den Worten Bismikallahumma - in deinem Namen, o Allah!, staunte er. Der Unterdrückungsvertrag wurde für immer und ewig ungültig, und der Prophet und seine Anhänger kehrten sofort in ihre Häuser zurück.[61]
Für die Götzendiener war das ein weiteres Zeichen, dass Muhammad ein Prophet Allahs war, „doch wenn sie ein Zeichen sehen, wenden sie sich ab und sagen: »Fortdauernde Zauberei.«“[62]
Die Quraisch ärgerten sich, dass die Sympathie für die gerechten Werte des Islam[63] mehr wurde. Als sie begriffen, dass sowohl die Bezichtigung der Zauberei als auch der Boykott und andere Handlungen, um den Propheten Muhammad unbeliebt zu machen, nichts brachten, planten sie, ihn umzubringen. Aber wie sollten sie das machen?
Wie ein Lauffeuer hatte es sich überall herumgesprochen: Allah hat den Menschen einen neuen Gesandten geschickt! Muhammad ist der lang erwartete Prophet Allahs!
Immer mehr Menschen wollten wissen, was der neue Prophet zu sagen hatte; aus allen Gegenden Arabiens strömten Besucher zu ihm nach Mekka. Der Prophet nahm sich Zeit für jeden von ihnen, wie er auch in dieser Zeit für etwa zwanzig Christen aus Nadschran Zeit fand, die aber von den Quraisch beobachtet wurden.
Sie fragten den Propheten vieles und er antwortete, lud sie zum Islam ein und rezitierte aus dem Koran. Beim Hören des Korans liefen Tränen über ihre Wangen. Nach diesem Gespräch glaubten sie an Allah und erkannten, dass es sich bei Muhammad um den Propheten handelte, über den sie in ihren Schriften schon oft gelesen hatten.
Als sie gehen wollten, hielten Abu Dschahl und einige andere Männer der Quraisch sie auf und sagten ihnen: „Euer Volk hat euch hierher geschickt, um es über diesen Mann zu informieren! Doch noch bevor ihr euch zu ihm gesetzt habt, habt ihr sofort eure Religion verlassen und an Muhammad geglaubt. Wie dumm seid ihr doch!“
Diese Delegation bestand aus gebildeten Leuten, die nicht bereit waren zu streiten und antworteten: „Salamun alaikum - Friede sei mit euch; wir führen kein niveauloses Gespräch. Wir haben unsere Taten und ihr habt eure zu verantworten.“ Und sie wandten sich von ihnen ab.
Die drei Jahre des Boykotts waren überstanden, die Muslime begannen sich zu erholen. Es folgten aber bald zwei unglückliche Ereignisse aufeinander: Die Krankheit Abu Talibs und die Chadidschas.
Zuerst wurde Abu Talib krank. Seine Krankheit war nicht ganz überraschend gekommen, denn er hatte die letzten Jahre, wie die meisten, sehr unter dem Boykott gelitten.
Abu Talib starb kurze Zeit darauf. Nun war der Rückhalt des Propheten in seinem Stamm sehr schwach geworden.
Doch das Unglück sollte noch größer werden. Wenige Tage nach Abu Talib starb Chadidscha, die Frau des Propheten. Sie war ihm nicht nur eine treue Ehefrau, sondern auch eine große Hilfe und geduldige Freundin gewesen, mit der er fünfundzwanzig glückliche Jahre gelebt hatte.
Chadidscha war seine erste Frau, und solange sie lebte, heiratete er keine andere. Vier Töchter hatten die beiden miteinander: Fatima, Zaynab, Umm Kulthum und Ruqayya. Als ihre Mutter starb, wurden die Mädchen von Trauer erschüttert. Der Prophet tröstete sie, indem er sie daran erinnerte, was der Engel Gabriel ihm gesagt hatte: „Richte Chadidscha von Allah, unserem Herrn, den Friedensgruß aus! Und sage ihr, dass für sie eine Wohnstatt im Paradies vorbereitet ist.“[64] Schon zu ihren Lebzeiten hatte er manches Mal den Finger zum Himmel gerichtet und gesagt: „Mariam, die Mutter Jesu, ist dort die Beste“ und - den Finger zur Erde - „Chadidscha ist hier die Beste.“[65]
Das Jahr, in dem Chadidscha und Abu Talib starben, wurde von den Muslimen „das Jahr der Trauer“ genannt. Chadidscha wird auch „die erste Muslima“ und „die erste Mutter der Gläubigen“ genannt, wodurch sie vor allen muslimischen Frauen und den anderen Müttern der Gläubigen ausgezeichnet ist. Chadidscha war die erste Frau im Islam, der das Paradies versprochen wurde.
Nach Chadidschas und Abu Talibs Tod begann für den Propheten eine Zeit voller Schwierigkeiten. Abu Talib hatte den Propheten stets geschützt. Jetzt aber war er gestorben, und die Quraisch fingen an, dem Propheten so viel Leid anzutun, wie sie es zuvor nie gewagt hatten.
Er wurde mit Prüfungen, die an die Grenzen der menschlichen Belastbarkeit gingen, auf die Probe gestellt.
Ein frecher Bursche von den Quraisch lauerte ihm in der Stadt auf und warf Dreck auf seinen Kopf. Als der Prophet zu Hause ankam, weinte seine Tochter und wusch ihm die Haare. All die Demütigungen aber führten nur dazu, dass er sich mit seinem Herzen noch mehr Allah zuwandte, in der Gewissheit, dass Seine Hilfe kommen würde. Er sagte zu seiner Tochter: „Weine nicht, o meine Tochter! Allah wird deinen Vater schützen!“ Aber er sagte zwischendurch auch: „Die Quraisch taten mir so etwas Schlimmes nicht an, bis Abu Talib starb.“[66]
Der Verlust Chadidschas hinterließ beim Propheten tiefe Trauer. Er trug nun allein die Last der Verantwortung für seine Botschaft und seine Gemeinde sowie für die Betreuung und Erziehung seiner Töchter. Für die erste Zeit nach ihrem Tod versuchte niemand, ihm eine neue Heirat vorzuschlagen. Außerdem - wenn er überhaupt noch einmal heiratete, wer sollte die Ehre haben, die Frau des Gesandten zu werden?
Eine gutherzige Frau namens Chaula Bint Hakim war es, die sich schließlich bemühte, den Propheten von der Notwendigkeit einer neuen Ehe zu überzeugen, die nicht nur um seinetwillen, sondern auch zum Wohle der Gemeinde wichtig war.
Sauda lebte in Mekka und war mit ihrem Cousin As-Sakran, Sohn des Amr verheiratet gewesen. Sie und ihr Mann zählten zu den ersten Muslimen. Zusammen mit den anderen Anhängern des Propheten Muhammads wurden sie in Mekka wegen ihres Glaubens gequält und geschlagen. Beide gehörten zu den Auswanderern, die nach Abessinien geflüchtet waren. In dieser harten Zeit verlor Sauda ihren Mann. Nach einiger Zeit kehrte sie aus Abessinien zurück.
Der Prophet wollte ihre Opferbereitschaft und Glaubensstärke belohnen und sich um sie kümmern. Chaula kam nun als Vermittlerin zum Hause Saudas und begrüßte sie mit den Worten: „Welche Güte und welchen Segen dir Allah gewährte, Sauda!“
Sauda fragte erstaunt: „Und welche Güte ist das, Chaula?“
Chaula antwortete: „Der Gesandte Allahs schickt mich, um für ihn um deine Hand anzuhalten! Willst du ihn heiraten?“
Sauda reagierte erfreut, aber zugleich beherrscht, indem sie Chaula aufforderte, zunächst ihren Vater davon zu unterrichten. Sie wies zu dem Zimmer, in dem ihr Vater saß.
Saudas Vater Zama’a war ein alter Mann, der an seinem alten Glauben hing.
Als Chaula ihm von Muhammads Vorschlag erzählte, äußerte er sich ganz knapp über ihn: „Edel und fähig.“ Dann fragte er: „Und was sagt deine Freundin Sauda dazu?“
Sie erwiderte: „Sie mag es.“
Darauf ließ Zama’a seine Tochter holen und fragte sie: „O Sauda, diese hier behauptet, dass Muhammad sie zu dir geschickt habe, um dich um die Ehe mit ihm zu bitten. Er ist fähig, willst du, dass ich dich mit ihm verheirate?“
Saudas Augen leuchteten vor Freude und die Heirat wurde bald vollzogen.
Niemand in der islamischen Gemeinschaft wollte glauben, dass Sauda die Stellung Chadidschas einnehmen könnte. Denn Sauda war bereits alt; ihr Glaube jedoch verband sie aufs Innigste mit dem Propheten.
Sauda war sich bewusst, dass der Prophet sie vor allem aus Güte und Barmherzigkeit geheiratet hatte. Sauda wurde dem Propheten eine freundliche, gütige, bescheidene und fröhliche Ehefrau. Oft erzählte sie ihm lustige Dinge, mit denen sie ihn zum Lachen brachte. So berichtete sie ihm eines Tages, dass sie einmal lange hinter ihm gebetet habe. „Ich habe hinter dir die Nacht hindurch gebetet, o Gesandter Allahs, und fiel nieder mit dir, bis ich meine Nase festhalten musste, da ich befürchtete, dass Blut aus ihr tropfen würde!“
Darüber lächelte der Prophet zunächst; dann musste er herzlich lachen.
Nun versuchte der Prophet bei den Thaqif, den Bewohnern der Stadt Taif[67], seine Botschaft zu verbreiten - wahrscheinlich auch, um für seine verfolgte Gemeinde einen Zufluchtsort zu finden. Unwissenheit und Götzendienst waren dort aber noch stärker verbreitet als in Mekka: Sie beschimpften den Propheten, dann hetzten die Anführer der Thaqif die Bewohner der Stadt auf ihn, die ihn mit Steinen bewarfen und ihn zwangen, Taif zu verlassen. Mit blutigen Füßen, aber geduldig, kehrte er nach Mekka zurück.
Unterwegs ließ er sich im Schatten eines Rebstocks nieder und betete sein bekanntes Gebet: „O Allah, zu Dir klage ich über meine Kraftlosigkeit, meine Hilflosigkeit und meine Armseligkeit... Wenn Du mir nicht zürnst, bekümmert mich dies hier nicht...“[68]
Utba Bin Rabi’a und sein Bruder Schayba, denen in Taif ein Weinberg gehörte, befanden sich zu der Zeit dort und hatten gesehen, was dem Propheten widerfahren war. Obwohl sie Gegner des Propheten waren, schmerzte sie, dass einer ihrer Stammesbrüder so von den Thaqif behandelt wurde. Sie riefen ihren Sklaven, einen Christen namens Addas: „Nimm von diesen Trauben und gib sie diesem Mann!“
Als der Prophet danach griff, sprach er: „Bismillah - Im Namen Allahs.“ Dann aß er davon.
Addas sagte: „Die Menschen dieses Landes sprechen so etwas nicht!“
Darauf fragte der Prophet: „Aus welchem Land bist du, o Addas und was ist deine Religion?“ „Ein Christ aus Ninive“, antwortete er.
„Aus der Stadt des rechtschaffenen Propheten Jonas, dem Sohn des Matta“, fügte der Prophet hinzu.
„Woher weißt du, wer Jonas, der Sohn Mattas, ist?“ fragte Addas.
Der Prophet sagte: „Er ist mein Bruder, denn er war ein Prophet und ich bin ein Prophet.“ Addas beugte sich über ihn und küsste seinen Kopf, seine Hände und seine Füße.
Als Addas zu den zwei Brüdern ging, beschimpften sie ihn: „Wehe dir, was war das?“
„O mein Herr, auf dieser Erde gibt es keinen Besseren als diesen! Er hat mir von einer Sache berichtet, von der kein anderer wissen kann, außer einem Propheten!“[69]
Auf dem Rückweg nach Mekka machte der Prophet halt in Nachla. Während er dort betete, kam eine Gruppe von Dschinn[70] und hörte seine Koran-Rezitation. Durch eine Offenbarung erfuhr der Prophet davon. Das sollte ein weiteres Zeichen sein, dass er nicht nur ein Prophet für die Menschen, sondern auch für die Dschinn ist.
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er Prophet wurde von Allah durch eine Auszeichnung belohnt, die ihm neue Kraft und Mut auf seinem Weg geben sollte: die Nachtreise.
In einer Nacht im dreizehnten Jahr seiner Entsendung kam Gabriel mit einem Reittier[71] zu ihm.
Sie reisten zuerst nach Jerusalem, wo Muhammad vorher noch nie gewesen war. Dort betete er in der Aqsa-Moschee, gemeinsam mit den anderen Propheten, seinen Vorgängern. Nach dem Gebet stieg er mit dem Engel Gabriel in den Himmel auf. Der Aufstieg führte ihn durch sieben Himmel. In jedem der Himmel traf er einen der Propheten; er begrüßte sie und sie hießen ihn willkommen. Im siebten Himmel ging der Weg zum Allmächtigen, der ihm die fünf täglichen Gebete befahl, die seit diesem Zeitpunkt von den Muslimen verrichtet werden. Sie sind der wichtigste Gottesdienst der Muslime. Der Prophet sah auch das Paradies und die Hölle. Diese Reise stärkte ihn und gab ihm Gewissheit. Als er nach Mekka zurückkehrte, war seine Schlafstelle noch warm. Er hatte für die Reise nicht einmal eine Nacht benötigt.
Die Zeit der Pilgerfahrt kam und der Prophet nutzte jede Gelegenheit, mit den Leuten der arabischen Stämme, die nach Mekka kamen, zu sprechen und versuchte sie zum Islam einzuladen.
Immer wenn der Prophet mit einem Stamm sprechen wollte, folgte ihm Abu Lahab, lobte den alten Götzendienst und sprach schlecht von seinem Neffen. Dies machte er immer wieder, doch Allah wollte der Wahrheit zum Sieg verhelfen. Bei Al-Aqaba, einem Ort nahe Mekka, ging der Prophet zu einigen Männern aus Medina vom Stamm der Chazradsch.
Der Prophet fragte: “Darf ich mit euch sprechen?“ Sie sagten: „Ja!“ Sie saßen mit ihm zusammen und er lud sie zum Glauben an Allah ein, erklärte ihnen den Islam und rezitierte aus dem Koran. In Medina lebten sie mit Juden zusammen, die als Offenbarungsreligion den Götzendienst ablehnte. Immer wenn es einen Zwischenfall gab, drohten ihnen die Juden: “Die Zeit eines Propheten ist gekommen. Wir folgen ihm und werden euch töten.“ Jedem von ihnen war diese jüdische Drohung bekannt, aber auch andere Einzelheiten über das Kommen des neuen Gesandten.
Nach diesem Gespräch sagten sie sich: “Dies ist ganz gewiss der Prophet, mit dem die Juden uns ständig drohen! Lasst nicht zu, dass sie ihm vor uns folgen!“
Nachdem sie keine Zweifel am Propheten hatten, bezeugten alle aus Medina die Wahrheit der Botschaft des Islam und versprachen, danach zu leben. Sie erwähnten beim Propheten auch: “Es gibt kein Volk, das zerstrittener ist als unseres. Möge Allah es durch dich vereinigen! Sobald wir in Medina sind, versuchen wir unseren Leuten diesen Glauben nahe zu bringen.“[72] Sie hofften, durch die neue, friedliche Religion die Feindschaft und Gewalt zwischen ihren Stämmen Aus und Chazradsch zu beenden.
Kaum in Medina angekommen, erzählten sie ihren Verwandten mit leuchtenden Augen vom Propheten, von dem die Juden und Christen früher berichtet hatten. Bald gab es kein Haus mehr, in dem man nicht vom Propheten Muhammad und seiner Botschaft sprach.
In der Pilgerzeit des nächsten Jahres kamen zwölf Leute aus Medina und verabredeten sich mit dem Propheten in Al-Aqaba. Zwei von ihnen waren aus dem Stamm der Aus. „Durch den Treueeid verpflichteten wir uns, Allah nichts beizugesellen, keinen Diebstahl und keinen Ehebruch zu begehen, unsere Kinder nicht zu töten[73], andere nicht zu verleumden und dem Propheten im Guten nicht zu widersprechen“, sagten sie.
„Wenn ihr euch daran haltet, ist euch das Paradies bestimmt. Wenn ihr eines dieser Verbote übertretet, ist eure Sache bei Allah, ob Er euch strafen oder euch verzeihen will!“[74]
Mus’ab Bin Umayr, der ein gutaussehender junger Muslim war, ging mit ihnen als erster Botschafter des Islam nach Medina, um aus dem Koran zu rezitieren und den Menschen den Islam zu lehren. Deshalb wurde Mus’ab in Medina auch „der Lesende“ genannt.
Mus’ab gehörte zu den Banu Abdu Manaf. Er wurde in eine der reichsten Familien Mekkas geboren und lebte verwöhnt in Luxus. Man sagte von ihm: „Es gibt niemanden, der besser gekleidet ist, besser duftet und besser speist als Mus’ab“. Er gehörte zu den ersten Muslimen, verheimlichte seinen Glauben aber aus Furcht vor seiner Mutter, die ihn zwar liebte, aber einen Glaubenswechsel nicht akzeptierte. Sie war nicht tolerant. Sie erfuhr dennoch davon und ließ ihren Sohn einsperren, um ihn zu zwingen, den Islam zu verlassen. Doch Mus’ab blieb standhaft. Da verstieß ihn seine Mutter und enterbte ihn. Beim Abschied bat er sie noch, die Wahrheit zu erkennen und den Islam anzunehmen, doch sie beschimpfte ihn nur. Danach lebte er in großer Armut, trug alte Kleider, hatte an einem Tag zu essen und hungerte am nächsten Tag. Er war unter den Gefährten für sein Wissen, seine Redegewandtheit und seine feine, angenehme Art bekannt.
In Medina angekommen, begann er sofort mit dem Auftrag des Propheten.
Saad Bin Mu’adh[75] und sein Freund Usayd, ein edler Mann aus Medina, störten sich an den friedlichen Gesprächen, die Mus’ab mit einigen neu konvertierten Muslimen führte. Sie wollten sie verjagen. Mus’ab sprach zu Usayd: „Wie wäre es, wenn du dich zu uns setztest, um zu sehen, ob es dir gefällt, was wir sagen!“
Usayd gefielen diese Worte. „Das finde ich gerecht“, sagte er und setzte sich zu ihnen.
Er hörte Mus’ab über die Werte des Islam sprechen und Verse aus dem Koran rezitieren. Usayds Gesicht strahlte. Als Mus’ab fertig war, rief Usayd mit leuchtenden Augen aus: „Wie edel sind diese Worte und wie schön! Was macht ihr, um dieser Religion beizutreten?“
Mus’ab erklärte ihm, wie einfach es ist, den Islam anzunehmen. Usayd wusch sich, säuberte seine Kleider und bezeugte: „Es gibt keinen Gott außer Allah, und Muhammad ist Sein Prophet!“ Dann betete er und sprach: „Hinter mir steht ein Mann, Saad Bin Mu´adh. Wenn er euch folgt, wird niemand aus seinem Volk zurückbleiben! Ich schicke ihn sofort zu euch!“
Als Usayd zu Saad zurückkam, schilderte er ihm, dass er nichts Böses an diesen Männern fand. Saad war verblüfft und wunderte sich. Er ging zu den beisammensitzenden Muslimen. Er nahm sich vor, sich von ihrem Gerede nicht einfangen zu lassen. Aber es erging ihm wie Usayd – die Worte der Offenbarung rührten sein Herz. Daraufhin berief er eine Versammlung ein und fragte die Versammelten: „O mein Volk, welchen Rang besitze ich unter euch?“
Sie antworteten: „Du bist unser Herr und ein Oberhaupt, der unsere Interessen am besten vertritt!“
„Dann verspreche ich, dass ich mit keinem Mann und mit keiner Frau von euch spreche, bis ihr alle Allah und Seinem Propheten folgt, also Muslime werdet!“
Bis es Abend wurde, blieben kein Mann und keine Frau, die nicht Muslim oder Muslima wurden.[76]
Mus’ab musste die Muslime in Medina im Gebet leiten, da die beiden verfeindeten Stämme Aus und Chazradsch erst neu im Islam waren und auf keinen Fall einem Mann des jeweils anderen Stammes den Vorrang geben wollten. Vor kurzem erst hatten die Sippen sich gegenseitig ihre Paläste und Häuser zerstört, und sie waren immer noch bereit, zu töten und zu vernichten, bis nichts mehr übrig bliebe. Mus’ab blieb in Medina und rief die Menschen zum Islam, zum Frieden auf, bis es kein Haus in Medina mehr gab, in dem keine muslimischen Männer und Frauen lebten.
Je mehr sich der Islam in der Stadt verbreitete, desto lauter wurden die Stimmen, die nach Frieden riefen und den Krieg ablehnten.
Inzwischen war dem Propheten klar geworden, dass das wasserreiche Land, das er einst im Traum gesehen hatte, Medina sein musste. Dorthin würden er und seine Gefährten auswandern! Seiner Tante Ummul Fadl und seinem Onkel Al–Abbas, der kein Muslim war, vertraute er an, dass er die Hoffnung habe, nach Medina zu gehen.
Tag für Tag zeigten neue Muslime ihren Islam in Medina öffentlich und der Aberglaube und der Hass zwischen den Stämmen nahmen ab. Die Hoffnung auf einen gerechten Frieden wuchs.
Unter den Aus und den Chazradsch gab es einige alte Leute, die sich sehr schwer damit taten, sich vom Götzendienst zu befreien.
Amr Bin Al-Dschamuh war einer der Führer der Banu Salama, der sehr hartnäckig war. Mu’adh war sein Sohn, der bei Aqaba dabei gewesen war und dem Propheten den Treueeid geschworen hatte. Amr hatte in seinem Haus ein Götzenbild, ein Figur aus Holz, das Manat[77] genannt wurde und das er verehrte und immer gut pflegte. Als alle jungen gebildeten Männer der Banu Salama Muslime geworden waren, schlichen sie eines Nachts zu dem Götzenbild, trugen es zur Mistgrube des Stammes und schleuderten es hinein. Als Amr am folgenden Morgen erwachte und sein geliebtes Götzenbild nicht fand, rief er: „Wehe euch! Wer hat in dieser Nacht unseren Göttern etwas angetan?“
Er machte sich auf die Suche nach dem Götzenbild. Als er es endlich in der Mistgrube fand, holte er es heraus, reinigte und parfümierte es. „Wenn ich herausfinde, wer so etwas macht, bringe ich Schande über ihn!“, drohte er verärgert.
Als Amr wieder schlief, machten die jungen Muslime, unter ihnen sein eigener Sohn Mu’adh, mit dem Götzen noch einmal das Gleiche. Am Morgen fand Amr ihn in der gleichen Situation. Beim dritten Mal hielt er nicht mehr durch. Nachdem er den Götzen gereinigt hatte, befestigte er sein Schwert an ihm und sagte: „Es tut mir leid, ich weiß wirklich nicht, wer so etwas mit dir macht! Wer auch immer sich dir nähert – verteidige dich mit diesem Schwert!“
Nachdem Amr eingeschlafen war, kamen die Muslime, entfernten das Schwert von dem Götzen, befestigten mit einer Schnur einen toten Hund an ihm und stießen ihn wieder in die Mistgrube.
Als Amr morgens aufstand und das Götzenbild nicht an seinem Platz fand, suchte er weiter, bis er es in der Mistgrube mit dem toten Hund am Hals fand.
Er sah, dass sein Götze sich nicht helfen konnte, und die Muslime seines Stammes begannen, mit ihm darüber zu reden. Er nahm den Islam an und wurde ein überzeugter Muslim. Er schrieb ein rührendes Gedicht, in dem er seinen Götzen mit dem Hund erwähnt und Allah dankt, Der ihn am Ende doch rettete und ihm den Islam zeigte.[78]
Nachdem in Medina die Zahl der Muslime schnell gewachsen war, erlaubte der Prophet den Gläubigen aus Mekka, nach Medina auszuwandern, wo er für sie eine sichere Heimat gefunden hatte. Er selbst blieb jedoch weiterhin in Mekka.
Die Muslime begannen, einzeln oder in kleinen Gruppen auszuwandern, um die Wut der Quraisch nicht auf sich zu lenken. Doch die Auswanderungen blieben den Quraisch nicht verborgen, und so versuchten sie, die übrigen Muslime mit Gewalt zum Bleiben zu zwingen.
Umm Salama versuchte mit ihrem Mann und ihrem noch kleinen Sohn Salama zu fliehen. Sie wurde jedoch von ihrem Cousin Abu Dschahl und seinen Männern verfolgt und aufgehalten. Mit Gewalt nahmen sie Abu Salama den Zügel des Kamels aus der Hand und brachten die Familie auseinander. Als Abu Salamas Familienangehörige davon erfuhren, nahmen sie Umm Salama auch noch das Kind weg.
Umm Salama fiel wegen des Verlustes ihres Sohnes in tiefe Trauer. Deshalb begab sie sich jeden Tag außerhalb Mekkas und weinte bis zum Abend. Sie gab nicht auf, bis sie ihren Sohn nach einem Jahr wieder an sich drücken konnte. Allein mit ihm verließ sie auf einem Kamel reitend Mekka.
Unterwegs traf sie Uthman Bin Talha[79], der noch kein Muslim war. Er nahm die Zügel des Kamels und begleitete Mutter und Kind, bis die kleine Familie wieder beisammen war.
Als sie in der Nähe des Dorfes Quba nicht weit von Medina ankamen, sagte Uthman Bin Talha: „Wir haben es geschaffen, dein Mann ist in diesem Dorf!“
Dann kehrte er nach Mekka zurück. Umm Salama erwähnte ständig: „Bei Allah, ich kenne keine Familie im Islam, der geschehen ist, was der Familie Abu Salamas geschah, und ich habe noch keinen Begleiter gesehen, der edleren Charakters war als Uthman Bin Talha.“[80] Sie war nicht die Einzige, die grausam von ihren Lieben getrennt wurde.
Ayyash war mit Umar Bin Al-Chattab nach Medina ausgewandert. Seine zwei Halbbrüder Abu Dschahl und Harith folgten ihm, fesselten ihn an Händen und Füßen und brachten ihn wie einen Gefangenen nach Mekka. In Mekka sagten sie: „O ihr Leute von Mekka, macht doch das Gleiche mit euren Narren, was wir mit unserem gemacht haben!“[81]
Hischam Bin Al-As war der Bruder des Amr Bin Al-As. Als Hischam, der inzwischen Muslim geworden war, nun auswandern wollte und seine Familie davon erfuhr, hielten ihn sein Vater und sein Bruder Amr mit Gewalt auf und sperrten ihn ein.[82] Beide, Ayyash und Hischam, wurden so lange gefoltert und unter Druck gesetzt, bis sie den Islam zum Schein, also äußerlich, aufgaben. Obwohl sie innerlich noch Muslime waren, ließ ihr Gewissen ihnen keine Ruhe. Während dieser Zeit des Zweifels und des schlechten Gewissens wurden die folgenden Verse offenbart: O meine Diener, die ihr gegen euch selber maßlos gewesen seid, verliert nicht die Hoffnung auf Allahs Barmherzigkeit. Gewiss, Allah vergibt die Sünden alle. Er ist ja der Allvergebende und der Barmherzige. Und wendet euch eurem Herrn reuig zu und seid Ihm ergeben, bevor die Strafe über euch kommt, worauf euch keine Hilfe zuteil werden wird. Und folgt dem Besten von dem, was zu euch von eurem Herrn herabgesandt worden ist, bevor die Strafe plötzlich über euch kommt, ohne dass ihr es merkt.[83]
Umar schrieb diese Verse mit eigener Hand und sandte sie Hischam, der später erzählte: „Als ich diese Verse bekam, hielt ich sie nah und weit vor meine Augen und konnte sie nicht verstehen, bis ich sagte: ‚O Allah, lass sie mich verstehen!’ Da legte Allah in mein Herz, dass sie über uns offenbart wurden und über das, was wir und andere über uns dachten.“
Hischam zeigte die Verse Ayyash, die auch ihn darin bestärkten, den Glauben wieder aufzunehmen und fliehen zu wollen. Das war nicht einfach, denn die Quraisch unternahmen alles, um die Auswanderung der Gläubigen zu verhindern.
Unter den Auswanderern waren auch Hamza, Zaid, Umar mit seiner Frau Zaynab, seiner Tochter Hafsa und dem kleinen klugen Abdullah.
Suhaib, einem Römer, gelang die Auswanderung ebenfalls.
Als die Quraisch erfuhren, dass Suhaib auswandern wollte, sagten sie zu ihm: „Du bist als geringer Kerl zu uns gekommen und bist reich und zu dem geworden, was du jetzt bist, und nun möchtest du mit deinem Besitz und Leben weggehen. Das kommt nicht in Frage!“ Suhaib antwortete: „Wenn ich euch meinen ganzen Besitz gebe, werdet ihr mich gehen lassen?“ Die Götzendiener waren einverstanden. Suhaib sagte: „Dann lasse ich euch meinen Besitz!“ Als diese Nachricht den Propheten erreichte, sagte er: „Suhaib hat gewonnen, Suhaib hat gewonnen!“[84]
Bald hatten die meisten Gläubigen Mekka verlassen – außer Ali, Abu Bakr und Muhammad selbst. Abu Bakr bat den Propheten immer wieder um Erlaubnis, auswandern zu dürfen. Doch Muhammad sagte zu ihm: „Beeile dich nicht, vielleicht wird dir Allah einen Gefährten geben!“ Mehr sagte er nicht. Abu Bakr wünschte, der Prophet wäre dieser Gefährte und kaufte zwei Kamele, die er für die Reise gut fütterte.[85]
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ls die Mekkaner hörten, dass die Muslime in Medina Gefährten gefunden hatten und dort in Sicherheit und Frieden lebten, ärgerten sie sich. Sie kannten diesen Mann, der nie aufgab und den Tod nicht fürchtete. Sie hatten auch erlebt, dass seine Geduld und Nachsicht beispiellos waren.
Durch die Auswanderungen nach Medina bestand nun die Möglichkeit, dass die Muslime sich irgendwann wehren würden. Ihnen war in Medina eine Tür der Hoffnung auf Freiheit geöffnet worden, und die Herrscher von Mekka hatten in ganz Arabien ihr Gesicht verloren.
Nach einer längeren, streng geheimen Beratung im Haus der Ratsversammlung[86] fassten die Quraisch den Entschluss, den Propheten zu ermorden. Nur wie dies geschehen sollte, darüber waren sie sich noch uneinig. Ein Vorschlag war, ihn einzusperren, bis er sterben würde. Andere fanden es ausreichend, wenn man ihn vertreiben würde.
Einigen reichten diese Vorschläge nicht, denn wenn man Muhammad einsperrte, würden seine Gefährten ihn gewiss befreien, und wenn man ihn vertriebe, würde seine Botschaft bald ganz Arabien erreichen. „Habt ihr denn die Süße seiner Worte vergessen, und wie schnell er die Herzen der Menschen von seiner Botschaft überzeugt?“, fragte einer.
Schließlich hatte Abu Dschahl die Idee, aus jedem Stamm einen kräftigen jungen Mann zu wählen und jedem von ihnen ein Schwert zu geben, damit sie den Propheten gleichzeitig töten würden. So würde sein Blut sich auf alle Sippen verteilen, und Muhammads Sippe, die Abd Manaf, könnte nicht alle zugleich bekämpfen; sie müssten dann ein Blutgeld akzeptieren, und die Angelegenheit wäre vorbei.
Der grausame Mordplan fand Zustimmung. Nachts, wenn der Prophet schlief, sollten die Männer ihn mit ihren Schwertern töten.[87]
Dem Propheten erschien Gabriel und sagte: „Schlafe in dieser Nacht nicht in deinem Bett!“
Eigentlich besuchte der Prophet immer vormittags oder nachmittags seinen Freund Abu Bakr, aber nicht um die Mittagszeit wie heute, während auch seine Töchter Aischa und Asma’ bei ihm waren. Da ahnte Abu Bakr, dass etwas passiert sein müsste.
„Allah hat mir erlaubt, auszuwandern“, sagte er.
„In Begleitung?“, fragte Abu Bakr schnell.
„In Begleitung“, antwortete der Prophet. Da weinte Abu Bakr vor Freude, den Propheten begleiten und sein Gefährte sein zu dürfen. Aischa sagte später immer wieder: „Bei Allah, bis zu diesem Tage wusste ich nicht, dass jemand auch vor Freude weinen kann, bis ich an dem Tag meinen Vater weinen sah!“
„O Prophet Allahs, ich habe diese beiden Kamele für diesen Zweck vorbereitet.“
Der Prophet war wieder zu Hause, wo er Ali bat, solange in Mekka zu bleiben, bis alle Wertsachen, die Muhammad für die Leute aufbewahrte, an ihre Besitzer zurückgegeben worden seien. Da der Prophet von allen als vertrauenswürdig angesehen wurde, brachten auch Götzendiener ihm immer wieder Wertsachen zur Aufbewahrung. Der Prophet bat Ali, sich in der Nacht mit seinem grünen Mantel zu bedecken und in seinem Bett zu schlafen. Er versprach ihm, dass ihm nichts Böses geschehen würde.
Die Männer, die von den Quraisch mit der Ermordung des Propheten beauftragt worden waren, umschlichen in jener Nacht sein Haus. Sie fürchteten, dass er nach Medina fliehen könnte und damit in Sicherheit wäre.
Abu Dschahl, der bei ihnen war, war sich sicher, dass er nun endlich den Propheten töten würde. Spöttisch rief er: „Muhammad behauptet, wenn ihr ihm folgt, werdet ihr die Könige der Araber und Nichtaraber werden, und nach eurem Tod werdet ihr wieder erweckt werden und in Gärten leben, so schön wie die Gärten am Jordan! Weiter sagt er, dass es ein Blutvergießen unter euch geben wird, und wenn ihr dann nach dem Tod wieder erweckt werdet, verbrennt ihr im Höllenfeuer. Wir werden sehen, wer wen tötet, wer die Wahrheit sagt und wer lügt!“[88]
In diesem Moment trat der Prophet vor sein Haus und sprach: „Ja, das sage ich und du bist einer von ihnen!“ Dann begann er, die ersten neun Verse der Sure Ya-Sin[89] zu rezitieren, nahm eine Handvoll Sand vom Boden und warf ihn auf die Männer. Allah verdunkelte ihre Blicke, sodass sie ihn nicht sehen konnten, während er dies tat - obwohl er direkt vor ihnen stand.
Ein Mann kam vorüber und fragte: „Worauf wartet ihr hier?“
„Auf Muhammad“, antworteten die Männer.
„Aber Muhammad ist doch schon an euch vorbeigegangen! Er hat Sand auf euch geworfen, und dann ist er weggegangen. Habt ihr das nicht bemerkt!“
Die Männer fassten sich an den Kopf und fühlten den Sand. Sie schauten durchs Fenster und sahen jemanden, in den Mantel des Propheten gehüllt, auf dem Bett liegen und dachten, dass der Prophet noch da sei. „Das ist Muhammad und er schläft in seinem Mantel!“, sagten die Mörder und warteten, bis der Morgen anbrach.
Als Ali bei Tagesanbruch aufstand und sich ihnen zeigte, stellten sie enttäuscht fest, dass der Unbekannte recht gehabt hatte. Sie fragten Ali, ob er wisse, wo Muhammad sei. Doch Ali wusste es nicht. Damit war der Anschlag fehlgeschlagen.[90]
Zu dieser Zeit wurden dem Propheten Koranverse offenbart, welche die Überlegenheit Allahs über die Verschwörer erklärten.[91]
Abu Bakr hatte bereits vor Einbruch der Nacht Vorbereitungen für den Aufbruch getroffen. Als der Prophet kam, kletterten sie gemeinsam durch ein Fenster auf der Rückseite des Hauses.
Als sie Mekka verließen, ließ der Prophet die Kamele anhalten, drehte sich noch einmal um und warf einen letzten Blick auf seine geliebte Stadt. Dabei sprach er: „Bei Allah, auf Allahs Erde bist du mir der am meisten geliebte Ort. Hätte mein Volk mich nicht verbannt, hätte ich dich nicht verlassen!“
Abu Dschahl und seine Männer gingen inzwischen zu Abu Bakrs Haus. Als Asma’ die Tür öffnete, fragten die Männer: „Wo ist dein Vater, o Tochter Abu Bakrs?“
Als Asma’ antwortete „Ich weiß es nicht“, versetzte Abu Dschahl ihr eine Ohrfeige, woraufhin einer ihrer Ohrringe sich löste und zu Boden fiel.[92]
Amir war ein Schäfer, der für die Mekkaner Schafe auf die Weide brachte. Er war ein ehemaliger Sklave, der von Abu Bakr, wie viele andere Sklaven, gekauft und freigelassen worden war. Er folgte ihnen mit seinen Schafen und beseitigte ihre Spuren, bis der Prophet und Abu Bakr eine Höhle im Berg Thaur, südlich von Mekka, erreicht hatten.
Nachdem Abu Dschahl gegangen war, machte sich Asma’ mit ihrem Bruder Abdullah auf den Weg zur Höhle, um ihrem Vater und dem Propheten Essen zu bringen und ihnen zu berichten, dass die Quraisch eine Belohnung von hundert Kamelen für denjenigen ausgesetzt hätten, der den Propheten tot oder lebendig fänden und nach Mekka bringen würde.[93] Die meisten Verfolger suchten im Norden nach dem Propheten, weil das die Richtung war, in der Medina lag. Einige wenige kamen aber auch auf die Idee, dass der Prophet einen Umweg genommen haben könnte, und suchten im Süden.
Abu Bakr und der Prophet versteckten sich in der Höhle. Sie waren sehr müde. Plötzlich drangen Stimmen zu ihnen, die näher zu kommen schienen. Es waren Männer aus Mekka. Sie blieben vor der Höhle stehen und unterhielten sich miteinander. Abu Bakr machte sich Sorgen und flüsterte: „Wenn einer von ihnen zu seinen Füßen blickt, dann sieht er uns!“ Der Prophet flüsterte: „Was, Abu Bakr, hältst du von zweien, bei denen Allah der Dritte ist?“[94]
Die Verfolger waren erschöpft und hatten die Hoffnung längst aufgegeben, den Propheten zu finden. Sie entdeckten ihn und Abu Bakr nicht.
Asma’ erschien zur vereinbarten Zeit mit ihrem Bruder Abdullah. Amr war auch gekommen – aber ohne seine Schafe. Er brachte Abdullah Bin Arqat mit, dem Abu Bakr zwei Kamele anvertraut hatte, die für die Reise gut gefüttert worden waren.
Asma’ nahm ihren Gürtel ab und zerschnitt ihn in zwei Teile. Den einen behielt sie, und mit der anderen Hälfte befestigte sie das Essen am Sattel ihres Vaters. Deshalb wird Asma’ auch: Dhatun Nitaqain - die mit den beiden Gürteln“ genannt. Ibn Arqat führte Muhammad und Abu Bakr nach Westen bis zum Roten Meer, an dessen Ufer sie eine Weile entlang ritten, um dann den Weg nach Norden in Richtung Medina einzuschlagen.
Über die weitere Verfolgung des Propheten berichtet Suraqa Bin Malik: „Die Boten der Quraisch kamen zu uns und gaben den Preis bekannt, der demjenigen gezahlt werden sollte, der den Gesandten Allahs und Abu Bakr tötete oder gefangen nahm. Während ich mich in einer der Versammlungen meines Stammes, der Banu Mudlagh, befand und wir so zusammensaßen, kam ein Mann von ihnen zu uns und berichtete noch im Stehen Folgendes: ‚O Suraqa, ich habe vor kurzem drei Personen wahrgenommen, die an der Küste vorbeizogen. Ich glaube, sie sind Muhammad und seine Gefährten!’
Ich gab ihm ein Zeichen, damit er schwieg und sagte zu ihm: ‚Sie sind es nicht gewesen.’
Ich blieb noch eine Weile in der Versammlung, stand dann auf und ging in mein Haus. Ich befahl meiner Sklavin, meine Pferdestute hinter einen Hügel zu führen und dort auf mich zu warten. Dann nahm ich mein Schwert und ging durchs Hinterhaus hinaus, lief den Hügel hinauf, das Tal hinunter und ritt auf meiner Stute davon. Ich ritt sehr schnell, bis ich ihnen immer näher kam. Da stolperte die Stute, und ich fiel hinunter. Schnell stand ich wieder auf und folgte ihnen weiter.
Abu Bakr schien etwas zu hören, denn er sah sich häufig um. Da sanken die Beine meiner Stute bis zu den Knien ein. Ich stieg sofort ab und schlug auf das Tier ein, bis es sich schließlich doch aus dem Sand befreite. So rief ich den Männern, die ich verfolgte, zu, sie mögen anhalten, ich sei für sie keine Gefahr. Sie blieben stehen, und ich ritt zu ihnen. Aufgrund der Hindernisse, die zwischen mir und ihnen überwunden worden waren, hegte ich inzwischen die Vermutung, dass die Botschaft des Gesandten Allahs doch wahr war und seine Sache Erfolg haben würde. Ich sagte zu ihm: ‚Deine Leute haben ein Blutgeld für dich ausgesetzt!’
Ich erzählte, was die Mekkaner mit ihnen vorhatten. Auch bot ich ihnen Essen und andere Gegenstände an, die sie jedoch nicht annahmen. Sie baten nur: ‚Halte unsere Sache geheim!’
Darauf fragte ich den Propheten, ob er mir ein Schriftstück mit der Zusage über meine Sicherheit schreiben könne, und er sagte: ‚Schreibe es ihm, Abu Bakr!’“ Obwohl der Prophet auf der Flucht war, war Suraqa überzeugt, dass er eines Tages siegen und seine Botschaft des Islams sich schnell verbreiten werde.[95]
Während seiner Flucht empfing der Prophet eine Offenbarung, in der Allah ihm versprach: Siehe! Er, der dir den Koran auferlegte, bringt dich wieder nach Hause![96]
Unterwegs trafen sie auf Abu Bakrs Cousin Talha. Dieser war in Medina und hatte die Ruhelosigkeit und Freude der Leute in Medina erlebt, die auf den Propheten warteten. Denn sie hatten gehört, dass er Mekka verlassen habe. Sie gingen täglich vormittags ins Freie um auf ihn zu warten. Sie blieben so lange, bis die Mittagshitze sie in ihre Häuser zwang. Eines Tages als sie schon wieder in ihre Häuser gegangen waren, stieg ein Jude auf das Dach eines hohen Gebäudes, um Ausschau zu halten. Da erblickte er in der Ferne den Gesandten Allahs und seinen Gefährten. Der Jude rief, so laut er konnte: „Ihr Araber! Da kommt euer Oberhaupt, auf das ihr wartet!“[97]
Auf diesen Ruf hin strömten die Männer, Frauen und Kinder jubelnd hinaus.
Die Muslime empfingen den Gesandten Allahs, als er noch weit entfernt war. Er hielt zuerst im Dorf Quba an.
Diejenigen Muslime, die aus Medina gekommen waren und den Propheten nie zuvor gesehen hatten, begrüßten zuerst Abu Bakr.
Man schätzte den Propheten gerade einmal auf die Hälfte seines tatsächlichen Alters; Abu Bakr, der zwar auch noch sehr gut aussah, wirkte wesentlich älter. Vielleicht war das der Grund, warum manche dachten, Abu Bakr sei der Prophet.
Als die Sonne höher stieg, begab sich Abu Bakr zum Propheten, um ihn mit seinem Gewand zu schützen. So erkannten die Menschen den Gesandten Allahs.
Er erhob sich und sprach zu ihnen: „Ihr Leute, grüßt einander mit dem Friedensgruß, gebt den Hungernden zu essen, ehrt eure Familien und betet in der Nacht, wenn die Menschen schlafen! Dann betretet ihr das Paradies in Frieden!“[98]. Viele solcher Aussprüche hat er an dem Tag gesagt, die man heute Hadith nennt.
Der Rabbi Hussain war auch zu der Menge gekommen und hatte die Worte Muhammads gehört. Später sagte er: „Als ich das Gesicht des Propheten sah, wusste ich, dass es nicht das Gesicht eines Lügners war.“[99]
Viele Menschen kamen nach Quba, um den Propheten zu begrüßen; unter ihnen auch ein Perser namens Salman. Er war Christ und schon als junger Mann nach Syrien und in den Irak gereist, wo er bei christlichen Gelehrten studiert hatte. Sein letzter Lehrer hatte auf dem Sterbebett zu ihm gesagt, dass die Zeit des letzten Propheten gekommen sei, der von Gott gesendet wird und mit der Religion Abrahams kommen und in Arabien aus seiner Heimat vertrieben werden würde. Seine Zeichen seien nicht zu übersehen: Von Geschenken, aber nicht von Almosen würde er essen, und zwischen seinen Schultern sei das Siegel des Prophetentums.
Salman erzählt seine Geschichte weiter: „Eigentlich hatte ich Händler mit meinen Kühen und meinem restlichen Geld dafür bezahlt, dass sie mich nach Arabien brächten. Doch sie betrogen mich und verkauften mich als Sklaven an einen jüdischen Händler. Nach einer Weile wurde ich an den jüdischen Stamm der Banu Quraida verkauft, die in Medina lebten. So kam ich doch noch nach Arabien. Mein Besitzer hatte einen Verwandten in Quba. Dieser kam nach Medina und berichtete, dass der Prophet in Medina angekommen sei. Bei Allah, ich befand mich auf einer Palme und arbeitete für meinen Besitzer, während dieser darunter saß. Ich hörte, dass sie sich über die Chazradsch wunderten, weil diese sich um einen Propheten scharten, der aus Mekka gekommen war und sich gerade in Quba befand.
Als ich das hörte, zitterte ich am ganzen Körper, sodass ich fürchtete, ich würde vom Baum fallen. Ich stieg von der Palme herab und lief zu dem Mann, um ihn zu befragen.
Darüber ärgerte sich mein Besitzer, schlug mir heftig ins Gesicht und schickte mich wieder zur Arbeit. Es gelang mir aber noch am gleichen Abend, mit etwas Essen, das ich aufgespart hatte, zum Propheten nach Quba zu laufen.
Als ich bei ihm ankam, sagte ich ihm, dass ich gehört hätte, dass er ein rechtschaffener Mensch sei und auch mittellose Gefährten bei sich habe, die mit ihm von dem, was ich als Almosen anbot, essen sollten. Der Prophet sagte zu seinen Gefährten: „Esst davon“; er selber aber nahm nichts.
Nach diesem Zeichen war Salman gespannt, ob er die nächsten Zeichen sehen würde. Er stellte einige Dinge zusammen, brachte sie ihm später, als der Prophet in Medina war und sagte: „Ich habe gesehen, dass du nicht von Almosen isst, dies ist aber etwas, das ich dir schenken möchte!“
Als der Prophet Muhammad davon aß und zugleich seinen Gefährten etwas abgab, hatte Salman ein weiteres Zeichen. Schließlich sah er ihn auf dem Friedhof von Baqi´ in Medina bei einer Beerdigung. Er grüßte ihn und beugte sich neugierig nach hinten, um seinen Rücken zu sehen.
Da der Prophet wusste, was Salman so interessierte, nahm er den Mantel ab, und Salman erblickte das Siegel der Prophetenschaft, das ihm sein Lehrer einst beschrieben hatte. Betroffen und weinend küsste er das Siegel auf seinem Rücken und verkündete seinen Islam.[100]
Der Prophet blieb einige Tage beim Stamm der Banu Amr Bin Auf. Während dieser Zeit legte er in Quba das Fundament der ersten islamischen Moschee.
Ali, der drei Tage gehabt hatte, um alle Wertsachen, die dem Propheten anvertraut worden waren, an ihre Besitzer zurückzugeben, war inzwischen aus Mekka eingetroffen.
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angsam ritt der Prophet auf seiner Kamelstute Qaswa inmitten einer Menschenmenge durch Medina.[101] Viele Muslime näherten sich dem Propheten, berührten Qaswas Zügel und baten: „O Gesandter Allahs, bleibe bitte bei uns!“
„Lasst sie weiterziehen, denn sie steht unter dem Befehl Allahs“, erklärte der Prophet lächelnd. Nach einer Weile verließ die Kamelstute die Straße und kniete auf einem Platz nieder, der zum Trocknen der Datteln genutzt wurde.
Der Prophet stieg ab und fragte, wessen Haus diesem Ort am nächsten sei. Abu Ayyub sagte: „Meines, o Gesandter Allahs“. Er hatte die Ehre, der Gastgeber des Propheten zu sein. Abu Ayyub[102] band das Gepäck los und brachte es in sein Haus. Er konnte kaum glauben, dass er der Gastgeber des Propheten sein darf.
Die Bewohner Medinas berichteten später, dass es nie einen fröhlicheren Tag in Medina gegeben hatte als diesen.
Der Prophet wollte nun wissen, wem der Platz gehörte, auf dem die Kamelstute sich niedergelassen hatte.
Es dauerte nicht lange, bis die Besitzer des Grundstücks, Sahl und Suhail, zwei Waisen, ausfindig gemacht waren. Der Prophet fragte, ob sie diesen Platz verkaufen möchten. Sie wollten ihn aber dem Propheten schenken.
Der Prophet wollte aber nicht den Besitz der Waisen geschenkt haben, deshalb wurde der Platz gekauft.
„Hier, so Allah will, ist die Niederlassung“, erklärte der Prophet. Sofort wurde mit dem Bau einer Moschee begonnen. Sie sollte ein Ort des Gebets, des Wissens und eine Versammlungsstätte für die Muslime werden. An einer Seite der Moschee wurden einfache Räume als Wohnung für den Propheten gebaut.
Abu Bakrs Frau Umm Rumman und ihre Kinder kamen auch bald an. Mit dieser Auswanderung verlor Abu Bakr seinen Besitz in Mekka.
Bald wurde das bescheidene Haus des Propheten fertig. Er schickte Zaid um Sauda, seine zwei Töchter Umm Kulthum und Fatima, aber auch Zaids Frau Baraka und ihren kleinen Sohn Usama aus Mekka zu holen.
Sauda verwaltete das Haus des Propheten, als dieser kurz nach ihrer Ankunft in Medina Abu Bakrs Tochter Aischa heiratete. Aischa kannte Muhammad seit ihrer Kindheit und wusste, dass er der Gesandte Allahs war. Sie hörte immer wieder Gutes über ihn und mochte ihn sehr gerne. Seine Eheschließung mit Aischa machte nicht nur die Braut glücklich, sondern auch ihre Eltern, die diese Ehre wohl zu schätzen wussten. Sie war schon früher verlobt gewesen mit einem anderen Mann, der diese Verlobung zu ihren Ehren löste, weil sie Muslima war.
Die Ehe des Propheten mit der jungen Aischa belastete Sauda nicht. Ihr wurde bald klar, wie wissensdurstig dieses Mädchen war, das von Allah eine große Aufnahmefähigkeit geschenkt bekommen hatte und ihr Wissen den Muslimen und der ganzen Menschheit einst zurückgeben sollte, wenn die Zeit dafür reif sein würde.
Aischa war die Tochter des ersten und wichtigsten Helfers des Propheten, des Mannes, der ihm am liebsten war und am nächsten stand.
Wegen Aischas Herkunft und der Liebe des Propheten zu ihr räumte Sauda ihr bald die erste Stelle im Haus des Propheten und in der Gemeinde ein. Nach Berichten der Muslime soll Sauda zur Zeit ihrer Heirat mit dem Propheten schon recht alt gewesen sein, und damit wollte er ein gütiges Vorbild für seine Gemeinde sein. Jeder sollte sich um jeden kümmern und die Chance haben zu heiraten, ob alt und jung.
Sauda war klar, dass Muhammad sie nicht weltlicher Dinge wegen geheiratet hatte. Sie selber sagte: „Bei Allah, ich lege keinen Wert darauf, Ehemänner zu bekommen, jedoch wünsche ich mir, dass Allah mich am Jüngsten Tage als Ehefrau des Gesandten wiederauferstehen lässt. Ich werde meine Nacht Aischa schenken!“
Der Prophet war tief beeindruckt von ihrer Bescheidenheit und Großzügigkeit. Aischa war Sauda sehr dankbar für die zusätzliche Nacht. Der Verzicht stärkte die Bindung zwischen den beiden Frauen, und Sauda führte ein glückliches Leben im Hause des Propheten.[103]
Wie die anderen Gläubigen war Aischa der Überzeugung, dass der Gesandte Allahs seine Ehen geschlossen hatte, weil diese für die Gemeinschaft gut waren –nicht zur Befriedigung persönlicher Begierden.[104]
Die islamische Gemeinde wurde gegründet, und ab sofort sollte niemand mehr seines Glaubens oder seiner Herkunft wegen benachteiligt werden. Der Prophet Muhammad verurteilte die Unterdrückung der Frauen, Kinder und Sklaven und erklärte Medina zu einer offenen Stadt der Toleranz und Verständigung. Seine Güte und Barmherzigkeit war nicht nur auf die Menschen, sondern ebenso auf die Tiere, die Pflanzen und alle anderen Geschöpfe verteilt.[105]
Die Frauen in Medina bekamen Rechte, von denen sie vorher nicht einmal geträumt hatten. Sie durften nicht mehr ohne ihre Zustimmung verheiratet werden, durften Besitz haben und hatten ein Recht auf das Erbe ihrer Verwandten und Ehemänner.
Der Prophet kümmerte sich auch um das Wohlergehen der Kinder. Er wies die Muslime an, sowohl Mädchen als auch Jungen Lesen und Schreiben zu lehren. Er war bekannt für seine Freundlichkeit gegenüber Kindern.
Schwache und Starke wurden gleich behandelt. Der Prophet lehrte die Muslime, dass es gottgefällig sei, Sklaven die Freiheit zu schenken. So kamen viele Sklaven frei. Die Offenbarungen schrieben den Muslimen vor, dass jeder Wohlhabende pro Jahr 2,5% seines Besitzes an die Armen abgeben sollte – die sogenannte Zakat. Der Armut wurde der Kampf erklärt.
In Medina, der Stadt des Propheten, waren bald fast alle Muslime. Allmählich lebten sich die Auswanderer aus Mekka ein und bekamen den Namen Muhadschirun, Auswanderer. Die Muslime aus Medina wurden vom Propheten Ansar genannt – Helfer, denn sie halfen ihren Brüdern und Schwestern aus Mekka. Sie nahmen sie in ihren Häusern auf, und alles, was sie besaßen, teilten sie mit ihnen, da die Auswanderer all ihre Habe in Mekka hatten zurücklassen müssen.
Die Muslime richteten ihr tägliches Leben und ihre gemeinsamen Angelegenheiten nach den Lehren des Islam aus, die jeder leicht praktizieren konnte. Der Prophet achtete darauf, dass die Menschen in der Religion nicht übertrieben und sich damit ihr Leben erschwerten.[106]
Er gab der neuen Gesellschaft eine Ordnung, stellte Regeln für das Zusammenleben auf. Er schaffte die Blutrache ab und stellte Frieden zwischen den verschiedenen Stämmen her.
Es wurde auch das Verhältnis zu den Nichtmuslimen, vor allem zu den jüdischen Stämmen, geregelt, welche ein Teil der neuen Gesellschaft bleiben sollten.
Der Prophet schloss ein Abkommen mit den Juden, in dem Muslimen und Juden ähnliche Rechte gegeben und Pflichten abverlangt wurden, damit Gerechtigkeit herrschte.[107]
Dieses Abkommen wurde „der Vertrag von Medina“ genannt. Jener Vertrag und die Aussagen des Korans wurden eine Basis für das Leben von Juden und Christen in muslimischen Gesellschaften.[108]
Viele Juden schätzten die Toleranz und Großzügigkeit des Propheten und seiner Lehre. Aber vor allem einige Oberhäupter der jüdischen Stämme, waren nicht zufrieden, weil Allah Seinen letzten Propheten unter den Arabern erwählt hatte. Nun war das Prophetentum von den Kindern Isaaks auf die Kinder Ismaels übergegangen. Ein weiterer Grund war, dass durch die neuen Verhältnisse in Medina der Einfluss der jüdischen Stämme geringer wurde.
Einige der Angehörigen der jüdischen Stämme wurden Muslime. Dies war für sie nicht immer einfach. Einer von ihnen war ein angesehener und gelehrter Rabbi namens Hussain Bin Salam. Er hatte keinen Zweifel daran, dass Muhammad der Gesandte Allahs war, über den in den Schriften der Juden und Christen berichtet worden war.
Ibn Salam ging heimlich zum Propheten, um ihm mitzuteilen, dass er Muslim werden wollte. Er schlug vor, dass der Prophet die jüdischen Gelehrten befragen sollte, was sie über ihn, Ibn Salam, dachten, bevor sie wüssten, dass er Muslim geworden war.
Dies tat der Prophet. Während der Rabbi sich in seinem Haus verbarg, fragte Muhammad die Delegation der Juden, was sie über Ibn Salam halten.
Einstimmig antworteten sie: „Er ist unser Gelehrter, Sohn unseres Gelehrten, unser Oberhaupt und der Sohn unseres Oberhauptes!“
Der Prophet sagte: „Was ist, wenn er Muslim würde?“ Sie antworteten: „Allah bewahre ihn davor, das würde er nie tun!“
Nun kam Ibn Salam heraus und sagte, dass er Muslim geworden ist. Als die Gelehrten dies hörten sagten sie: „Ibn Salam ist der Boshafteste unter uns und der Sohn eines Boshaften!“ Ibn Salam sagte: „Ihr Juden, ihr wisst, dass dieser Mann der Prophet Allahs ist, der in der Thora mit seinem Namen und seinen Eigenschaften erwähnt wird, also fürchtet Allah und nehmt an, was Er euch gesandt hat!“ Dann erklärte er, dass er selbst und seine gesamte Familie den Islam angenommen hatten. Sie beschimpften ihn und gingen.[109]
Es gab auch Gegner des Propheten unter den Aus und den Chazradsch; diese waren entweder beim Götzendienst geblieben oder zum Schein Muslime geworden, um Vorteile zu bekommen. Diese Gruppe verbündete sich mit den Gegnern aus den jüdischen Stämmen.
Das Oberhaupt der Heuchler war ein bedeutender Mann – Abdullah Bin Ubay Bin Salul[110] - eines der Stammesoberhäupter der Chazradsch, der nicht nur an Macht verloren hatte, sondern auch zusehen musste, wie sein Sohn, der ebenfalls Abdullah hieß, und seine Tochter Dschamila Muslime wurden.
Es gab auch jüdische Rabbiner, die sich in heuchlerischer Weise zum Islam bekannten, um Zweifel unter den Muslimen zu säen. Einer von ihnen war Zaid Bin Al-Lusayt. Als sich einmal das Kamel des Propheten verlaufen hatte, spottete er: „Muhammad soll Botschaften aus dem Himmel empfangen, während er nicht einmal weiß, wo sein Kamel sich gerade befindet!“
Nachdem Allah es ihn wissen ließ, sagte der Prophet: „Bei Allah, ich weiß nur Dinge, die mich Allah wissen lässt, und Er hat es mir gezeigt, es ist in jenem Tal, und es verfing sich mit seinem Zügel an einem Baum.“ Sogleich machten sich einige Muslime auf den Weg und fanden das Kamel an der Stelle, die der Prophet ihnen genannt hatte und in dem Zustand, wie er es beschrieben hatte.[111]
Eines der einflussreichsten und ältesten Oberhäupter der Banu Qaynuqa war Shas Bin Qays. Ihn ärgerte die neue friedliche Ordnung und die Verbrüderung zwischen den beiden großen Stämmen in Medina und zwischen den Muhadschirun und den Ansar, also den Auswanderern und den Helfern.
Er beauftragte einen jungen Sänger damit, sich zwischen die Männer zu setzen, wenn Angehörige der Aus und der Chazradsch zusammen saßen, und alte Gedichte vorzutragen, die während des Krieges von Dichtern beider Stämme verfasst worden waren. Es handelte sich um Verse, in denen die Stämme sich selbst als tapfer beschrieben und den Feind beschimpften; auch vielfältige Erinnerungen an die Gefallenen wurden geweckt und Rache geschworen.
Als die Aus und die Chazradsch wieder einmal friedlich beieinander saßen, tat der Sänger, was Shas Bin Qays ihm gesagt hatte. Er trug Gedichte über die Schlacht von Bua’th vor. Mit seiner schönen Stimme konnte er tatsächlich die Männer an die schreckliche vorislamische Vergangenheit erinnern und alte Wunden aufreißen.
Zwei Männer beider Stämme begannen sich zu streiten. Schon riefen manche: „Greift zu den Waffen!“
Schnell wurde der Prophet benachrichtigt. Er eilte mit einigen Auswanderern zu dem Platz, wo die beiden Gruppen sich gerade voller Wut aufeinander stürzen wollten und rief: „O ihr Muslime, Allah, Allah! Wollt ihr euch so verhalten wie in den Tagen der Unwissenheit, jetzt, wo ich unter euch bin? Nachdem Allah euch zum Islam rechtgeleitet hat, euch damit geehrt hat, euch von euren Sitten aus der Zeit der Unwissenheit befreit, euch vor dem Unglauben gerettet und eure Herzen vereint hat?“
Die Worte aus dem Mund des Propheten beruhigte die Zornigen wieder und erinnerte sie daran, dass der Islam ihre Herzen längst versöhnt und sie zu einander liebenden Geschwistern gemacht hatte. Sie schämten sich ihres Verhalten und erkannten, dass sie betrogen worden waren. Weinend umarmten sie einander und gingen mit dem Propheten zur Moschee.[112]
Nachdem nun viele Bewohner Medinas Muslime geworden waren, war es notwendig geworden, einen Weg zu finden, sie zum gemeinsamen Gebet in die Moschee zu rufen. Anfangs waren die Muslime ohne Aufforderung zur richtigen Zeit zum Propheten gekommen; das war nun nicht mehr so einfach. Der Prophet und die Muslime überlegten, was zu tun wäre. Sie dachten an ein Horn oder eine Glocke, um die Muslime zu rufen.
Abdullah Bin Zaid hatte einen Traum. Gleich nachdem er wach wurde, ging er aufregend zum Propheten und sprach: „O Gesandter Allahs, in der letzten Nacht sah ich im Traum, wie ein grün gekleideter Mann mit einer Glocke in der Hand an mir vorbeiging. Ich habe ihn gefragt: ‚Würdest du mir diese Glocke verkaufen?’ ‚Was hast du damit vor?’, fragte er mich. ‚Damit zum Gebet rufen’, antwortete ich ihm. ‚Soll ich dir etwas Besseres zeigen?’, entgegnete er. ‚Was wäre das denn?’, fragte ich.
Da sagte er: ‚Rufe viermal: Allahu akbar, Allah ist groß! und jeweils zweimal: Aschhadu an la ilaha illa Allah - ich bezeuge: Es gibt keine Gottheit außer Allah! Aschhadu anna Muhammadan Rasulullah - ich bezeuge: Muhammad ist der Gesandte Allahs! Hayya alas Salat - kommt zum Gebet! Hayya alal Falah - kommt zum Heil! Allahu akbar - Allah ist groß! Und dann zuletzt einmal: La ilaha ila Allah - es gibt keine Gottheit außer Allah.’“
Als der Prophet das hörte, rief er: „Ein wahrer Traum, so Allah will! Du sollst zu Bilal gehen und es ihm beibringen und er soll damit zum Gebet rufen; denn seine Stimme ist kräftiger als deine!“
Gewiss war die Kehle Bilals, auf dessen Körper Umayya einst den schweren Stein gelegt hatte und der in der Hitze Mekkas so grausam gefoltert worden war, diejenige, die es verdiente, den Ruf der Einzigkeit Allahs laut und herrlich zu verkünden, sodass sie die Weiten des Himmels durchdrang und alle Menschen erbeben ließ. Ein Ruf, der seitdem fünfmal am Tag die Einheit und Großartigkeit Allahs in arabischer Sprache verkündet, ohne dass eine einzige Silbe geändert wurde.
Umar befand sich in seinem Haus, als er Bilals Stimme, die zum Gebet rief, hörte. Er rannte, sein Gewand über den Boden schleifend, zum Propheten und sprach: „O Prophet Allahs! Ich schwöre bei Dem, Der dich mit der Wahrheit sandte, ich hatte den gleichen Traum!“
„Allah sei gelobt dafür“, rief der Prophet.[113]
A |
ls die Muslime auch in Medina keine Ruhe vor den Quraisch hatten- die Verschleppung Ayashs war nur ein Fall von vielen - empfing der Prophet Allahs Erlaubnis, sich aktiv zu verteidigen.
Bisher war es den Muslimen untersagt gewesen, sich zu wehren. Die Verse lauteten: „Die Erlaubnis [sich zu verteidigen] ist denjenigen gegeben, die bekämpft werden, weil ihnen ja Unrecht zugefügt wurde - und Allah hat wahrlich die Macht, sie zum Sieg zu führen. Jene, die schuldlos aus ihren Häusern vertrieben wurden, nur weil sie sagen: ‚Unser Herr ist Allah.’ Und wenn Allah nicht die einen Menschen durch die anderen zurückgehalten hätte, so wären gewiss Mönchsklausen, Kirchen, Synagogen und Moscheen, in denen der Name Allahs häufig genannt wird, niedergerissen worden. Und Allah wird ganz gewiss denjenigen zum Sieg verhelfen, die Ihm helfen. Allah ist wahrlich Stark und Allmächtig.“[114]
Um aber die Regeln dieser Verteidigung zu bestimmen, offenbarte Allah: „Und kämpft gegen sie, bis es keine Verfolgung mehr gibt und bis aller Glaube Allah gehört. Wenn sie aber aufhören, dann darf es keine Gewalttätigkeit geben außer gegen diejenigen, die Unrecht tun.“[115] Und weiter: „Überschreitet nicht das Maß, wahrlich, Allah liebt die Maßlosen nicht.“[116]
Offensichtlich waren die Götzendiener davon ausgegangen, dass die Muslime sich nie verteidigen würden und man sie auch in Medina verfolgen und ausplündern konnte.
Die Muslime wussten, dass es ohne Verteidigung keinen Frieden und keine Freiheit geben würde. Aber ohne einen Befehl von Allah durften sie nichts unternehmen - ganz gleich, wie gern sich manche von ihnen von Anfang an verteidigt hätten, um der Gewalt und dem Morden ein Ende zu setzen. Wichtig war aber auch die Frage, wie sich die friedlichen und mittellosen Gläubigen überhaupt gegen die mächtigen Quraisch wehren sollten.
Die Quraisch schickten einen Brief an Ubay Bin Salul, der als Kopf der Heuchler bekannt war, und verlangten von ihm, er solle den Gesandten ermorden oder wenigstens verfolgen. Täte er das nicht, würden sie sich versammeln, Medina angreifen, alle Männer töten und die Frauen verschleppen.
Ibn Salul freute sich über diesen Brief, denn er sicherte ihm Unterstützung aus Mekka. Er versuchte, alle Götzendiener und Heuchler zu vereinen, um die Muslime zu bekämpfen. Es dauerte nicht lange, und der Gesandte erfuhr davon. Er ließ seine Gegner kommen, stellte sie zur Rede und konnte das Feuer ihres Hasses durch seine Weisheit löschen.[117]
Die Situation für die Muslime in Medina war also ernst. Das hinderte sie jedoch nicht daran, fleißig zu arbeiten und nach den Gesetzen des Korans zu leben. Sie begannen, um Medina herum Friedensabkommen mit den Stämmen zu schließen, Gerechtigkeit herzustellen und die Stadt vor Straßenräubern und ähnlichem sicher zu machen.
Die Bildung des islamischen Staates war den Mekkanern ein Dorn im Auge, und sie sammelten Kräfte, um ihn zu vernichten. Auch versuchten sie, die gesamte arabische Halbinsel gegen Muhammad und seine Gefährten aufzubringen. Das Hab und Gut, das die Muslime in Mekka zurückgelassen hatten, wurde von den Götzendienern geraubt und auf Kamele geladen, um es zu verkaufen.
Eine dieser Karawanen wurde von Abu Sufyan nach Syrien geführt. Auf dem Weg zurück nach Mekka musste er nah an Medina vorbei. Die Muslime, die von der Karawane wussten, wollten sie abfangen, um einen Teil ihrer Habe von den Quraisch zurückzuerobern. Die Nachricht von der militärischen Bewegung der Muslime erreichte Abu Sufyan. Er blieb vorsichtig und bereitete einen Boten vor, Damdam Bin ‘Amr, den er eilends mit dem Befehl nach Mekka schickte, die Quraisch von der notwendigen Verteidigung ihrer Güter zu überzeugen und davon, dass die Karawane in Gefahr sei. Er sollte alles Mögliche machen, um Hilfe zu holen.
Drei Nächte vor der Ankunft des Boten in Mekka hatte Atika, die Tante des Propheten, einen Traum, der sie sehr bewegte. Sie rief nach ihrem Bruder Abbas und erzählte ihm davon, bat ihn jedoch, niemandem von dem Traum zu erzählen.
„Was hast du im Traum gesehen?“, fragte Abbas neugierig.
„Ich sah einen Mann auf einem Kamel reiten, im Tal hielt er an. Dann rief er mit schrecklicher Stimme: ‚Lauft, ihr hinterhältigen Quraisch, in euer Unglück, das euch in drei Tagen erwartet!’ Ich sah, wie die Leute sich um ihn versammelten. Dann betrat er die Moschee und die Menschen folgten ihm. Währenddessen sprang er mit seinem Kamel auf das Dach der Kaaba und rief wieder: ‚Lauft, ihr Hinterhältigen, in euer Unglück, das euch in drei Tagen niederwerfen wird!’ Dann gelangte er mit seinem Kamel auf den Gipfel des Abu Qubays und rief: ‚Lauft, ihr Hinterhältigen, in euer Unglück, das euch in drei Tagen niederwerfen wird!’ Kurz darauf nahm er einen Felsbrocken und schleuderte ihn hinunter. Als der Stein unten aufschlug, zerbrach er in tausend Stücke und seine Splitter trafen jedes Haus in Mekka.“[118]
Abbas wunderte sich über den Traum und sagte zu seiner Schwester: „Bei Allah, das ist ein wahrer Traum, den du geheim halten solltest!“ Dann ging er in die Stadt und war so beunruhigt, dass er ihn selber nicht geheim halten konnte. Auf dem Weg traf er seinen Freund Walid Bin Utba.
Er erzählte ihm den Traum der Schwester und bat ihn, nicht mit anderen darüber zu sprechen. Walid aber erzählte es seinem Vater Utba. Es dauerte nicht lange, bis ganz Mekka darüber redete.
Am Tage darauf ging Abbas, um einen Tawaf zu verrichten, also die Kaaba zu umschreiten. Währenddessen saß Abu Dschahl mit einigen Leuten der Quraisch beisammen; sie sprachen über Atikas Traum.
Abu Dschahl rief Abbas zu: „O Abbas, wenn du mit deinem Tawaf fertig bist, komm zu uns!“
Als Abbas fertig war, ging er zu ihnen. Abu Dschahl fragte ihn bösartig: „O ihr Söhne Abdul-Muttalibs, seit wann sieht diese Prophetin unter euch Dinge voraus? Seid ihr nicht damit zufrieden, dass eure Männer prophezeien, tun das nun auch eure Frauen?“
Abbas fragte, was er damit meinte.
Abu Dschahl erwiderte: „Atikas Traum, in dem jemand gesagt haben soll: ‚Lauft, ihr Hinterhältigen, in euer Unglück, das euch in drei Tagen niederwerfen wird!’ Wir werden drei Tage warten! Wenn es stimmt, was sie sagt, wird es so sein; wenn aber die drei Tage um sind und nichts passiert ist, werden wir ein Schreiben über euch veröffentlichen, dass ihr die größte Lügnerfamilie unter allen Arabern seid!“
Abbas, dem nichts einfiel, was er Abu Dschahl erwidern konnte, schwieg und ging nach Hause.
Die Frauen der Sippe Abdul-Muttalib tadelten ihn: „Bist du zufrieden, dass der bösartige Abu Dschahl zuerst über die Männer herfällt und nun auf diese Weise auch noch über die Frauen schlecht redet? Wie kannst du bei so etwas einfach zuhören?“
„Bei Allah, ich habe keine passende Antwort gefunden, werde ihn aber morgen herausfordern, und wenn er es wiederholt, werde ich mit ihm machen, was euch zufrieden stellt!“
Am nächsten, also am dritten Tag nach Atikas Traum, ging Abbas wütend zur Kaaba und wollte tun, was er am Tag zuvor versäumt hatte. Er sah Abu Dschahl. Er näherte sich ihm, um ihn zu provozieren, damit er das, was er am Tag zuvor gesagt hatte, wiederholte.
Abu Dschahl war ein lebhafter Mann mit harten Gesichtszügen, scharfer Zunge und scharfem Blick. Noch bevor Abbas ihm etwas sagen konnte, erhielt Abu Dschahl seine Antwort – so heftig, dass die Felsen des Abu Qubays von der lauten Stimme des Boten Abu Sufyans widerhallten: Das war Damdam!
Als der Bote das Innere des Tals von Mekka erreicht hatte, verstümmelte er seinem Kamel die Nase, sodass Blut aus ihr rann. Er drehte den Sattel herum und ritt stehend weiter, nachdem er sein Hemd vorn und hinten zerrissen hatte; dabei schrie er: „O ihr Quraisch! Das Geld und der Handel! Euer Vermögen, das Abu Sufyan verwaltet, ist in Gefahr, Muhammad und seinen Gefährten in die Hände zu fallen. Ich weiß nicht, ob ihr es noch zu fassen bekommt! Zu Hilfe! Zu Hilfe!“
Das ganze Theater machte er als Zeichen eines drohenden Unheils. Abu Sufyan hatte ihn reichlich bezahlt, sodass er seine Rolle so glaubwürdig spielte wie nur möglich.
Abu Dschahl und seine Männer machten sich bereit. Kein Sippenführer oder Kampffähiger blieb zurück - nur Abu Lahab, der an seiner Stelle einen Mann namens Al-Asi Bin Hischam schickte, der ihm viertausend Dirham[119] schuldete und seine Schulden nicht bezahlen konnte. Als Gegenleistung für das Erlassen der Schuld sollte Al-Asi an Abu Lahabs Stelle in den Krieg ziehen.
Von den Oberhäuptern der Quraisch wollte auch Bilals ehemaliger Besitzer Umayya Bin Chalaf, ein dicker, hochnäsiger alter Mann, zurückbleiben, worauf Uqba mit einer Weihrauchschale zu ihm zur Kaaba ging. Uqba stellte das Räuchergefäß vor seine Nase und spottete: „Parfümiere dich damit, du gehörst ja zu den Frauen!“
„Allah verfluche dich und das, womit du gekommen bist!“, schimpfte Umayya und nahm die Herausforderung an, indem er sich vorbereitete, mit den anderen in den Kampf zu ziehen.[120]
N |
un stand die kleine Gruppe der Muslime vor der Entscheidung, sich dem Feind zu stellen oder nach Medina zurückzukehren und die Quraisch dort zu erwarten. Der Prophet fragte nach der Meinung seiner Gefährten und Freunde.
Abu Bakr, Umar und Al-Miqdad sprachen für die Auswanderer. Sie waren dafür, dass der Angriff der Mekkaner außerhalb Medinas erwartet wird. Al-Miqdad sagte: „O Gesandter Allahs! Gehe dorthin, wohin Allah dir den Weg zeigt. Und wir sind mit dir. Wir werden nie sagen, wie die Kinder Israels zu Moses gesagte hatten: ‚Gehe doch du und dein Herr hin und kämpft! Wir bleiben hier sitzen.’[121] Nein, wir sagen dir: ‚Gehe du mit deinem Herrn und kämpft! Wir werden zusammen mit euch kämpfen!’“
Der Prophet sprach Segenswünsche ihn. Dann sagte er zu den Helfern: „Ihr Leute, gebt mir einen Rat!“ Saad Bin Mu’adh, ihr Anführer, fragte: „Bei Allah, das klingt so, als ob du uns meintest, o Gesandter Allahs?“
Der Prophet sagte: „Ja!“ Saad sagte: „Wir glauben an dich und bezeugen, dass das, womit du gesandt bist, die Wahrheit ist. Darauf haben wir den Treueid geschworen, um dir zu gehorchen. Also entscheide, was du möchtest, und wir sind mit dir! Ich schwöre bei Allah, Der dich mit der Wahrheit sandte, auch wenn du uns den Befehl geben würdest, dieses Meer zu durchqueren, würden wir es machen, und kein einziger Mann von uns würde zurückbleiben. So führe uns mit Allahs Segen!“[122]
Diese Worte erfreuten den Propheten. Er rief: „Dann zieht weiter! Und seid frohen Mutes, denn Allah, der Höchste, hat mir versprochen, dass wir eines von beiden bekommen: die Karawane oder den Sieg über das Heer der Quraisch, und bei Allah, mir ist so, als würde ich schon das besiegte Volk sehen!“
Sie rüsteten sich und brachen auf. Der Prophet und seine Gefährten hatten nur siebzig Kamele, auf denen sie abwechselnd ritten. Muhammad teilte den Rücken eines Kamels mit Ali und Marthad. Er wollte nicht die gesamte Zeit reiten und andere zu Fuß gehen lassen.[123]
Als sie in der Nähe von Badr[124] lagerten, schickte der Prophet am Abend Az-Zubair und Saad Bin Abi Waqqas[125] mit anderen Männern zum Brunnen von Badr, um Ausschau zu halten. Dort trafen sie zwei Sklaven, die Wasser für die Quraisch holen wollten. Sie nahmen die beiden mit und begannen, sie zu befragen, während der Prophet sein Gebet verrichtete.
Gleich am Anfang sagten die Sklaven, dass sie von den Quraisch zum Brunnen geschickt wurden, um Wasser zu holen. Az-Zubair und Saad hofften, die beiden würden zur Karawane Abu Sufyans gehören, deshalb schlugen sie die Männer, bis sie sagten, sie sind für Abu Sufyan unterwegs. Erst dann ließ man sie in Ruhe.
Nachdem er sein Gebet beendet hatte, sprach der Prophet: „Sie sagten euch die Wahrheit und ihr habt sie geschlagen, dann haben sie gelogen, und ihr habt sie in Ruhe gelassen. Bei Allah, sie sagten die Wahrheit, sie gehören zu den Quraisch.“ Dann fragte er die beiden freundlich, wo die Quraisch seien.
„Sie sind hinter diesem Hügel, den du dort neben dem Tal siehst.“
Der Prophet fragte: „Wie viele?“
„Sehr viele.“
Da sie mit Zahlen wahrscheinlich wenig anfangen konnten, fragte er: „Wie viele Tiere schlachten sie jeden Tag?“
„Manchmal neun, manchmal zehn“, antworteten sie.
„Es sind zwischen neunhundert und tausend Menschen“, schätzte der Prophet.
„Welche Anführer der Quraisch haben sie dabei?“
“Abu Dschahl, Umayya, Amr Bin Abdu-Wadd, Nadir, Utba, Schayba, Abul Bachtari, Hakim, Naufal, Harith…!“[126]
Die beiden Armeen marschierten zu den Brunnen von Badr.
Die Muslime beeilten sich und erreichten sie zuerst und schlugen ihr Lager vor den Brunnen auf, so dass die Brunnen zwischen ihnen und dem Feind lagen. Einer der Gefährten, der Hubab Bin Al-Munthir hieß, fragte den Propheten: „Ist dies ein Lagerort, welcher dir von Allah befohlen wurde?“ Der Prophet verneinte, daraufhin sagte Hubab: „So ist dies kein guter Lagerort, lass das Lager hinter den Brunnen aufschlagen, dann haben wir Wasser und die Quraisch nicht!“ Der Prophet folgte dem Rat Hubabs. Damit hatten die Muslime einen Vorteil bekommen.
In der Nacht vor der Schlacht hatte Dschuhaym Bin As-Salt von der Sippe der Muttalib einen Traum: „Ich hatte einen Traum zwischen Schlafen und Wachen; ich sah, wie ein Mann sich den Pferden näherte und stehen blieb. Er hatte ein Kamel bei sich und sagte: ‚Utba und Schayba, Abu Dschahl und Umayya sind getötet!’“ Er nannte noch einige Männer und sagte weiter: „Dann erstach er sein Kamel mit seinem Dolch und ließ es durch das Heer laufen. Es gab kein Zelt im ganzen Lager, dass nicht mit Blut befleckt wurde!“
Als er seinen Traum Abu Dschahl erzählte, rief dieser lachend: „Da haben wir also noch einen weiteren Propheten unter den Söhnen Muttalibs! Morgen, wenn wir aufeinander treffen, wird er wissen, wer getötet wird!“[127]
Inzwischen hatte Abu Sufyan seine Karawane in Sicherheit gebracht. Er schickte einen Boten zu den Quraisch und ließ ihnen ausrichten: „Ihr seid unterwegs, um die Karawane, die Männer und eure Güter zu retten. Sie wurden gerettet und sind gut angekommen, nun kehrt wieder zurück!“
Abu Dschahl aber widersprach: „Nein! Wir werden nicht umkehren, bevor wir Badr erreicht haben! Wir wollen drei Tage dort bleiben, Kamele schlachten, essen, Wein trinken, und die Sklavinnen sollen für uns singen. Die Araber werden von unserer Versammlung hören. Danach werden sie uns für immer schätzen. Geht nur weiter!“
Achnas jedoch ermahnte seine Leute, nicht auf Abu Dschahl zu hören und kehrte mit ihnen zurück nach Mekka.[128] Gleich danach kehrte auch Talib mit den Banu Haschim zurück. Dabei stritten einige Männer der Quraisch sich mit ihnen und beschuldigten sie: „Wir wissen, dass ihr Muhammad liebt, obwohl ihr mit uns seid.“
In dieser Zeit machte Utba Bin Rabi’a, der zwar ein Gegner des Propheten war, einen Kampf aber nicht gern wollte, noch einen Versuch, seine Leute zur Vernunft zu bringen: „In diesem Krieg wird es keinen Gewinner geben! Selbst wenn ihr Muhammad und seine Gefährten besiegt, so werdet ihr euch später nicht mehr ins Gesicht sehen können. Die Männer da drüben sind eure Verwandten! Nach dem Kampf werdet ihr euch gegenseitig dafür hassen, dass ihr eure Verwandten getötet habt. Kehrt lieber zurück!“
Aber Abu Dschahl beschimpfte Utba als Feigling: „Er hat Angst, als er Muhammad und seine Gefährten sah! Aber nein, wir werden nicht zurückkehren. Utba hat nur gesehen, dass Muhammad und seine Gefährten nicht mehr sind als etwas Futter für ein Kamel, und weil sein Sohn Abu Hudhayfa unter ihnen ist, um den er Angst hat!“
Als es Nacht wurde, „senkte Allah einen friedlichen Schlaf auf die Gläubigen“[129], aus welchem sie frohen Mutes und erholt erwachten.
Die Sonne ging auf; der Morgen der Schlacht brach an. Die Quraisch rückten näher und begannen sich auf dem Hügel zu zeigen. Als sie den Gipfel erreicht hatten und der Prophet die stark bewaffneten Truppen, die nach Blutvergießen riefen, zahlreich in Richtung Badr herabkommen sah, rief er aus: „O Allah, dies sind Quraisch, die mit ihrer Eitelkeit gekommen sind und Dich und Deinen Propheten verleugnen. O Allah, gib uns Deine Hilfe, die Du mir versprochen hast! O Allah, vernichte sie am heutigen Morgen!“
Sobald die Quraisch ihr Lager am Fuß des Hügels aufgeschlagen hatten, sahen sie die wenigen Muslime, die ihnen gegenüberstanden wie ein kleiner weißer Fleck auf einem schwarzen Kamel, gegenüber der Zahl der Quraisch. Sie schickten Umair Bin Wahb als Kundschafter, um herauszufinden, ob weitere Verstärkung da wäre. Er kehrte zurück und gab bekannt, dass keine anderen Muslime, außer denen, die man sah, in der ganzen Gegend seien.
Der Prophet begann die Reihen der Gläubigen zu ordnen, während er einen Pfeil in der Hand trug. Einem Helfer namens Sawad, der von der Reihe abwich, tippte er mit dem Pfeil auf den Bauch.
„Steh’ gerade, Sawad!“
„O Gesandter Allahs, du hast mir wehgetan! Weil Allah dich mit Wahrheit und Gerechtigkeit entsandt hat, gib mir mein Recht zurück!“
Ohne zu zögern gab der Prophet Sawad seinen Pfeil, zeigte ihm seinen Bauch und forderte ihn auf, er solle sich rächen.
Sawad umarmte den Propheten und küsste seinen Bauch.
Der Prophet fragte ihn nach dem Grund für sein Verhalten.
Sawad antwortete: „O Gesandter Allahs, du siehst, was uns erwartet. Ich will, dass in meiner letzten Gelegenheit des Zusammenseins mit dir meine Haut die deine berührt.“ Er liebte den Propheten so sehr. Da betete der Gesandte für ihn um Segen.[130]
Als die Mekkaner noch deutlicher sahen, wie klein die Zahl der nur leicht bewaffneten Muslime war, jubelten sie siegesgewiss. Muhammad war klar, dass die Zahl der Mekkaner um ein Vielfaches größer war als die seiner eigenen Leute. Er zog sich zurück, um Allah um die Hilfe zu bitten, die Er ihm versprochen hatte. Der Prophet fiel in einen leichten Schlaf und empfing die Kunde vom Sieg. Er sagte zu Abu Bakr: „Abu Bakr, zu uns ist der Sieg Allahs gekommen! Hier ist Gabriel, der die Zügel eines Pferdes hält, auf dessen Zähnen Staub zu sehen ist!“[131]
Der Prophet wusste nun, dass die Muslime göttliche Hilfe bekommen würden. Allah hatte versprochen, ihm Engel zu senden.[132]
Utba Bin Rabi’a konnte die Schlacht jetzt nicht mehr verhindern; seine Unsicherheit war dennoch so groß, dass er an Umkehr dachte. Die Quraisch jedoch beharrten auf ihren üblen Plänen. Al-Aswad Bin Asad von den Banu Machzum, ein berüchtigter Krieger, der sich bereits des Sieges sicher fühlte, trat als erster von den Quraisch hervor und rief: „Ich verspreche, aus ihrem Becken zu trinken oder es zu zerstören!“
Doch bevor er sich dem Becken näherte, schlug ihm Hamza, der Onkel des Propheten, gegen das Bein. Er sank mit seinem blutenden Bein auf den Rücken nieder. Er kroch zum Becken. Hamza folgte ihm und schlug ihn erneut, bis er ihn dort tötete.
Nach ihm rückte Utba mit seinem Bruder Schayba und seinem Sohn Al-Walid voran und forderte die Muslime zum Duell auf. Drei junge Ansar, also Helfer aus Medina, sprangen hervor. Die Quraisch aber riefen: „Wer seid ihr? Wir brauchen euch nicht! Muhammad! Schicke unseresgleichen aus unserem Stamm!“
Der Prophet rief: „Steh auf, Ubayda Bin Al-Harith[133], steh auf, Hamza, und steh auf, Ali!“, alle aus seiner eigenen Familie.
Die Quraisch riefen: „Ja! Sie sind uns ebenbürtig und edel.“ Ubayda - er war der Älteste - kämpfte gegen Utba, Hamza gegen Schayba und Ali gegen Al-Walid.
Nach einem kurzen Kampf hatten Hamza und Ali ihre Gegner getötet. Ubayda und Utba schlugen sich gegenseitig und fielen verwundet zu Boden. Dann kamen Hamza und Ali hinzu und töteten Utba, da es drei gegen drei war. Sie brachten Ubayda zu ihren Gefährten.
Jetzt griffen die Quraisch an. Der Prophet rief schnell: „Erst dann, wenn die Leute euch umzingeln, überschüttet sie mit Pfeilen!“
Beide Seiten beschossen sich mit Pfeilen; als erster Muslim wurde Mihdscha, ein ehemaliger Sklave, durch einen Pfeil getötet; ein weiterer traf Haritha, einen Mann aus Medina, als er aus dem Becken Wasser trank.
Da rief der Prophet zu seinen Leuten:
„Bei Dem, in Dessen Hand Muhammads Seele ist, jeder Mann, der heute geduldig und im Streben nach Allahs Lohn stirbt, der vorwärts tritt und nicht rückwärts, den wird Allah ins Paradies eintreten lassen!“
Unter den Quraisch war Abul As, der Schwiegersohn des Propheten und der Gatte seiner Tochter Zaynab. Aufgrund seiner Redlichkeit und Güte war er einer der geachtetsten Männer in Mekka. Er war ein Neffe Chadidschas, die ihn wie ihren eigenen Sohn behandelt hatte. Der Prophet klärte seine Gefährten auf: „Ich weiß, dass es einige unter den Banu Haschim und auch andere gibt, die unfreiwillig gekommen sind und kein Interesse haben, uns zu bekämpfen!“ Er nannte viele Namen von Männern, die im Kampf nicht getötet werden sollten, weil sie unschuldig sind.
Der Prophet hob eine Handvoll Sand auf und rief: „Erniedrigt werden sollen diese Gesichter!“ Dann warf er mit dem Schotter nach ihnen und gab den Befehl anzugreifen.
Als sie sich in den Kampf warfen, spürten die Gläubigen eine gewaltige Kraft, die sie vorantrug. Viele von ihnen erblickten weiße Engel, die auf himmlischen Pferden neben ihnen durch die Luft ritten und auf der Seite der Muslime gegen den Feind kämpften. Es schien, als sei das Heer der Gläubigen auf wunderbare Weise verdoppelt, ja verdreifacht. Während Abu Dawud Al-Maziny einen Götzendiener verfolgte, sah er, wie dessen Kopf abgetrennt wurde, durch eine andere Kraft, schon bevor er ihn erreichte.
Ibn Abbas berichtet, dass ein Mann aus dem Stamm Ghifar erzählte: „Mit meinem Cousin kletterten wir auf einen Hügel, um Badr zu beobachten. Als wir uns auf dem Hügel befanden, waren wir plötzlich von einer Wolke umgeben und hörten Pferdegewieher. Mein Cousin fiel zu Boden, und sein Herz zersprang vor Angst, sodass er auf der Stelle starb. Beinahe wäre auch ich gestorben.“[134]
Die Quraisch waren geschockt. Eine grenzenlose Angst ergriff Besitz von ihnen, sodass sie trotz ihrer zahlenmäßigen Übermacht zu flüchten begannen.
Die Muslime, die spürten, dass sie in diesem Kampf nicht allein waren, bekamen Hoffnung und Mut. Etwa siebzig Männer der Quraisch wurden getötet und etwa ebenso viele gefangen genommen – unter ihnen Abul As, der Schwiegersohn Muhammads.
Mehr als achthundert Mekkaner flüchteten – sie konnten allerdings jederzeit zurückkommen. Die Muslime verloren nur vierzehn Männer. Sie hatten den Kampf trotz der Übermacht des Feindes gewonnen!
Als der Sieg der Gläubigen sicher war und es danach aussah, dass die Quraisch sich nicht neu formieren würden, schickte der Prophet Abdullah Bin Rawaha und Zaid Bin Haritha mit der Botschaft des Sieges nach Medina.
Usama Bin Zaid berichtet: „Wir hatten soeben Ruqayya, die Tochter des Propheten und Frau Uthmans beerdigt, als mein Vater Zaid in Medina ankam. Ich erreichte ihn, als er von Menschen umgeben auf dem Gebetsplatz stand und rief: “Getötet sind die Führer der Quraisch: Utba, Schayba, Abu Dschahl, Zam’a, Umayya und die beiden Söhne des Al–Hadschadsch, Nabih und Munabbih!“
Unter den getöteten Quraisch befanden sich außer Umayya, der den schwarzen Bilal gefoltert hatte, auch Nadir Bin Al Harith und Uqba Bin Abi Muit, die für ihre Grausamkeit gegenüber den Menschen bekannt waren.[135]
Der Prophet beriet nun mit seinen Gefährten, was sie mit den Gefangenen tun sollten. Abu Bakr war dafür, sie mit nach Medina zu nehmen und gegen ein kleines Lösegeld freizulassen. Umar hingegen war dafür, sie wegen ihrer Verbrechen hinzurichten, denn an ihren Händen klebte das Blut der gequälten und getöteten Muslime aus Mekka. Der Prophet stimmte Abu Bakr zu.
Muhammad erreichte Medina wenige Tage später, noch bevor man die Gefangenen brachte. Er verteilte sie an seine Gefährten und trug ihnen auf, sie gut zu behandeln. Die Muslime teilten ihr Essen und ihre Behausungen mit den Gefangenen.[136]
Gespannt saß Abu Lahab im großen Zamzam–Zelt in Mekka, als Abu Sufyan eintraf. Er rief: „Komm und setz dich zu mir, mein Neffe, und berichte, was mit den Leuten passiert ist!“
Von den Ereignissen in Badr erschüttert, erwiderte Abu Sufyan: „Es gibt nichts zu sagen, außer, dass wir, sobald wir auf die Leute trafen, ihnen sofort wieder den Rücken zuwandten, damit sie uns töteten und gefangen nahmen, wie sie wollten. Deshalb würde ich keinen unserer Krieger etwas sagen oder tadeln, weil wir weißen Männern auf Pferden gegenüberstanden. Sie sind zwischen Himmel und Erde geritten und haben uns angegriffen!“[137]
„Bei Allah, das waren die Engel!“, rief der Sklave Abu Rafi´ jubelnd, der mit Ummul Fadl in einer Ecke des Zeltes kauerte und Pfeile machte. Beide hatten ihren Glauben an den Islam bisher geheim gehalten.
Da wurde Abu Lahab wütend und fing an, ihn ins Gesicht zu schlagen. Als der magere und schwache Sklave sich zu wehren versuchte, warf Abu Lahab ihn zu Boden, kniete sich auf ihn und schlug ihn weiter.
Ummul Fadl stand auf und nahm einen dicken Pfahl. Mit ihrer ganzen Kraft schlug sie auf den Schädel von Abu Lahab. Dabei sagte sie: „Behandelst du ihn so, weil sein Herr Abbas nicht da ist?“[138]
Als die gescheiterten Götzendiener nach und nach in die Stadt zurückkehrten, verboten Abu Sufyan und die anderen Oberhäupter den Quraisch, für ihre Toten zu weinen, damit Muhammad und seine Gefährten nicht triumphieren sollten. Es wurde auch beschlossen, dass niemand zu Muhammad gehen sollte, um ihn darum zu bitten, die Angehörigen freizulassen.
Der berüchtigte und inzwischen erblindete Aswad, der seine Sklaven gefoltert hatte, verlor drei Söhne und wollte um sie weinen, aber es war streng verboten. Als er in der Nacht ein Wehgeschrei hörte, befahl er seinem Sklaven: „Sieh nach, ob heftiges Weinen wieder erlaubt ist und ob die Quraisch ihre Toten beklagen dürfen, damit ich auch um Zam’a weinen kann! Denn es brennt in mir!“
Als der Sklave zurückkam, brachte er die Nachricht, dass es sich nur um eine Frau handele, die um ihr verloren gegangenes Kamel weinte.
Die Wunde am Schädel Abu Lahabs heilte nicht, und sein ganzer Körper war mit Beulen bedeckt, an denen er sieben Tage nach dem Schlag von Ummul Fadl starb.
Aus Ekel wagte es niemand, sich seinem Leichnam zu nähern. Es dauerte nicht lange, bis er so sehr stank, dass ganz Mekka sich darüber beschwerte. Schließlich gruben seine Söhne ein Loch vor seinem Haus, schoben die Leiche mit langen Stöcken hinein und warfen Sand und Steine ins Grab, sodass man sich ihm nähern konnte.[139]
Abu Sufyan, dessen Sohn auch gefangen genommen worden war, hielt sein Wort und bat nicht um dessen Freilassung gegen Lösegeld. Die meisten anderen waren unterwegs nach Medina, um mit den Siegern über die Freilassung ihrer Angehörigen zu verhandeln.
Abu Sufyan aber nahm bei der nächsten Gelegenheit einen alten schwachen Mann aus Medina, der zur Pilgerfahrt nach Mekka gekommen war, als Geisel und wollte ihn erst wieder freilassen, wenn man seinen Sohn freiließ.
Die Familie des alten Mannes ging zum Propheten und bat ihn, Amr, den Sohn des Abu Sufyan, freizulassen, damit dafür der alte Mann freikäme. Der Prophet war sofort einverstanden.[140]
Zaynab, die Tochter des Propheten, deren Ehemann Abul As bei der Schlacht von Badr gefangen genommen wurde, hatte für seine Freilassung ein Lösegeld geschickt, dem sie eine Kette beilegte, welche ihr ihre Mutter Chadidscha zur Hochzeit geschenkt hatte.
Als der Prophet die Kette erkannte, rührte ihn das so sehr, dass er die Gefährten bat, Abul As freizulassen. Er bat Abul As, seiner Tochter Zaynab zu ermöglichen, nach Medina auszuwandern. Abul As versprach ihm dies.
Als er nach seiner Freilassung in Mekka ankam, erzählte er seiner Frau, dass sie ihrem Vater nach Medina folgen dürfe. Ihre kleine Tochter Umama nahm sie mit.
Als Zaynab, die schwanger war, die lange Reise nach Medina antreten wollte, erklärte sich ihr Schwager Kinana bereit sie zu begleiten. Er nahm Bogen und Köcher und verließ Mekka tagsüber mit Zaynab und seiner kleinen Nichte Umama, die beide auf dem Kamel saßen. Einige Männer der Quraisch bemerkten das, und unter ihnen gab es allerlei Gerede, bis einige ihr schließlich folgten. Der Erste, der sie erreichte, war Habbar, der Sohn des blinden Al-Aswad. Er begann sie zu umkreisen und mit dem Speer auf sie und ihre Tochter zu zielen. Er erschreckte beide aber auch das Kamel so, dass Zaynab aus der Sänfte stürzte. Sie verletzte sich. Durch den Schreck und die Verletzung erlitt sie eine Fehlgeburt.[141]
Kinana, ihr Schwager, sprang von seinem Reittier ab, nahm seinen Bogen und leerte seinen Köcher vor sich in den Sand. Während er seinen Bogen spannte, schrie er: „Bei Allah, wenn einer von euch mir zu nahe kommt, werde ich ihn mit einem Pfeil durchbohren!“
Die Leute entfernten sich von ihm. Abu Sufyan bat ihn, den Bogen beiseite zu legen, damit man mit ihm sprechen könne.
Als Kinana ihm die Möglichkeit gab, sagte Abu Sufyan: „Du hast nicht richtig gehandelt, indem du die Frau vor den Augen der Leute aus unserer Mitte weggebracht hast, wo du doch weißt, was für ein Leid uns durch Muhammad geschehen ist! Die Leute werden dies als unsere Schwäche sehen. Bei meinem Leben, wir haben kein Interesse, sie von ihrem Vater zu trennen oder uns damit zu rächen. Nun aber schafft die Frau zurück nach Mekka, bis sich die Stimmen beruhigt haben und es sich herumgesprochen hat, dass wir sie zurückgebracht haben; bringe sie dann heimlich weg, und sie soll ihrem Vater folgen!“
Kinana war mit dem Vorschlag einverstanden und brachte die blutende Zaynab nach Mekka zurück.[142]
Nachdem sie sich einige Tage lang von ihren Verletzungen und ihrer Fehlgeburt erholt hatte, brachte Kinana sie und die kleine Umama nachts aus der Stadt und übergab sie Zaid Bin Haritha, den der Prophet ihnen mit einem anderen Gefährten geschickt hatte.
Als sie in Medina ankamen, freuten sich Muhammad, Zaynab und seine anderen Töchter und Verwandten sehr.
Als zu dieser Zeit Abbas in Mekka angekommen war, schickte er dem Propheten seinen Sklaven Abu Rafi als Geschenk. Der Prophet ließ ihn aber sofort frei. Abu Rafi war sehr glücklich und wollte aber trotzdem immer in der Nähe des Propheten sein. Er wurde ein Gefährte und alle halfen ihm.
Der Prophet sagte: „Wenn einer einem Sklaven die Freiheit schenkt, dann rettet Allah für jedes Glied des Sklavenkörpers ein gleiches Glied seines eigenen Körpers vor dem Höllenfeuer.“[143]
Aus allen Richtungen Arabiens kamen Menschen herbei, um der Botschaft des Propheten zu folgen. Viele von ihnen waren damit Flüchtlinge, die nicht mehr in ihre Heimat zurückkehren konnten. Der Prophet und die Mitglieder seiner Familie kümmerten sich um sie und überließen ihnen einen Teil der Moschee. Muhammad sagte: „Das Essen von einer Person genügt für zwei, das Essen von zweien genügt für vier, und das Essen von vieren genügt für acht.“[144]
Er pflegte alles, was er bekam, noch am gleichen Tag an die Bedürftigen zu verteilen.
A |
bu Sufyan schwor nach Badr, kein Wasser solle nach der Verunreinigung seinen Kopf berühren, bis sie nicht gegen Muhammad einen Kriegszug unternommen hätten. Seine Frau Hind aber pflegte sich selbst nicht mehr, blieb dem Bett Abu Sufyans fern und hetzte die Leute gegen Muhammad auf. Eines Abends saß Umayr Bin Wahb[145] mit Safwan Bin Umayya[146] zusammen.
„Seitdem unsere Brüder weg sind, hat das Leben seinen Sinn verloren“, jammerte Safwan.
„Es ist wahr, und wenn ich keine Schulden hätte, die ich zahlen muss, und keine Familie, um derentwillen ich fürchte, dass sie nach mir verloren geht, wäre ich zu Muhammad geritten und würde ihn töten!“ sagte sein Cousin Umayr, dessen Sohn auch ein Gefangener war.
Safwan nutzte diesen Augenblick und auch seine Schwäche und versprach Umayr: „Deine Schulden werde ich übernehmen, und deine Familie werde ich wie meine behandeln und für sie sorgen, solange sie leben!“
„Dann bewahre dies als mein und dein Geheimnis!“ Safwan schwor, es niemanden zu erzählen. Umayr erklärte sich bereit, für alle Götzendiener zu sterben.
Sogleich begann Umayr, sein Schwert zu schärfen und es mit Gift einzureiben und machte sich auf den Weg nach Medina, um den Propheten zu töten.[147]
Die jüdischen Stämme, die Götzendiener und die Heuchler hatten in der Schlacht von Badr die Stärke der Muslime erkannt.
Kaum waren die Muslime - froh über den Sieg von Badr - zurückgekehrt, begannen die anderen Gruppierungen Medinas, vor allem die jüdischen Stämme, sich zu verschwören, gegen sie zu hetzen und Gedichte zur Aufhetzung gegen sie zu verbreiten. All das blieb dem Propheten nicht verborgen.
Eine Weile nachdem Umayr losgezogen war, sagte Safwan zu den Menschen in Mekka: „In einigen Tagen wird eine gute Nachricht zu euch kommen, durch die ihr eure Niederlage in Badr vergessen werdet!“
Jedes Mal, wenn ein Reiter aus Medina kam, ging Safwan zu ihm und fragte nach Umayr.
Eine muslimische Goldhändlerin kam mit etwas Schmuck zum Markt der jüdischen Banu Qaynuqa. Dort setzte sie sich zu einem Goldschmied. Er verlangte von ihr, ihr Gesicht zu entschleiern. Sie weigerte sich. Da kam einer der Banu Qaynuqa heimlich von hinten und befestigte einen Zipfel ihres Gewandes mit einem Dorn an der Wand hinter ihrem Rücken. Als sie sich erhob, wurde ihre Scham entblößt. Alle lachten über sie, während sie weinend versuchte, sich zu bedecken. Als ein Muslim ihr zu Hilfe eilte, kam es zu einem heftigen Streit, bei dem der jüdische Goldschmied getötet wurde. Die Banu Qaynuqa stürzten sich daraufhin auf den Muslim, töteten ihn und griffen auch die anderen Muslime auf dem Markt an.
Muhammad ging auf den Markt und forderte die Banu Qaynuqa auf, mit ihren Angriffen aufzuhören, das Freundschaftsabkommen einzuhalten und nicht den Fehler der Götzendiener zu wiederholen, damit ihnen kein solcher Gotteszorn widerfahre wie den Quraisch.
Doch sie achteten seine Warnung nicht. „Du solltest wissen, o Muhammad, dass du auf ein Volk gestoßen bist, das nichts vom Krieg versteht, sodass du gesiegt hast! Wenn wir gegen dich kämpfen, dann wirst du wissen, was für Leute wir sind!“ Sie meinten, dass sie bessere Krieger seien als die Quraisch. Diese Aussage kam einer Kriegserklärung gleich.
Mit ihren schweren Waffen und ihren Reichtümern waren sie sich sicher, die Muslime besiegen zu können. Beide Seiten begannen sich auf den Krieg vorzubereiten.
Es dauerte nicht lange; die Muslime belagerten die Banu Qaynuqa fünfzehn Tage lang, bis diese schließlich aufgaben und sich der Entscheidung des Propheten unterwerfen mussten. Der Prophet überließ das Urteil den Chazradsch. Er folgte damit der Bitte einiger ihrer Anführer, da die Chazradsch früher die Verbündeten der Banu Qaynuqa waren. Sie durften ihr Vermögen mitnehmen und kehrten zu den Grenzen von Ash-Sham[148] zurück, woher sie ursprünglich gekommen waren. Vor vielen Jahren hatten sie Ash-Sham verlassen und waren nach Medina ausgewandert, um den erwarteten Propheten in ihrer Mitte zu empfangen. Muhammad akzeptierten sie jedoch nicht als den Propheten.
Sie nahmen ihre Habe und zogen Richtung Norden – bis nach Adhriat an der Grenze von Ash-Sham.
Umar Bin Al-Chattab ging in die Moschee und rief: „O Prophet Allahs, hier ist der Feind Allahs Umayr Bin Wahb, der sein Schwert gegürtet hat!“
„Lass ihn zu mir!“, sagte der Prophet.
Umayr grüßte, wie sich die Götzendiener begrüßen und wünschte einen guten Morgen.
„Allah gab uns einen besseren Gruß als deinen, Umayr“, erwiderte der Prophet, „er heißt ‚Frieden’ und ist der Gruß, mit dem sich die Menschen im Paradies begrüßen.“ Danach fragte er: „Was führt dich zu uns, Umayr?“ Umayr erklärte, er sei wegen seines gefangenen Sohnes gekommen.
„Weshalb trägst du das Schwert?“
„Allah verdamme die Schwerter, was haben sie uns gebracht“, antwortete Umayr ausweichend.
Umar gab einigen Helfern den Befehl: „Geht hinein zum Propheten Allahs, setzt euch zu ihm und gebt acht auf diesen Bösen, dem nicht zu trauen ist!“
„Sag mir die Wahrheit, wofür bist du gekommen?“ fragte der Prophet erneut.
Umayr erwähnte seinen Sohn. Dann überraschte ihn der Prophet und gab das Gespräch zwischen Umayr und Safwan bei der Kaaba genau wieder. „Du und Safwan habt euch über die getöteten Quraisch unterhalten. Dann sagtest du: ‚Wenn ich keine Schulden hätte, die ich zahlen muss, und keine Familie, um derentwillen ich fürchte, dass sie nach mir verloren geht, wäre ich zu Muhammad geritten, und würde ihn töten. Safwan übernahm deine Schuld und die Verantwortung für deine Familie, damit du mich für ihn tötest. Aber Allah ist zwischen dich und ihn getreten!“
Umayr sagte: „Bei Allah, da ist kein dritter Mann außer mir und Safwan gewesen! Wir nannten dich einen Lügner, o Gesandter Allahs, während du uns himmlische Botschaften brachtest. Bei Allah, ich weiß, dass niemand anderes als Allah dir dies offenbarte, gelobt sei Er, Der mich jetzt zum Islam rechtleitete. Ich bezeuge, dass es keinen Gott außer Allah gibt, und du bist der Gesandte Allahs!“
Nun war er überzeugt, dass der Prophet Recht hatte und die Steine und Holzidole keine Götter waren.
„Lehrt euren Bruder seine Religion, rezitiert ihm aus dem Koran und lasst seinen gefangenen Sohn frei!“, bat der Prophet seine Gefährten.[149]
Als diese Nachricht Mekka erreichte, ärgerte sich Safwan und schwor sich, nie wieder mit Umayr zu sprechen und ihm nicht mehr behilflich zu sein.
Einige Tage später kam Umayr zum Propheten und bat: „O Gesandter Allahs, mein Vorhaben war es, das Licht Allahs auszulöschen. Ich war streng gegen die, die auf der Seite der Religion des Erhabenen waren. Ich habe den Wunsch, dass du mir erlaubst, nach Mekka zurückzukehren und sie zum Islam einzuladen!“
Der Prophet erlaubte es ihm.
Als Umayr in Mekka ankam, begann er zum Islam einzuladen. Viele hörten mit dem Götzendienst auf und wurden durch ihn Muslime.
Ein Jahr war seit der Schlacht von Badr vergangen und langsam kehrte in Medina Ruhe ein. Aber Abu Sufyan ertrug es nicht, die Schande der Niederlage von Badr auf sich sitzen zu lassen. Er musste den Arabern der Halbinsel beweisen, dass die Quraisch die Macht und den Mut zum Kampf besaßen! Er sammelte eine Truppe schwerbewaffneter Männer um sich und zog insgeheim mit ihnen aus. In der Nähe Medinas brachen sie vor Tagesanbruch auf und gelangten zu einem Gebiet namens Al-Uraid. Dort fanden sie einen Mann der Ansar und einen Kameraden von ihm auf ihrem Acker. Sie töteten beide und steckten Häuser und Dattelpalmen in Brand.
Darauf wandte sich Abu Sufyans zur Flucht, denn er fürchtete, dass der Prophet und seine Gefährten ihn verfolgen würden.
Als der Prophet dies erfuhr, rief er seine Gefährten, und sie verfolgten, mit ihm an der Spitze, Abu Sufyans Spur bis zu einem Ort namens Karkarat Al-Chudr.
Abu Sufyan und seine Begleiter bemerkten, dass sie verfolgt wurden und gerieten in Panik. Sie trieben ihre Kamele eifrig an. Damit sie schneller vorankamen, warfen sie ihr Essen, das aus Weizenbrei[150] bestand, weg. Diesen Brei fanden die Muslime.
Als der Prophet erkannte, dass die Flüchtigen außer Reichweite waren, kehrten er und seine Gefährten nach Medina zurück.
Abu Sufyans Flucht ruinierte seinen Ruf und den Ruf der Quraisch. Er hatte damit gerechnet, dass der Feldzug der Quraisch nach dem Unglück von Badr den verlorenen Stolz wieder herstellen würde.
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it der Niederlage wollten die Quraisch nicht leben und bereiteten sich erneut auf einen Angriff auf Medina vor. Die Frauen der Quraisch sollten den Kriegszug ebenfalls begleiten. In diesem Punkt waren sich die Quraisch jedoch nicht einig. Einer sagte: „Sie sind dafür gut, euch in Zorn zu versetzen und an die Getöteten von Badr zu erinnern. Wir wollen nicht nach Hause zurückkehren, bevor wir nicht Rache genommen haben!“
Hind Bint Utba, die Frau von Abu Sufyan, der gegen den Auszug der Frauen war, schrie: „Du, Abu Sufyan, bist am Tag von Badr entkommen und zu deinen Frauen zurückgekehrt. Jawohl! Wir werden ausziehen und beim Kampf dabei sein, und niemand wird uns zurückhalten!“
Die Quraisch zogen aus, und ihre Frauen waren bei ihnen – an ihrer Spitze Hind, die heftig nach Rache verlangte, denn ihr Vater Utba, ihr Onkel Schayba sowie ihr Bruder Walid waren bei der Schlacht von Badr getötet worden. Die Quraisch führten dreitausend Mann, zweihundert Pferde sowie dreitausend Kamele gegen Medina.
Abbas Bin Abdul-Muttalib, der Onkel des Propheten, war unter ihnen und über jede wichtige Einzelheit informiert. Als die Quraisch sich in großer Zahl zum Auszug sammelten, schrieb er einen Brief, in dem er ihre Stärke, ihre Ausrüstung und ihre Anzahl genau beschrieb. Er übergab das Schreiben einem Boten, der mit seinem Pferd losgaloppierte und drei Tage später Medina erreichte, wo er den Brief dem Propheten aushändigte.
Die Einwohner Medinas erkannten die Gefahr dieses Feldzugs.
Der Prophet verließ die Stadt mit tausend Männern, um sich den Quraisch in den Weg zu stellen. Sie hatten auch den Anführer der Heuchler, Ibn Salul, mit seinen Leuten dabei.
Sie kamen bei Uhud an, wo sie übernachteten. Am nächsten Morgen bestieg Ibn Salul sein Pferd, sammelte seine dreihundert Leute und zog mit ihnen einfach ab. Seine Absicht war es, Unruhe in die Reihen der Muslime zu bringen.
Nun bestand die Armee der Muslime nur noch aus siebenhundert Mann.
Der Prophet ordnete die Reihen seiner Gefährten. Er stellte fünfzig Schützen auf einen Berg und sprach zu ihnen: „Deckt unseren Rücken, denn wir fürchten, dass sie von hinten kommen. Bleibt an eurem Platz und verlasst ihn nicht! Selbst wenn ihr seht, dass wir in ihr Lager eindringen, so bleibt auf eurem Platz. Selbst wenn ihr seht, dass wir getötet werden, eilt uns nicht zur Hilfe!“
Da rief Hamza zum Angriff. Beide Heere marschierten aufeinander zu.
Ein heftiger Kampf entbrannte; die Waffen krachten, die Männer schrien. Talha Bin Abi Talha, der Bannerträger der Mekkaner, rief laut durch das Kampfgetümmel: „Wer misst sich mit mir im Duell?“
Ali nahm die Herausforderung zum Zweikampf an; zwischen den beiden Heeren trafen sie aufeinander. Ali fügte ihm einen tödlichen Schlag zu. Die Muslime priesen Allah und stürmten los.
Abu Dudschana, in seiner Hand das Schwert des Propheten und um seinen Kopf die Todesbinde[151], schlug jeden nieder, den er mit seinem Schwert treffen konnte, bis er die Reihen der Götzendiener trennte und eine Frau erblickte, die den Soldaten die Gesichter zerkratzte. Er erhob das Schwert gegen sie, worauf sie ein wildes Klagegeheul anstimmte – es war Hind Bint Utba. Er ließ von ihr ab. „Das Schwert des Gesandten ist zu edel, als dass ich damit eine Frau schlagen würde“, sagte Abu Dudschana.[152]
Hamza war einer der tapfersten Helden der Araber, der am Tag von Badr viele Männer, darunter auch Utba, den Vater von Hind, getötet und andere verwundet hatte. Am Tag von Uhud war er wie am Tag von Badr der „Löwe Allahs“. Er tötete einige der Anführer und Helden der Quraisch. Hind, die Tochter Utbas, hatte dem Abessinier Wahschi, einem Sklaven aus Mekka, die Freiheit und reichen Lohn versprochen, falls er Hamza tötete.
Wahschi berichtete später von diesem Tag: „Ich war ein Abessinier, der den Speer genau wirft und damit selten sein Ziel verfehlt. Als die Männer aufeinander trafen, versuchte ich, Hamza zu finden, bis ich ihn erblickte, wie er mitten unter den Leuten sein Schwert vernichtend unter ihnen wüten ließ. Da bewegte ich meinen Speer, bis ich mit seiner Position zufrieden war und schleuderte ihn gegen Hamza. Er traf ihn und er starb. Dann ging ich zu ihm, nahm meinen Speer und kehrte zum Lager zurück, wo ich mich niedersetzte; denn außer an ihm hatte ich an niemandem Interesse. Ich hatte ihn getötet, weil ich als Lohn die Freiheit erlangen würde; und als ich nach Mekka kam, wurde ich aus der Sklaverei der Götzendiener freigelassen.“
Jetzt trug Abu Saad Bin Abi Talha das Banner und rief: „Behauptet ihr, dass eure Gefallenen im Paradies sind und unsere Gefallenen im Höllenfeuer? Bei Allah, ihr lügt! Solltet ihr wirklich glauben, was ihr sagt, so soll einer von euch herauskommen, der mit mir kämpft!“
Kaum war er fertig, versetzte Ali ihm mit dem Schwert einen Schlag.
Als die Bannerträger getötet waren, flüchteten die Götzendiener und kümmerten sich um nichts mehr - nicht einmal darum, dass ihre Frauen umzingelt waren und ihr Götzenbild aus der Kamelsänfte gefallen war, in der es gelegen hatte.
Dreitausend Reiter der Quraisch wurden bei dieser Schlacht von siebenhundert Muslimen zersprengt. Dann jedoch begannen einige schwache Muslime nach der Beute zu greifen. Reich und verlockend war diese Beute, vor welcher der Prophet sie gewarnt hatte. Aber vergeblich!
Die Bogenschützen, denen der Gesandte befohlen hatte, den Berg nicht zu verlassen, wollten sich ebenfalls bereichern.
Chalid Bin Al-Walid[153], ein Held, der an der Spitze der Reiter Mekkas stand, erkannte die Schwachstelle in der Verteidigung der Muslime, stürmte mit seinen Männern von hinten auf die Bogenschützen los und vertrieb sie.
Die Quraisch sahen, dass ihre Reiterei die Verteidigung der Muslime durchbrochen hatte. Die flüchtenden Truppen kamen zurück und griffen die Muslime wieder an, unter denen daraufhin Panik ausbrach.
Nun begannen für den Propheten schwere und gefährliche Stunden. Die Truppen der Quraisch umzingelten ihn.
Ein von den Quraisch geworfener Stein traf den Propheten, und er fiel auf die Seite. Seine Lippe wurde zerschnitten und ein Zahn brach ihm ab.
Einige der Muslime, die ihn blutend zu Boden gehen sahen, wandten sich in Richtung des Berges, setzten sich auf die Erde und weinten. So sah sie Anas Bin An-Nadr und fragte: „Warum setzt ihr euch?“
Sie antworteten: „Der Gesandte Allahs wurde getötet!“
Er erwiderte: „Was wollt ihr denn nach ihm mit dem Leben anfangen? Erhebt euch und sterbt wie er!“
Dann wandte er sich dem Feind zu und kämpfte, bis er getötet wurde. Als sein Leichnam gefunden wurde, war er so von Schwerthieben übersät, dass ihn nur noch seine Schwester anhand seiner Fingerspitzen erkennen konnte.
Doch der Prophet Muhammad war nicht tot. Es waren nur wenige Muslime in seiner Nähe. Die Quraisch sahen ihre Gelegenheit, ihn zu töten und attackierten ihn immer wieder. Umm Amara, eine Frau von den Ansar, ergriff ein Schwert und begann, den Propheten zu verteidigen. Abu Bakr, Mus’ab Bin Umayr und Abu Dudschana hatten sich auch zum Propheten vorgekämpft, um ihn zu schützen. Einer der Helden der Quraisch namens Abdullah Bin Qam’a griff den Propheten direkt an. Umm Amara, die sich ihm in den Weg gestellt hatte, traf ihn mehrmals mit ihrem Schwert, konnte aber seine Panzerung nicht durchbrechen, und er verletzte sie schwer an der Schulter.
Die Gefährten erkannten, dass der Prophet nicht getötet worden war und versuchten weiter, ihn zu schützen und die anderen Muslime zu Hilfe zu holen.
Unter den Muslimen sprach sich herum, dass Muhammad noch lebte. Währenddessen kämpfte der Prophet mit einer kleinen Gruppe von Gefährten verzweifelt gegen eine immer größer werdende Anzahl von Feinden, die sie umzingelten.
Saad Bin Abi Waqqas hielt sich an der Seite des Propheten und schoss Pfeile ab, die er ihm reichte. Dabei rief er: „Schieß! Mein Vater und meine Mutter sollen dein Opfer sein!“[154]
Der Prophet hatte zuvor selbst mit seinem Bogen geschossen; dieser war jedoch zerbrochen.
Es sammelten sich immer mehr Muslime um den Propheten, dem es gelang, mit ihnen die Reihen der Quraisch zu durchbrechen und sich auf einen Berg zurückzuziehen. Die Muslime kämpften sich mit den Verletzten in ihrer Mitte den Weg zum Berg frei.
Die Quraisch trauten sich nicht, ihnen zu folgen.
Abu Sufyan stieg auf den Berg und rief, so laut er konnte: „Im Krieg wird man einmal siegen und einmal besiegt. Unbesiegt sei Hubal[155]!“
Der Prophet ließ Umar antworten: „Allah ist Erhabener und Mächtiger. Wir sind nicht gleich. Unsere Gefallenen sind im Paradies, die euren in der Hölle!“
Abu Sufyan bat Umar, zu ihm herunterzukommen. Der Prophet sagte zu Umar: „Gehe zu ihm und schau, was er will!“
„Haben wir wirklich Muhammad getötet?“
„Bei Allah, er kann dich gerade hören“, antwortete Umar.
„Ich glaube dir mehr als Ibn Qam’a!“ sagte Abu Sufyan. Denn Ibn Qam´a hatte eine Nachricht verbreitet, dass er Muhammad getötet hätte.
Abu Sufyan sprach erneut: „Es hat Verstümmelungen an euren Gefallenen gegeben. Ich bin damit weder zufrieden noch unzufrieden, und ich habe es weder verboten noch habe ich es befohlen.“
Und ganz zuletzt rief Abu Sufyan: „Im nächsten Jahr ist unser Treffpunkt bei Badr!“[156]
Die Quraisch zogen ab, nachdem sie ihre Gefallenen begraben und die Leichen der gefallenen Muslime verstümmelt hatten.
Aus diesem Anlass offenbarte Allah einige Verse, die den Muslimen Vergebung und Gerechtigkeit auch in den schlimmsten Fällen auferlegen: „…wenn ihr Geduld zeigt, so ist dies besser für die Geduldigen.“[157]
Der Gesandte Allahs übte Nachsicht, geduldete sich und verbot die Vergeltung und das Verstümmeln von Leichen. Er bedeckte Hamza mit seinem Obergewand und betete für ihn. Seine Schwester Safiya Bint Abdul-Muttalib kam, betete für ihn und bat für ihn um Vergebung.
Als die Muslime Mus’ab Bin Umayr mit seinem Mantel bedecken wollten, reichte dieser nicht, um ihn ganz zu bedecken, und seine Füße wurden sichtbar, als man seinen Kopf bedeckte. So war Mus’ab, der Lehrer von Medina, der im Luxus aufgewachsen war, von dieser Welt gegangen. Er starb, als er versuchte, den Propheten zu schützen. Er wusste, dass er seine Belohnung nicht im Diesseits sondern im Jenseits bekommen würde.
Die Muslime begruben ihre Toten.[158]
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atima, die damals etwa zwanzig Jahre alt war, war über den Tod ihrer Schwester Ruqayya sehr unglücklich; sie weinte und weinte. Der Prophet versuchte sie zu trösten und trocknete ihre Tränen.
Es dauerte nicht lange, und Fatima heiratete Ali. Ali verdiente Geld als Wasserträger und Fatima mit dem Mahlen von Korn. Nach Fatimas Heirat erfuhr Haritha, dass der Prophet gern seine Tochter in seiner Nähe hätte, weshalb er sein Haus, das der Moschee am nächsten stand, dem Propheten schenkte.
Nicht lange danach starb Hafsas Mann Hunaif Adi aus dem Stamme der Quraisch. Hunaif hatte an beiden Auswanderungen der Muslime nach Abessinien und Medina teilgenommen und wurde zu den engen Gefährten des Propheten gezählt. Nachdem er in der Schlacht von Uhud verwundet worden war, starb er in Medina. Er hinterließ Hafsa, die Tochter des Umar Bin Al-Chattab, als Witwe.
Nach dem Tod ihres Mannes kehrte Hafsa in das Haus ihres Vaters zurück. Dort verbrachte sie traurig ihre Tage, mit der Angst, dass sie ihre Jugend einsam verbringen würde.
Dies bereitete ihrem Vater tiefe Sorge. Nachdem er ihre Trauer über sechs Monate angesehen hatte, entschied er, ihr zu helfen, einen Ehemann zu suchen. Dabei kam er auf seinen Freund Abu Bakr. Er war ein erfahrener Mann von gütigem Charakter, ruhig und zuverlässig; er würde Hafsa ganz bestimmt gut behandeln und die Trauer der Witwenschaft von ihr nehmen.
Umar ging zu Abu Bakr und berichtete ihm über seine Hoffnungen für Hafsa.
Doch Abu Bakr hörte ihm schweigend zu und sagte kein Wort. Die Ablehnung Abu Bakrs, Hafsa zu heiraten, traf Umar tief. In tiefer Sorge verließ er das Haus Abu Bakrs.
Doch er gab nicht auf; er ging zum Hause Uthman Bin Affans.
Uthman Bin Affan war mit Ruqayya, der Tochter des Propheten, verheiratet gewesen. Doch war Ruqayya kurz nach ihrer Ankunft in Medina gestorben. Uthman war daher schon längere Zeit Witwer. Wegen seines guten Charakters und seiner Frömmigkeit war er hochangesehen, auch war er bekannt für seine Schamhaftigkeit.[159] Er bot Uthman Hafsa zur Ehefrau an. Uthman zog sich mit den Worten zurück: „Ich will jetzt nicht heiraten.“
Diese erneute Kränkung seiner Ehre und die Sorge um seine Tochter verletzte Umar umso tiefer.
Umar wollte wissen, warum Abu Bakr und Uthman seine Tochter zurückgewiesen hatten. Er ging deswegen zum Propheten. Der Prophet merkte gleich, dass Umar traurig war und fragte, was ihn so getroffen hätte. Umar erzählte ihm alles.
Der Prophet lächelte und antwortete ihm: „Hafsa wird den heiraten, der besser als Abu Bakr und Uthman ist, und Uthman wird die heiraten, die besser als Hafsa ist.“
Die Worte erstaunten Umar, denn wer anderes als der Prophet konnte besser als Abu Bakr und Uthman sein? Er verstand, dass der Prophet seine Tochter Hafsa heiraten würde. Dies war eine Ehre, die Umar selbst nie zu wünschen gewagt hätte. Glücklich und befreit von seiner Sorge, lief er voll Freude auf den Propheten zu und gratulierte ihm zu seiner Entscheidung. Er eilte hinaus, um allen Leuten seine Freude über die Verlobung zu verkünden und ihre Glückwünsche entgegenzunehmen. Dann stürmte er nach Hause, um seiner Tochter die frohe Botschaft zu übermitteln, die sich mehr als alle anderen freute.
Auf dem Weg begegnete ihm Abu Bakr, der seine Freude bemerkte und ahnte, was der Grund dafür war. Entschuldigend und zugleich gratulierend streckte Abu Bakr ihm die Hand entgegen und sprach: „O Umar, sei nicht traurig meinetwegen, denn der Prophet hatte bereits zuvor von einer Heirat mit Hafsa gesprochen, und ich konnte das Geheimnis des Propheten nicht verraten!“ [160]
Aischa konnte die weitere Ehe des Propheten gut verstehen, denn sie war wie die anderen Gläubigen der Überzeugung, dass der Gesandte Allahs seine Ehen aus sozialen oder politischen Gründen schloss oder aus Gründen, die mit der Botschaft zu tun hatten.
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ie Oberhäupter einiger jüdischen Stämme, darunter Hujai Bin Achtab, waren schon mit einem Mordanschlag auf den Propheten gescheitert. Nun gingen sie von Chaibar aus zu den Quraisch nach Mekka. Sie hetzten sie zum Krieg gegen den Propheten auf und sprachen: „Wir wollen euch im Kampf gegen ihn unterstützen, bis wir ihn erledigt haben!“
„O ihr Männer der Juden! Ihr seid das Volk mit dem ersten Buch und habt Wissen über unseren Streit mit Muhammad! Ist unsere Religion besser oder seine?“ fragte Abu Sufyan.
„Eure Religion ist besser als seine Religion, und ihr seid im Recht!“, antworteten sie, obwohl sie wussten, dass die Götzendiener in Mekka Steine und Holzidole anbeten.[161]
Das freute die Quraisch und ermutigte sie, sich auf einen weiteren Krieg vorzubereiten.
Dann gingen die Männer aus Chaibar zu den Stämmen des Nadschd[162], den Banu Ghatafan[163] und vielen anderen Götzendienern und warben sie zum Kampf gegen den Propheten an. Sie versprachen ihnen Unterstützung und erzählten, dass die Quraisch auch dabei seien. Andere Stämme, die sie nicht anstacheln konnten, gegen die Muslime zu kämpfen, versuchten sie mit Bestechung und dem Versprechen von reicher Beute zum Kampf zu überreden.
Innerhalb kurzer Zeit bewegte sich eine gewaltige Streitmacht in Richtung Medina, wie sie Arabien bis dahin noch nicht gesehen hatte.[164]
Als der Prophet dies alles durch einen Brief von seinem Onkel Abbas erfuhr, blieb ihm nur noch eine Woche Zeit. Er rief die Muslime zu einer Versammlung zusammen, um seine Gefährten nach Rat zu fragen. Salman der Perser, der mit Hilfe des Propheten aus der Sklaverei der Juden freigekauft wurde, hatte einen besonderen Plan. Er erzählte, was er bei seinem Volk gelernt hatte, wenn dessen Städte angegriffen wurden: Sie gruben tiefe Gräben rund um ihre Städte, die es dem Feind unmöglich machten, diese einzunehmen. Alle waren von diesem Plan begeistert. Zum Glück mussten die Muslime nicht um die ganze Stadt herum graben, denn es gab bereits hohe Mauern und Felsen, die nicht passierbar waren und nur noch miteinander verbunden werden mussten, um die Lücken zu schließen. Jede Familie übernahm ein Stück des Grabens.
Die Tage vergingen, aber die Arbeit schien nicht fertig zu werden. Angst und Hunger nahmen zu; auch der Prophet hungerte und arbeitete jeden Tag mit. Sie gruben unermüdlich.
Die Quraisch rückten heran und belagerten Medina mit zehntausend Kriegern, in der Hoffnung, die ganze Stadt gleich zu vernichten.
Der Graben war gerade vollendet und der Prophet richtete mit dreitausend Muslimen ein Lager vor der Stadt ein, sodass der Graben zwischen ihnen und den Quraisch lag. Er befahl, Kinder und Frauen in die Festungen zu bringen, damit sie in Sicherheit wären.
Überrascht mussten die Götzendiener feststellen, dass die Muslime ihre Felder um Medina herum schon abgeerntet hatten, weshalb ihr Heer gleich in Richtung Medina marschierte, um die Muslime zu vernichten.
Abu Sufyan, Chalid, Ikrima, Amr und viele andere Anführer der Quraisch gingen an der Spitze und freuten sich, als sie die Lager der Muslime vor den Toren der Stadt und nicht hinter ihnen erblickten. Da es ihnen nicht an Männern und Waffen fehlte, waren sie überzeugt, den Feind schnell vernichten zu können. Als sie aber immer näher kamen, wurden sie überrascht.
Sie erblickten den breiten Graben um die Stadt. Auf der anderen Seite begannen die Bogenschützen der Muslime einen Hagel von Pfeilen auf sie zu schießen und zwangen sie, zurückzuweichen. Dieser Graben war ein Trick in der Kriegskunst, den die Araber noch nicht kannten!
An einer Stelle blockierten die Festungen des jüdischen Stammes Bani Qurayda den Eingang in die Stadt. Hujai Bin Achtab vom Stamm Banu An-Nadir war sich sicher, dass er den jüdischen Stamm Banu Qurayda leicht überreden könnte, sein Versprechen Muhammad gegenüber und damit den Vertrag von Medina zu verletzen.
Hujai ging sogleich zu Ka’b Bin Asad von den Banu Qurayda, der für seinen Stamm mit dem Propheten den Vertrag geschlossen hatte.
Als Ka’b die Stimme Hujais vor der Burg hörte, verschloss er das Tor, denn Hujai war den Banu Qurayda bekannt als Unglücksbringer, der seinem Stamm Verrat und Leid brachte.
„Wehe dir, Ka’b! Mach auf!“
„Wehe dir, Hujai, du bist ein Unheilbringer! Mit Muhammad habe ich einen Vertrag und an Muhammad habe ich Treue und Ehrlichkeit erlebt!“
„Wehe dir, öffne mir, damit wir reden!“
„Das tue ich nicht!“
„Du hast also Angst, dass ich von deinem Weizenbrei esse!“
Dies machte Ka’b so wütend und beleidigt, dass er Hujai das Tor öffnete. Dann sprach dieser: „Wehe dir, Ka’b! Ich komme zu dir mit ewigem Ruhm und einem Meer starker Kämpfer. Mit den Quraisch und ihren Führern bin ich gekommen und ebenso mit den Banu Ghatafan und ihren Führern. Sie haben mir versprochen, Muhammad und seine Leute zu vernichten!“
„Bei Allah, Hujai, du bringst mir nur Unglück. Lass mich in Frieden; denn an Muhammad habe ich nichts anderes als Ehrlichkeit und Treue gefunden.“
Hujai sprach von der Beute und den vielen Vorteilen, die auf sie warteten, wenn sie die Muslime vernichteten. Er redete auf Ka’b ein, bis er ihn schließlich zum Verrat bewegen konnte. Hujai schwor: „Wenn die Quraisch und die Banu Ghatafan zurückkehren, ohne Muhammad vernichtet zu haben, werde ich in deine Festung kommen und bei dir bleiben, damit mir passiert, was auch dir passiert!“
Damit war Ka’b überredet, er brach seinen Vertrag mit dem Propheten und beging Verrat. Nun war die ganze Mühe der Stadtbewohner umsonst gewesen, und die Banu Qurayda würden den Götzendienern Eintritt in die Stadt gewähren; diese würden sie dann plündern, zerstören und jeden töten.
Einige der Banu Qurayda waren zuerst dagegen, den Bund mit Muhammad zu verletzen und ihn zu verraten, denn sie hatten von ihm nur Treue gesehen. Als jedoch die Heuchler um Ibn Salul dazukamen und ihnen bestätigten, was Hujai ihnen gesagt hatte, waren sie vom Erfolg überzeugt. Sie sahen, was für ein grauenvolles Heer der Quraisch da war, das die Ebene vor ihren Augen füllte.
Der Prophet wurde benachrichtigt, woraufhin er den Führer des Stammes Aus, Saad Bin Mu’adh, und den der Chazradsch, Saad Bin Ubada, mit zwei anderen Gefährten beauftragte: „Seht, ob es stimmt, wenn es denn stimmt!“
Die Delegation der Muslime ging zu den Banu Qurayda. Sie merkten schnell, dass sie den Vertrag gebrochen hatten und Verrat begehen werden. Ihre Bitte, diese Entscheidung zu widerrufen, bevor eine Katastrophe geschah, wurde zurückgewiesen.
„Wer ist der Gesandte Allahs? Wir haben kein Abkommen und keinen Vertrag mit Muhammad!“ Ka’b war sich sicher, dass die Quraisch die Muslime vernichten würden und sie mit Quraisch die Beute machen würden.
Saad Bin Mu’adh beschimpfte sie, doch Saad Bin Ubada hielt ihn zurück: „Lass das Schimpfen! Die Sache ist schlimmer!“
Die beiden Saads kehrten mit den anderen Gefährten zum Propheten zurück und gaben ihm ein Zeichen. Der Prophet verstand. Er wandte sich den Muslimen zu und rief: „Allahu akbar! Seid frohen Mutes, o ihr Muslime!“
Trotz allem gab er die Hoffnung nicht auf, obwohl die Lage für die Muslime nie ernster gewesen war. Die Feinde bedrängten sie, bis die Prüfung so hart wurde, dass die Gläubigen zu zweifeln begannen und bei einigen Heuchlern der Zweifel so offen zu merken war, dass sie vor Angst das Gefühl hatten, ihre Leiber stünden in Flammen.[165]
Außer einigen Pfeilschüssen war es bisher zu keinem richtigen Kampf gekommen. Eines Tages jedoch legten Ikrima und einige Reiter der Quraisch ihre Waffen an, ritten mit ihren Pferden zum Lager der Kinana und riefen: „Zum Krieg, ihr Banu Kinana! Heute werden wir sehen, wer von uns die richtigen Reiter sind!“
Sie suchten sich eine enge Stelle am Graben und schlugen auf ihre Pferde ein, bis diese den Graben mühsam überwanden.
Ali ritt schnell mit einigen Muslimen zu der Lücke. Amr Bin Abdu-Wadd, der in Badr verletzt wurde und sich daher nicht an der Schlacht von Uhud beteiligt hatte, war unter den Quraisch und wollte sich deutlich zeigen, damit man seine Stellung sehen konnte. Er und andere Reiter wurden von den Muslimen angehalten. Er rief: „Wer ist zum Duell bereit?“
Ali meldete sich, was Amr so ärgerlich machte, dass er von seinem Pferd sprang und auf die Beine und den Kopf des armen Tiers einschlug.[166] Dann ging er auf Ali los, und die beiden umkreisten sich, bis sie in einer Staubwolke versanken. Ihre Schwerter prallten aufeinander, und ihre erregten Stimmen drangen aus dem Getümmel. Schließlich hörte man den Ruf „Allahu akbar!“ Jeder wusste, dass es Alis Stimme war, der die Größe Allahs pries, und dass Amr besiegt war. Ikrima ließ seinen Speer zurück, und mit den anderen Reitern floh er zurück über den Graben.
Nun musste der Graben pausenlos bewacht werden und die Muslime die Angriffsversuche mit Pfeilen abwehren.
Hujai versuchte ständig, die Quraisch zu überzeugen, dass sie mehrere tausend Männer zu den Burgen der Qurayda entsenden sollten, um von dort aus die Festungen, in denen sich die Frauen und Kinder der Muslime befanden, anzugreifen. Zunächst schickten die Banu Qurayda ihre Spione vor, um zu sehen, ob Männer bei den Frauen waren. Wenn keine Männer da waren, wollten sie angreifen.
In einer der Festungen befand sich die Tante des Propheten, Safiya, eine Schwester von Hamza. Sie sah, dass sich bewaffnete Kämpfer der Banu Qurayda näherten. Bereits früher hatte sie mit ihrem Speer an der Schlacht von Uhud teilgenommen. Als sie nun einen Mann der Banu Qurayda herankommen sah, nahm sie einen Zeltpfahl, stieg von der Festung, versetzte ihm einen Schlag auf den Kopf und nahm ihm seine Waffen ab.
Aber die Gefahr, dass auch die anderen angreifen würden, war noch nicht gebannt. Deshalb schlug sie den Kopf des Mannes mit seiner eigenen Waffe ab, ergriff ihn und eilte nach oben, von wo aus sie ihn über die Mauer mitten unter die Feinde warf.
Die Banu Qurayda waren erschrocken und riefen: „Wir haben uns schon gewundert, dass Muhammad Frauen und Kinder allein in den Festungen lässt! Jetzt wissen wir, dass Männer dort sind, um die Frauen zu beschützen!“[167]
Nun bekamen viele Muslime, die den Angriff bemerkt hatten, Angst um ihre Familien.
Die meisten Männer waren erschöpft; ihnen fehlte Schlaf und Nahrung, weil sie am Tag und in den kalten Nächten ununterbrochen Wache hielten. Einige, die schwach im Glauben waren, dachten, dass der Sieg, den der Prophet ihnen versprochen hatte, nicht mehr kommen würde. Für die Gläubigen jedoch war dies lediglich eine Prüfung, die ihren Glauben stärkte, und sie übten sich täglich in Geduld.
Bei den Ghatafan war auch Nuaim Bin Mas’ud gewesen, der früher von Abu Sufyan das Angebot erhalten hatte, zwanzig Kamele zu bekommen, wenn er die Muslime überreden könne, dass es nicht zu dem geplanten zweiten Gefecht in Badr käme, das Abu Sufyan selbst angekündigt hatte, bevor er sich zurückzog. Seine Reise nach Medina war für ihn nicht umsonst, denn als er damals dort gewesen war, beeinflusste ihn der Islam so sehr, dass „dies die Zeit war, in der Allah mein Herz für den Islam öffnete“, wie er später sagte.
Nuaim schlich in die Stadt und verlangte den Propheten zu sprechen. Man brachte ihn zu ihm, und Muhammad fragte, weshalb er zu ihm gekommen wäre.
„O Gesandter Allahs, ich bin Muslim geworden, ohne dass meine Leute etwas davon wissen. Ich stehe unter deinem Befehl!“
„Du bist nur ein einzelner Mann unter uns, so gehe und versuche unsere Gegner durcheinander zu bringen, wenn du kannst. Denn Krieg ist List.“[168]
Nuaim ging gleich zu den Banu Qurayda, mit denen er in der Zeit der Unwissenheit, vor dem Islam, befreundet gewesen war und sprach: „Ihr Banu Qurayda! Ihr kennt meine Freundschaft euch gegenüber!“
„Du hast recht, wir misstrauen dir nicht“, antworteten sie ihm.
„Die Quraisch und die Banu Ghatafan sind nicht wie ihr. Hier ist eure Heimat, in der ihr euren Besitz, eure Kinder und eure Frauen habt. Ihr könnt sie nicht so einfach verlassen. Die Quraisch und die Banu Ghatafan aber sind hier, um Muhammad und seine Gefährten zu bekämpfen. Ihr habt sie dabei gegen Muhammad unterstützt. Hier ist für sie aber keine Heimat, sie haben ihren Besitz und ihre Frauen nicht hier, und wenn es ihnen nicht gelingen sollte, wie die anderen Male, ihren Feind zu schlagen, dann werden sie einfach dahin zurückkehren, woher sie gekommen sind und euch Muhammad und seinen Gefährten überlassen. Ihr habt dann keine Macht über ihn. Verlangt deshalb einige der Edlen der Quraisch als Geiseln, die bei euch bleiben sollen, damit ihr Sicherheit habt, dass man euch nicht im Stich lassen wird!“
„Du hast uns einen vollkommenen Rat gegeben“, bestätigten ihm die Banu Qurayda. Denn genau diese Bedenken hatten auch sie oft bei sich erwogen. Sie entschlossen sich, dem Vorschlag zu folgen und versprachen, niemandem zu verraten, dass Nuaim ihnen diesen Rat gegeben hatte.
Anschließend ging Nuaim zu den Quraisch und sprach zu Abu Sufyan und einigen Männern der Quraisch: „Ihr kennt meine Freundschaft zu euch, im Gegensatz zu Muhammad. Ich erfuhr etwas, und bin verpflichtet, es euch mitzuteilen. Es soll aber ein Geheimnis bleiben!“
Die Quraisch versprachen ihm, seine Warnung nicht zu verraten. Nuaim sagte weiter: „Die Banu Qurayda haben inzwischen ihr Verhalten gegenüber Muhammad bereut und ihm die folgende Nachricht zukommen lassen: ‚Wir bereuen unsere Tat. Würdest du zufrieden sein, wenn wir dir aus den beiden Stämmen Quraisch und Banu Ghatafan einige Edle übergäben, damit du ihre Köpfe abschlägst? Danach werden wir mit dir gegen die restlichen Männer kämpfen, um alle zu vernichten.’ Muhammad ist damit zufrieden. Sollten also die Banu Qurayda euch nun nach Geiseln fragen, liefert ihnen niemanden von euren Männern!“
Danach ging Nuaim zu seinen Leuten, den Banu Ghatafan, und sagte: „O ihr Männer von Banu Ghatafan! Ihr seid meine Leute, und die Menschen, die mir am liebsten sind.“ Und er warnte seinen eigenen Stamm, sowie er vorher die Quraisch gewarnt hatte.
Es war an einem Freitagabend, als Abu Sufyan und die Häupter der Banu Ghatafan Männer aus ihren Stämmen zu den Banu Qurayda schickten, ohne dass Hujai es erfuhr. Dort ließen sie Folgendes ausrichten: „Hier ist nicht unsere Heimat und wir können nicht länger warten. Macht euch morgen früh zum Kampf bereit, damit wir Muhammad vernichten!“
Die Banu Qurayda antworteten: „Morgen ist Sabbat. Und wir kämpfen auch nicht gegen Muhammad, ohne dass ihr uns Geiseln gebt, die bei uns bleiben, bis wir ihn erledigt haben. Wir haben Angst, dass ihr im Falle der Niederlage in eure Heimat flüchtet und uns Muhammad überlasst, während wir hier zu Hause sind und nicht in der Lage sind, ihn zu besiegen.“
Mit dieser Antwort kehrten die Boten zu den Quraisch zurück. Die Quraisch und die Banu Ghatafan stellten fest: „Was Nuaim euch erzählte, ist die Wahrheit!“ Sie ließen die Banu Qurayda wissen, dass sie nicht bereit seien, auch nur eine einzige Geisel zu übergeben, und wenn sie bereit seien zu kämpfen, so sollten sie dies sofort tun.
Als die Banu Qurayda die Antwort erhielten sagten sie zu sich: „Worüber Nuaim mit euch gesprochen hat, war die Wahrheit! Sie verlangen nur, dass ihr kämpft, und wenn sie eine Gelegenheit sehen, werden sie sie ausnützen. Andernfalls werden sie in ihre Heimat zurückkehren und euch im Stich lassen.“ Deshalb ließen sie die Quraisch und Banu Ghatafan wissen, dass sie ohne Geiseln nicht kämpfen würden. Die Quraisch bestanden ebenfalls auf ihrer Ablehnung.
Nun bekam Hujai Angst, getötet zu werden, als Abu Sufyan, der ihm nicht mehr traute, sich mit ihm stritt. Darauf verließ Hujai das Lager und flüchtete zu den Banu Qurayda.
Auf der anderen Seite des Grabens betete der Prophet weiter; er war sich genau wie am Anfang sicher, dass Allahs Sieg bald kommen werde.
In dieser Zeit fragte er seine Gefährten, wer von ihnen den Mut habe, auf die Seite der Feinde zu schleichen, um zu sehen, was diese taten. Es war aber schon spät, und vor Erschöpfung, Kälte und Hunger traute kaum einer von ihnen sich zu erheben. Außerdem heulten die Sturmböen wie wütende Wölfe. Als Hudhayfa[169] seinen Namen hörte, strahlte er. Der Prophet sagte: „O Hudhayfa, geh und schaue, was die Leute tun, ohne irgendetwas zu machen.“ Es dauerte nicht lange, bis er in der dunklen Nacht aufbrach und sich in die Lager der Quraisch einschlich.
Allah schickte in jener Winternacht einen eiskalten Wind, der die Gefäße der Quraisch mit erbarmungsloser Wucht umwarf und ihre Zelte wegfliegen ließ.
Da wandte sich Abu Sufyan an die Quraisch, während ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief, und sprach: „Männer von Quraisch! Wir sind hier nicht an einem sicheren Aufenthaltsort! Unsere Pferde und Kamele sterben, und die Banu Qurayda haben ihr Wort nicht gehalten. Schreckliches haben sie uns angetan! Ihr seht den stürmischen Wind, der uns kein Kochgeschirr, kein Feuer und kein Zelt lässt. Reist also ab, denn ich reite auch nach Hause!“
Hudhayfa sagte später dazu: „Abu Sufyan war so verwirrt, dass er stolperte, als er sich auf sein Kamel setzte. Bei Allah, wenn der Prophet mir nicht gesagt hätte, ich solle nichts machen, bis ich bei ihm sei, hätte ich ihn mit einem Pfeil getötet!“
Als Hudhayfa das Lager der Banu Ghatafan erreichte, war es bereits verlassen.
„Ich kehrte zügig zum Propheten zurück, der sich, in den Mantel seiner Frau gehüllt, gerade im Gebet befand. Als er mich bemerkte, ließ er mich an seiner Seite sitzen, legte einen Teil des Mantels auf mich und betete weiter. Als er sein Gebet beendet hatte, berichtete ich ihm alles.“[170]
Am nächsten Morgen, als auf der anderen Seite des Grabens nur noch eine leere Ebene zu sehen war, sagte der Prophet: „Die Quraisch werden ab diesem Jahr nie wieder gegen euch ziehen, aber ihr werdet gegen sie ziehen“.[171] Er gab bekannt, dass jeder nach Hause gehen solle. Erleichtert kehrten alle in die Stadt zurück und legten ihre Waffen ab.
Nachdem der Prophet von der Grabenschlacht nach Hause zurückgekehrt war und die Waffen abgelegt hatte, kam sogleich der Engel Gabriel zu ihm und fragte ihn: „Hast du die Waffen schon abgelegt, o Gesandter Allahs?“
„Ja“, antwortete der Prophet.
„Die Engel aber haben noch nicht ihre Waffen abgelegt. Ich komme von der Verfolgung der Leute. Allah befiehlt dir, o Muhammad, zu den Banu Qurayda zu marschieren! Ich gehe schon hin und lasse sie erzittern.“
Der Prophet beauftragte gleich einen Rufer: „Wer hört, soll sein Nachmittagsgebet nicht verrichten, bevor er nicht bei den Banu Qurayda angekommen ist.“ Er schickte Ali mit der Fahne. Als die Muslime ihn sahen, liefen sie ihm hinterher.
Ali zog weiter, bis er sich den Häusern der Banu Qurayda näherte und hörte, wie sie den Propheten beschimpften. Er ritt zum Propheten zurück und sagte zu ihm: „Gesandter Allahs! Du solltest dich diesen Abscheulichen nicht nähern!“
Als der Prophet bei den Banu Qurayda ankam, ließ er sich in ihrer Nähe an einem Brunnen namens Ana nieder und belagerte sie 25 Tage, bis sie geschwächt waren und ihre Herzen vor Furcht bebten.
Drei Jungen von der jüdischen Sippe Banu Hadl erinnerten die Banu Qurayda an das Wort Ibn Alhayabans, der nach Medina gekommen war, um den erwarteten Propheten zu sehen: „Seine Stunde ist gekommen. Ihr Juden, versucht die ersten zu sein, die ihm folgen.“
Das war vergeblich, weshalb die drei in der Nacht heimlich die Banu Qurayda verließen und sich den Muslimen anschlossen. Das gleiche taten auch zwei weitere Männer der Banu Qurayda, Rafiaa und Amr Bin Suda. Über Amr sagte der Prophet: „Allah rettete diesen Mann wegen seiner Treue.“ Amr war immer dagegen gewesen, Verrat zu begehen, den Vertrag von Medina zu verletzen und ihre Bewohner in Gefahr zu bringen.
Hujai war nach dem Abzug der Quraisch und der Banu Ghatafan in die Festung der Banu Qurayda geflüchtet, um sich dort zu verstecken.
Als die Banu Qurayda sich bewusst wurden, welchen Verrat sie begangen hatten, sprach Ka’b: „Ihr seht, in welcher Lage ihr euch befindet! Deshalb mache ich euch drei Vorschläge. Der Erste ist: Wir folgen diesem Mann. Es ist wahrlich klar, dass er ein gesandter Prophet ist, über den ihr in eurer Schrift gelesen habt. Mein zweiter Vorschlag ist, dass wir unsere Frauen und Kinder töten und dann frei mit dem Schwert gegen Muhammad und seine Gefährten kämpfen. Wenn wir nicht siegen, lassen wir zumindest keine Familien zurück. Wenn uns die Flucht gelingt, werden wir andere Frauen und Kinder finden. Der dritte Vorschlag ist, anzugreifen, obwohl Sabbat ist und Muhammad und seine Gefährten sich deshalb sicher sind, dass wir nichts unternehmen werden.“[172]
Alle drei Vorschläge lehnten sie ab. Vielleicht waren sie daran gewöhnt, dass Muhammad immer alles verzeihen wird? Aber diesmal hatten sie wenig Hoffnung, davonzukommen, da die Kämpfer der Banu An-Nadir und der Quraisch, die früher freigelassen worden waren, im Grabenkrieg erneut gegen die Muslime kämpften. Hätte man damals die Kriegsverbrecher hingerichtet, wäre das Heer der Quraisch nicht so mächtig gewesen und die Banu Qurayda hätten sich nicht getraut, die Stadt und den Vertrag zu verraten und so viele Menschenleben zu gefährden.
Die Muslime jedoch hielten stand, kämpften und besiegten die Banu Qurayda. Hujai wusste, dass seine Verhaftung bevorstand. Gewiss hatte er sich auf diese Stunde vorbereitet und war sicher, dass er nicht entkommen würde. Er wurde mit den Männern der Banu Qurayda festgenommen.
Saad Bin Mu’adh, der Anführer der Aus, sollte das Urteil fällen. Ihm war die Schwere der Schuld der Banu Qurayda bewusst und er urteilte: „Die Männer sollen hingerichtet werden!“[173]
Mit der Bestrafung der Banu Qurayda endete die Grabenschlacht.
Nördlich von Medina aber waren die Muslime weiterhin durch die Juden aus Chaibar gefährdet, die in jedem Augenblick Medina angreifen konnten, mit dem Ziel, den Propheten umzubringen.
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afiya, die Tochter Hujais, hatte einen Traum, in dem sie sah, dass ein leuchtender Mond über Medina stand, der langsam nach Chaibar wanderte, wo er in ihren Schoß fiel. Als sie erwachte, erzählte sie ihrem Mann Kinana, was sie im Traum gesehen hatte. Er schlug sie ins Gesicht, sodass sie beinahe ein Auge verlor, und brüllte: „Das kann nur heißen, dass du an Muhammad, dem König der arabischen Halbinsel, interessiert bist!“[174] Anscheinend war ihm bekannt, dass sie mit Muhammad sympathisierte oder er kannte sich mit Traumdeutung gut aus.
Inzwischen ließen sich die Muslime nicht mehr so einfach von ihren Feinden überraschen. Sie waren nunmehr auf Angriffe vorbereitet und hatten gelernt, die Gegend um Medina sicher zu bewachen.
Eines Tages war eine Reitertruppe zum Nadschd unterwegs und brachte auf ihrem Heimweg einen Götzendiener zum Propheten. Er fragte seine Gefährten: „Wisst ihr, wen ihr da mitgenommen habt? Das ist Thumama Bin Athal Al-Hanafi. Seid gut zu eurem Gefangenen!“[175]
Der Prophet war ständig dem Widerstand von Götzendienern ausgesetzt, die sich mit den Quraisch verbündeten.
Allah wies den Propheten über Offenbarungen an, nicht Gleiches mit Gleichem zu vergelten, sondern das Böse mit Gutem abzuwehren, denn dann „wird derjenige, zwischen dem und dir Feindschaft besteht, so, als wäre er ein warmherziger Freund.“[176]
Muhammad ging nach Hause und bat seine Familie, dem Gefangenen etwas zu essen zu bringen. Er ging erneut zu ihm und sagte: „Womit rechnest du bei mir, Thumama?“
Thumama antwortete: „Nur mit Gutem! Wenn du mich tötest, so tötest du einen Menschen, dessen Blut geschützt ist, und wenn du mir Gnade erweist, so erweist du sie einem Dankbaren. Wenn du aber dafür ein Lösegeld verlangst, so verlange, was du willst.“
Der Prophet ging fort, ohne ihm zu antworten. Später kam er öfters zu ihm und sagte: „Womit rechnest du bei mir, Thumama?“
„Mit dem, was ich dir gesagt habe.“
Der Prophet kam am dritten Tag erneut zu ihm und fragte wieder: „Womit rechnest du bei mir, Thumama?“
Thumama wiederholte: „Womit ich rechne, habe ich dir gesagt!“
Darauf überraschte ihn der Prophet mit seiner Güte und rief: „Lasst Thumama frei!“
Thumama konnte es kaum glauben, er strahlte vor Freude und ging zu einer Palme in der Nähe der Moschee, vollzog eine Ganzkörperwaschung und kehrte zurück. Er betrat die Moschee und sprach: „Ich bezeuge, dass es keinen Gott gibt außer Allah, und ich bezeuge, dass Muhammad der Gesandte Allahs ist! O Muhammad, ich schwöre bei Allah, dass es kein Gesicht auf dieser Erde gab, das ich mehr hasste als dein Gesicht. Heute ist dein Gesicht für mich das geworden, was ich am meisten liebe. Ich schwöre bei Allah, dass es keine Religion gab, die ich mehr hasste als deine Religion. Heute ist deine Religion für mich jene geworden, die ich unter allen Religionen am meisten liebe. Ich schwöre bei Allah, dass es keine Stadt gab, die ich mehr hasste als deine Stadt. Heute ist deine Stadt für mich diejenige geworden, die ich unter allen Städten am meisten liebe. Deine Truppen nahmen mich fest, als ich die kleine Pilgerfahrt (Umra) nach Mekka vollziehen wollte. Ich möchte sie vollenden. Was hältst du davon?“
Der Gesandte lächelte und ermutigte ihn, die Umra zu vollziehen.
Als Thumama in Mekka ankam, begann er die Talbiya[177] des Islam zu rufen. Sofort nahmen ihn die Quraisch fest und drohten, ihn zu enthaupten. Sie waren davon ausgegangen, dass Thumama ihr Freund sei. Ein Mann sagte: „Lasst ihn, ansonsten bekommt ihr kein Getreide mehr aus Yamama!“ Sie beschimpften ihn: „Ungläubig bist du geworden!“
„Nein, bei Allah“, erwiderte er, „vielmehr bin ich ein Muslim geworden, mit Muhammad. Nein, bei Allah, ihr werdet eines Tages kein einziges Weizenkorn mehr aus Yamama erhalten, ohne dass der Prophet seine Erlaubnis dazu gibt!“
Schließlich waren die Quraisch gezwungen, ihn freizulassen. Als er wieder zu Hause in Yamama war, gab er seinem Volk den Befehl, den Quraisch kein einziges Körnchen Getreide mehr zu schicken.
Würde Muhammad sich jetzt für die Jahre rächen, in welchen die Quraisch ihn und die Muslime hatten hungern lassen?
Den Quraisch war der Ernst der Lage klar. Deshalb schrieben sie gleich einen Brief an den Propheten und erinnerten ihn an die Verwandtschaft. Sie flehten ihn an, er solle zulassen, dass sie wieder Getreide bekämen. Offenbar hatten sie in diesem Moment vergessen, was sie den Muslimen angetan hatten, oder sie wagten es, ihm diese Bitte zu schicken, weil sie blind seiner Güte vertrauten.
Nicht lange nach dem Grabenkrieg zog der Schwiegersohn des Propheten, Abul As, Zaynabs Mann, mit Handelsgütern der Quraisch nach Asch–Scham.
In der Nähe Medinas stieß er auf eine Truppe Muslime, die in Beschlag nahmen, was die Karawane bei sich trug und die meisten Männer gefangen nahm.
Abul As gelang die Flucht, und er wollte an Medina vorbei nach Mekka in den Süden. Als er aber in der Nähe von Medina war, in der Stadt, wo seine geliebte Frau Zaynab und seine kleine Tochter Umama waren, konnte er nicht anders handeln, als einfach in die Stadt zu Zaynabs Wohnung zu gehen.
Abul As blieb bei seiner Tochter Umama, während Zaynab in die Moschee ging, um mit den Frauen das Morgengebet zu verrichten. Kurz bevor sie mit dem Gebet begannen, rief Zaynab: „O ihr Menschen, ich habe dem Abul As Bin Rabi Schutz gewährt!“
Nachdem der Prophet das Gebet beendet hatte, machte er den Muslimen klar, dass er davon nichts wisse, aber nicht nur seine Tochter, sondern jeder Muslim und jede Muslima ein Schutzversprechen geben könne, das für alle Muslime bindend sei. Dann ging er zu Zaynab und bat sie: „Mein Töchterchen, du sollst freundlich zu ihm sein, aber als Ehemann ist er für dich nicht erlaubt.“
Zaynab stimmte zu und setzte sich weiter für ihn ein.
„Ich würde mich freuen, wenn ihr diesem Mann Güte zeigt und ihm seine Waren zurückgebt“, sagte der Prophet zu den Männern.
Man gab ihm alles zurück.
Einige Muslime, die ihn festgenommen hatten, schlugen ihm vor, ihm die Handelsgüter der Quraisch zu schenken, wenn er Muslim würde. Er wollte aber sein Versprechen gegenüber den Quraisch nicht brechen und sagte, er wolle seinen Glauben an den Islam nicht mit Veruntreuung beginnen. Sie ließen ihn ziehen.
Er gelangte sicher nach Mekka. Als er seinen Gefährten von den Quraisch alles zurückgegeben hatte, was ihm anvertraut worden war, rief er: „O ihr Quraisch! Hat irgendjemand von euch von dem, was er mir gegeben hatte, etwas nicht zurück erhalten?“
Sie antworteten: „Nein! Allah möge es dir mit Gutem vergelten! Wir haben dich vertrauenswürdig und edel gefunden.“
Darauf sprach er: „So bezeuge ich, dass es außer Allah keinen Gott gibt und dass Muhammad Sein Diener und Sein Gesandter ist. Bei Allah, nichts hinderte mich, als ich bei ihm in Medina war, Muslim zu werden, außer der Furcht, ihr könntet sagen, ich hätte euer Geld auffressen wollen; doch da Allah es euch nun zukommen ließ und da ich es los bin, werde ich nun Muslim!“[178]
Nicht nur Zaynab und die kleine Umama freuten sich über die Ankunft von Abul As, die ganze Familie des Propheten war sehr froh, dass die kleine Familie endlich wieder zusammen war.
Der Prophet mochte Umama sehr. Wenn er betete, trug er sie auf dem Arm. Wenn er sich niederwarf, legte er sie hin, und wenn er aufstand, nahm er sie wieder. Je öfter die Frauen sahen, wie gut der Prophet Kinder und Frauen behandelte, desto wohler und selbstbewusster fühlten sie sich und wagten, nach ihren Rechten zu fragen.
Ehen von Frauen, die ohne Einverständnis hatten heiraten müssen – auch wenn diese Zwangsehen aus den Traditionen der vorislamischen Zeiten stammten – erklärte Muhammad für ungültig, und er gab den Frauen das Recht, sich scheiden zu lassen. Chansa war eine dieser Frauen, deren Ehe der Prophet für nichtig erklärte, weil ihr Vater sie gegen ihren Willen verheiratet hatte.[179] Der Prophet ermutigte sie: „Heirate wen du willst.“[180] Danach heiratete sie Abu Lubaba und verbrachte mit ihm ein glückliches Leben.
Es wurde zur Voraussetzung einer Heirat, dass der Vertrag in beiderseitigem Einverständnis geschlossen wurde.
Immer wieder befreiten sich auch die neuen Muslime von ihrer Unwissenheit. Deshalb kamen die Frauen zum Propheten und klagten: „Die Männer sind im Vergleich zu uns in der Mehrzahl, so gib uns einen Tag, an dem wir teilhaben an dir, um von dir zu lernen!“
Da setzte er ihnen einen bestimmten Tag fest, an dem er mit ihnen zusammentraf, sie unterrichtete und ihnen Anweisungen gab.
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us Mitleid hatte der Prophet die Yamama benachrichtigt, dass sie Mekka wieder mit Getreide versorgen dürften. Trotz dieser Großzügigkeit drängten die Quraisch ihre Verbündeten von der Sippe der Banu Al-Mustaliq, einen Angriff auf Medina zu starten.
Als der Prophet dies erfuhr, zögerte er nicht lange und stand mit seinen Männern plötzlich vor dem Lager der Banu Al-Mustaliq. Ohne viel Widerstand ergaben sie sich.
Im Lager der Muslime gab es einen kleinen Streit an einer Wasserquelle zwischen einem Mann der Helfer und einem der Auswanderer. Als der Prophet davon erfuhr, erinnerte er sie daran, dass derlei Zwietracht in die Zeit der Unwissenheit gehöre, von der er sagte, sie sei überwunden.[181]
Männer, die als Heuchler bekannt waren, vor allem Ibn Salul, nutzten diesen Streit aus und versuchten, Zwietracht zu säen.
Als der Prophet durch Zaid davon erfuhr und sah, wie die Stimmung sich verschlechterte, gab er den Befehl aufzubrechen. Er hielt nur kurz an, damit sie das Gebet verrichten konnten.
Aischa und Umm Salama sowie einige andere Frauen waren dabei. Als Aischa wegen ihrer Kette, die sie unterwegs verloren hatte, zurückblieb, begannen Ibn Salul und einige andere Heuchler, daraus eine Geschichte zu spinnen, die den Propheten dort verletzte, wo es ihn am meisten schmerzte. Sie begannen, Lügen auszustreuen und zu erzählen, Aischa sei mit einem Mann zurückgeblieben.
Umar beobachtete diese Sache aufmerksam. Er schlug vor, Ibn Salul zu bestrafen. Doch der Prophet ließ dies nicht zu. Er übte sich in Geduld und sprach: „O Umar, die Leute werden sagen: ‚Muhammad tötet seine Gefährten!’“
Abdullah, der Sohn des Ibn Salul, der gemeinsam mit seiner Schwester Muslim geworden war, erfuhr dies und fragte sich verzweifelt, was er machen sollte, denn er liebte den Propheten mehr als seinen Vater.
Unterwegs wehte ein starker Wind, der ihnen das Weiterziehen erschwerte und schließlich zum Sturm wurde. Alle fürchteten sich. Der Prophet aber beruhigte seine Gefährten: „Habt keine Angst! Dieser Wind weht wegen des Todes eines großen Verbrechers!“
Als sie in Medina ankamen, erfuhren sie, dass am gleichen Tag ein übler Verbrecher namens Rufaa gestorben war, der ein Unterstützer der Heuchler gewesen war.[182]
Am gleichen Tag kam Abdullah, der Sohn Ibn Saluls, zum Propheten. „O Gesandter Allahs, ich habe gehört, dass du meinen Vater Ibn Salul möglicherweise töten lassen könntest, wegen dem, was er getan hat. Wenn dem so ist, beauftrage mich, damit ich dir seinen Kopf bringe!“
Der Prophet verzieh Ibn Salul und antwortete: „Im Gegenteil, wir werden deinen Vater mit Sanftmut behandeln, solange er unter uns ist.“ Ab diesem Zeitpunkt tadelten seine Verwandten Ibn Salul immer wieder wegen seiner Taten.[183]
Erst viel später erfuhr Aischa, dass die Heuchler Gerüchte über sie in die Welt gesetzt hatten. Das kränkte sie sehr, weil ihr Charakter und ihre Liebe zum Propheten in ganz Medina bekannt waren. Sie war krank und befand sich bei ihrer Mutter. Dass der Prophet sie öffentlich von der Kanzel herab verteidigte, wusste sie nicht. Weinend bemühte sie sich um Geduld und sagte: „Ich suchte nach dem Namen Jakobs, konnte mich aber daran nicht erinnern, weshalb ich sagte: ‚Aber ich will wie Josephs Vater sagen: Mein ist die schöne Geduld und Anrufung Allahs um Hilfe gegen euren Bericht.’“[184] Der Prophet saß noch bei uns, als eine himmlische Botschaft zu ihm kam und er, wie üblich, von den Schmerzen dieser Offenbarung ergriffen wurde, die ihn zu solchen Zeiten stets heimsuchten. Trotz der Kälte des Winters perlten Schweißtropfen von seiner Stirn. Als der Druck, den er empfand, nachließ, wischte er mit Freude den Schweiß von seiner Stirn und sprach: “O Aischa, Allah hat den Beweis deiner Unschuld herabgesandt.““
Aischa pries Allah, und der Prophet ging zu den Gläubigen und rezitierte ihnen die herabgesandten Koranverse.[185]
Mistah war einer jener, die nacherzählte, was die anderen Übles über Aischa gesagt hatten. Abu Bakr, der Mistah regelmäßig unterstützte, sagte: „Bei Allah, ich werde nie wieder Mistah etwas geben und ihm nie wieder einen Gefallen tun, nachdem er uns und Aischa so etwas angetan hat!“ Darüber wurden die Koranverse offenbart: „Und es sollen diejenigen von euch, die Überfluss und Wohlstand besitzen, nicht schwören, sie würden den Verwandten, den Armen und denjenigen, die auf Allahs Weg ausgewandert sind, nichts mehr geben, sondern sie sollen verzeihen und nachsichtig sein. Liebt ihr es nicht, dass Allah euch vergibt? Und Allah ist Allvergebend und Barmherzig.“[186]
Abu Bakr sagte dazu: „Bestimmt liebe ich es, dass Allah mir vergibt!“ Dann rannte er zu Mistah, um ihm zu verzeihen und ihm zu geben, was er immer gab und versprach: „Bei Allah, ich werde es ihm nie mehr verweigern!“[187]
Damit kehrte in Medina wieder Ruhe ein.
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ines Nachts träumte der Prophet, dass er mit geschorenem Kopf vor der Kaaba stünde, während er ihre Schlüssel in der Hand hielt. Er begriff, dass der Traum ein Hinweis Allahs war, und am nächsten Tag forderte er seine Gefährten auf, sich auf eine Besuchs-Pilgerfahrt nach Mekka vorzubereiten.[188]
Sie kauften siebzig Kamele, um diese für Allah zu opfern und ihr Fleisch an Arme zu verteilen. Vielleicht unternahm der Prophet die Pilgerfahrt auch, weil die derzeitige Schwäche der Quraisch dem Frieden dienen konnte.
Der Prophet wollte keine Gelegenheit ungenutzt lassen, die Menschen einander näher zu bringen.
Die Gefährten wollten ihre Rüstungen und Schilde anlegen, weil sie fürchteten, dass die Quraisch sie trotz des heiligen Monats angreifen könnten.[189] Der Prophet jedoch sagte ihnen: „Ich will aber unbewaffnet sein.“ Er machte ihnen klar, dass er nur die Pilgerfahrt vollziehen und in Frieden reisen wollte. So trug er nur zwei ungenähte Tücher; mit dem einen bedeckte er den unteren Teil seines Körpers, und den anderen legte er um die Schulter, um die spirituelle und friedliche Reise bescheiden und demütig anzutreten.
Der Anweisung des Propheten folgend führten die Muslime nur die Waffen mit, welche für Handelskarawanen üblich waren. Diese Bewaffnung hätte einer Armee nicht standhalten können. Damit signalisierten sie ihre gute Absicht.
Die Mekkaner, die nicht von den friedlichen Absichten der Muslime überzeugt waren, machten sich große Sorgen und waren gespannt, wann sie von ihnen angegriffen würden, nachdem die Muslime nun stärker geworden waren und man in ganz Arabien von ihrer Gerechtigkeit, aber auch von ihrer Tapferkeit sprach. Die Quraisch schickten ihnen eine bewaffnete Truppe entgegen.
Bei Usfan[190] begegnete der Prophet einem Muslim namens Bischr Bin Sufyan Al-Kabi, der ihm sagte: „O Gesandter Allahs! Die Quraisch haben von deinem Kommen erfahren. Bewaffnet haben sie Mekka verlassen, um dir den Eintritt in die Stadt zu verweigern. Chalid Bin Al-Walid ist schon mit den Reitern der Quraisch unterwegs.“
„Wehe den Quraisch! Ohne Krieg halten sie es nicht aus!“[191]
Dann fragte er, ob es einen Mann gebe, der sie nach Mekka bringen könnte, ohne dass sie unterwegs auf die Krieger der Quraisch stoßen würden.
Ein Mann meldete sich. Er führte sie durch das sogenannte Salzgebiet – auf einem Weg, der sie über den Pass von Murar in die Ebene von Hudaibiya unterhalb Mekkas führte. Als die Reiter der Quraisch den aufgewirbelten Staub sahen, erkannten sie, dass die Muslime einen anderen Weg eingeschlagen hatten und ritten nach Mekka zurück.
Plötzlich kniete Qaswa, die Kamelstute des Propheten, auf dem Pass von Murar, nieder. Die Muslime wunderten sich und sprachen: „Dein Kamel kniet nieder?“
„Das ist nicht typisch für mein Kamel, aber Allah, Der auch den Elefanten[192] von Mekka abhielt, versperrt ihm den Weg. Deshalb werde ich heute kein Angebot der Quraisch ablehnen, das die Verwandtschaftsbande wieder herstellt“, erwiderte der Prophet.[193] Gelassen ließ er die Muslime absteigen, und als sie ihm erklärten, dass es im Tal kein Wasser gäbe, um zu rasten, holte er aus seinem Behälter einen Pfeil heraus und gab ihn einem Gefährten, der ihn in ein ausgetrocknetes Wasserloch steckte. Reichlich frisches, klares Wasser sprudelte empor. Menschen und Tiere löschten ihren Durst. Alle Gefährten waren Zeuge dieses Wunders.
Nach einer Weile kam Budail Bin Warqa mit einigen Männern vom Stamm Banu Chuza´a aus Mekka zum Propheten und erkundigte sich nach seinem Vorhaben.
Er sagte, er wolle keinen Krieg und sei als Besucher der Kaaba gekommen.
Sie gingen wieder zu den Quraisch und erklärten ihnen: „Männer von Quraisch! Ihr beeilt euch gegen Muhammad, doch er ist nicht zum Kämpfen, sondern zum Besuch der Kaaba gekommen!“
„Selbst wenn er nicht kämpfen will, wird er sie nicht betreten!“
Die Quraisch schickten nun Hulais.[194]
„Dieser Mann verehrt den Herrn der Kaaba. Stellt die Opfertiere vor sein Gesicht, damit er diese sehen kann!“ sagte der Prophet, als er ihn kommen sah.
Hulais sah die vielen Opfertiere und den Zustand der Muslime, weshalb er aus Ehrfurcht nicht weiterzog. Er erkannte, dass die Muslime wirklich als Pilger nach Mekka gekommen waren. Hulais kehrte zu den Quraisch zurück und erzählte ihnen, was er gesehen hatte.
Diese aber sagten nur: „Setz dich! Du bist nur ein Beduine, der nichts versteht!“
Wütend antwortete Hulais: „Ihr Quraisch! Dafür haben wir uns nicht mit euch verbündet! Lasst ihn eintreten, oder ich werde alle Ahabisch abziehen lassen!“
„Lass uns, Hulais, bis wir erreicht haben, was wir an Bedingungen erreichen wollen!“
Die Quraisch wollten Urwa Bin Mas’ud zum Propheten schicken. Dieser zögerte zunächst, die Aufgabe zu übernehmen, nachdem er gesehen hatte, wie Hulais behandelt worden war.
Als er beim Propheten war, erklärte er ihm das Gleiche, und auch Urwa konnte sich davon überzeugen, dass Muhammad ohne kriegerische Absichten gekommen war.
Beim Propheten sah Urwa auch, welche Stellung Muhammad unter seinen Gefährten hatte.[195]
Als einige Kampflustige der Quraisch merkten, dass der Frieden allzu nah war, schlichen sie sich mit etwa siebzig bis achtzig Kriegern nachts ins Lager der Muslime, um das Feuer des Krieges zu entzünden.
Muhammad Bin Maslama hatte die Führung der Wache übernommen, und es gelang ihm, alle Angreifer schnell festzunehmen. Der hinterhältige Angriff schmälerte den Wunsch des Propheten nach Frieden nicht – er antwortete mit einer weiteren Vergebung und ließ alle wieder frei. Er schickte seinen Schwiegersohn Uthman und Charrasch zu den Führern der Quraisch, und auch diese brachten ihnen die Friedensbotschaft des Propheten.
Als Uthman seinen Auftrag erledigt hatte, boten die Quraisch ihm an, er dürfe die Kaaba umschreiten. Er lehnte das Angebot aber ab und sagte: „Ich werde dies nicht tun, bevor der Gesandte Allahs die Kaaba umschritten hat!“
Nun schickten die Quraisch Suhail mit einer neuen Anweisung zum Propheten: „Geh zu Muhammad und schließe mit ihm einen Friedensvertrag, aber nur auf der Basis, dass er in diesem Jahr zurückkehrt, damit die Araber nicht sagen, er habe uns gezwungen, ihm den Eintritt zu gewähren.“
Als der Prophet Suhail kommen sah, sagte er: „Die Leute wollen Frieden, deshalb haben sie diesen Mann gesandt.“
Sie verhandelten lange; die Gefährten hörten von draußen, wie ihre Stimmen sich hoben und senkten. Endlich hatten sie sich auf einen Friedensvertrag geeinigt.
Der Prophet bat Ali, den Friedensvertrag zu schreiben: Auf Folgendes hat Muhammad Bin Abdullah mit Suhail Bin Amr einen Friedensvertrag geschlossen: Sie vereinbaren, zehn Jahre auf Krieg zu verzichten, damit sich in dieser Zeit die Menschen sicher fühlen und einander keine Gewalt antun. Muhammad ist verpflichtet, jeden zu den Quraisch zurückzuschicken, der ohne Erlaubnis seines Vormunds zu ihm kommt. Die Quraisch aber sind nicht verpflichtet, solche, die Muhammad verlassen, zurückzuschicken. Keine Feindschaft und keinen Betrug darf es geben. Wer ein Bündnis mit Muhammad schließen möchte oder mit den Quraisch, ist frei, dies zu tun.
Plötzlich meldeten sich die Stammesführer der Chuza’a und erklärten, dass sie ein Bündnis mit dem Propheten eingehen wollten. Sie waren zum Lager gekommen, um die Pilger zu besuchen. Einige Vertreter der Banu Bakr, die mit Suhail gekommen waren, erklärten, dass sie mit den Quraisch in Vertrag stehen würden.
Am Ende des Vertrags stand:
In diesem Jahr wirst du, Muhammad, zurückkehren und Mekka nicht besuchen dürfen. Im nächsten Jahr werden wir Mekka verlassen, sodass du, Muhammad, dort mit deinen Gefährten drei Tage verbringen kannst. Ihr werdet nur die Waffen der Reisenden bei euch tragen dürfen.
Nachdem der Friedensvertrag abgeschlossen worden war, der als „Sulhul Hudaibiya“ bekannt wurde, wollte der Prophet die Opfertiere schlachten. Doch die Muslime zögerten und waren sehr traurig darüber, dass sie Mekka nicht betreten durften. Der Prophet fragte Umm Salama, die ihn begleitet hatte, um Rat. Sie riet ihm, er solle einfach mit dem Schlachten der Opfertiere und mit dem Rasieren der Haare beginnen, und so würde jeder Gefährte seinem Beispiel folgen.
Der Prophet hörte auf seine Frau und tat dies, er begann die Opfertiere zu schlachten und setzte sich nieder, damit Charrasch ihm den Kopf schor. Als die Gefährten das sahen, sprangen sie gleich auf, schlachteten ihre Opfertiere und rasierten sich die Köpfe. Umm Salama[196] war mit einigen anderen Frauen dabei und sah, dass die Gefährten begannen, sich so energisch die Köpfe zu rasieren, dass sie befürchtete, sie könnten einander verletzen.[197]
Auf dem Rückweg wurde dem Propheten zwischen Mekka und Medina eine Sure offenbart, die er Umar rezitierte: Gewiss, Wir haben dir einen deutlichen Sieg verliehen.[198] Umar fragte, ob die Verse die Befreiung Mekkas voraussagten. Der Prophet bejahte es. Umar war erleichtert, als er das fröhliche Gesicht des Propheten sah.
Nie zuvor war ein Sieg im Islam größer als bei diesem Friedensvertrag. Vorher waren sich die Menschen nur im Kampf begegnet. Die Götzendiener wollten nicht, dass man die Botschaft des Islam hörte, und sie waren es gewesen, die mit dem Kampf begonnen hatten.
Nun aber, nachdem der Waffenstillstand besiegelt und der Krieg verhindert worden war, begegneten sich die Menschen offen und in Frieden. Deshalb nahm jeder den Islam an, der angesprochen wurde. In den nächsten zwei Jahren erhöhte sich die Zahl der Muslime ständig,[199] und eine Delegation nach der anderen kam nach Medina, um ihren Beitritt zum Islam zu verkünden oder Verträge und Friedensabkommen mit dem Propheten zu schließen. Ganze Stämme und Dörfer nahmen die Lehren des Korans an, denn der neue islamische Staat konnte allen Menschen die Freiheit des Glaubens bieten, wie sie in folgendem Koranvers offenbart ist: „Es gibt keinen Zwang im Glauben. Besonnenheit ist nunmehr klar unterschieden von Verirrung. Wer also falsche Götter verleugnet, jedoch an Allah glaubt, der hält sich an der festesten Handhabe, bei der es kein Zerreißen gibt.“[200]
Die Menschen lernten den Wert der Glaubensfreiheit noch besser kennen. Die neuen Muslime in Mekka durften nicht zum Propheten nach Medina auswandern, deshalb wurden sie im Laufe der Zeit ein Problem für die Quraisch, denn sie bereiteten ihren Handelskarawanen Schwierigkeiten.
Einem Mann namens Abu Busair gelang die Flucht aus der Gefangenschaft der Quraisch. Als er jedoch Medina erreichte, durfte ihn der Prophet, dem Abkommen von Hudaibiya folgend, nicht aufnehmen. Der Prophet sagte zu ihm: „O Abu Busair, wir haben mit ihnen vereinbart, was dir bekannt ist, und unsere Religion verbietet uns den Verrat von Vereinbarungen!“
Abu Busair erwiderte „O Gesandter Allahs, schickst du mich zu ihnen zurück und gibst ihnen die Möglichkeit, mich von meiner Religion abzubringen?“
Der Prophet antwortete: „O Abu Busair, geh zurück. Allah wird dir und den anderen Unterdrückten eine Rettung gewähren!“
Zwei Mekkaner, die gekommen waren, um ihn zu holen, nahmen ihn mit.
Auf dem Weg zurück nach Mekka gelang ihm die Flucht. Er ging zurück zum Propheten und sagte ihm: „O Gesandter Allahs, du hast dein Abkommen eingehalten und mich zurück geschickt. Allah hat mich gerettet!“ Doch er verließ Medina, damit der Vertrag nicht gebrochen würde. Er ließ sich an der Küste des Roten Meeres in der Nähe der Karawanenstraße nach Ash-Sham nieder.
Im Laufe der Zeit sammelten sich siebzig Muslime um Abu Busair, die alle das gleiche Schicksal erlitten hatten. Sie waren aus Mekka vor der Unterdrückung der Quraisch geflüchtet und konnten nicht zum Propheten nach Medina. Um sich zu versorgen, begannen sie die Karawanen der Quraisch zu überfallen, denn da sie nicht nach Medina durften, galt die Waffenruhe für sie nicht.
Die Quraisch mussten feststellen, dass sie nicht nehmen konnten, was in den Herzen der Frauen und Männer heimisch geworden war. Ihnen wurde klar, dass sie keine Möglichkeit hatten, ihre Töchter und Söhne, die den Islam angenommen hatten, dazu zu zwingen, ihre neue Religion aufzugeben.
Jeder der jungen Muslime wartete nur auf eine Gelegenheit, Mekka zu verlassen und sich Abu Busair anzuschließen.
Schließlich sahen sich die Quraisch gezwungen, eine Nachricht zum Propheten zu schicken und ihn darum zu bitten, dass er Abu Busair und die anderen in seiner Gemeinde aufnehmen möge, damit sie die Karawanen der Quraisch nicht länger überfallen würden.
Muhammad nahm Abu Busair und die anderen Muslime um ihn in Medina auf. Damit verzichteten die Quraisch auf das, worauf Suhail Bin Amr im Vertrag von Hudaibiya bestanden hatte: Das Zurückschicken der quraischitischen Muslime nach Mekka, wenn diese ohne Einwilligung ihrer Familien und Clans zum Propheten überliefen.[201]
Die neue Glaubensfreiheit ermutigte nicht nur einzelne Personen, sondern ganze Stämme, dem Propheten zu folgen. Das gefiel den Juden in Chaibar ganz und gar nicht...
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haibar war eine nördlich von Medina gelegene Oase östlich der Karawanenstraße von Mekka nach Syrien. Hierher waren viele der Banu Qaynuqa und der Banu An-Nadir nach dem Konflikt mit den Muslimen in Medina gezogen.
Chaibar hatte den Angriff auf Medina bei der Grabenschlacht tatkräftig unterstützt. Dieses Vorhaben war misslungen und die Quraisch hatten nun ein Abkommen mit den Muslimen, das die Kämpfe einstellte. Jetzt versuchte Chaibar, auf eigene Faust Krieg gegen Medina zu führen.
Chaibar unternahm einen Mordanschlag auf den Propheten und versuchte verschiedene Stämme, unter ihnen die Banu Ghatafan, gegen Medina zu mobilisieren. Im Jahre 628, sieben Jahre nach der Auswanderung, rüstete Chaibar zum Angriff gegen die Muslime.
Die Muslime waren schneller und zogen mit einer Armee von 1.500 Mann gegen den Festungen von Chaibar. Als die Banu Ghatafan hörten, dass der Prophet nach Chaibar unterwegs war, sammelten sie sich und brachen auf, um ihren Verbündeten gegen die Muslime zu helfen.
Währenddessen warteten die Quraisch gespannt auf Nachrichten vom Kriegsgeschehen. Sie hatten erfahren, dass die Muslime nach Chaibar unterwegs waren. Jeden Tag versammelten sie sich und fragten alle Reisenden, die aus dem Norden kamen, ob es Neues gäbe. Sie wussten, dass die Festungen von Chaibar schwer bewaffnet waren.
Als sie Hadschadsch Bin ‘Ilatt As-Sulaymi in Mekka ankommen sahen, fragten sie ihn, noch bevor er von seinem Kamel abstieg, ob er etwas Neues wisse.
„Ich habe gute Nachrichten, die euch freuen werden“, begann Hadschadsch. Die Götzendiener versammelten sich zu beiden Seiten seines Kamels und fragten ihn aufgeregt, ob das wirklich wahr sei.
„Eine Niederlage hat Muhammad erlitten, wie ihr sie euch nicht vorstellen könnt! Viele seiner Gefährten sind getötet worden, und Muhammad ist in Gefangenschaft geraten, und sie haben gesagt, sie werden ihn nicht umbringen, sondern den Quraisch ausliefern, damit sie sich an ihm rächen und ihn töten können!“
Die Götzendiener verkündeten nun in ganz Mekka, dass sie Muhammad erwarteten, um ihn zu töten.
Dann bat Hadschadsch die Mekkaner, ihm schnell zu helfen, sein Geld zurückzubekommen, denn viele hätten ihre Schulden bei ihm noch nicht bezahlt. Er brauche das Geld, um die erbeuteten Gegenstände, die man Muhammad weggenommen habe, billig kaufen zu können, bevor andere Händler es täten. Dieser Bitte kamen die Quraisch mit Freude nach.
Während er sich im Zelt der Händler aufhielt, kam Abbas Bin Abdul-Muttalib, stellte sich neben ihn und fragte: „O Hadschadsch, was erzählst du hier, was ist das für eine Nachricht, mit der du gekommen bist?“
„Habe ich auch dir etwas von meinem Besitz anvertraut?“, fragte Hadschadsch.
Abbas bejahte es.
„Dann lass es noch bei dir, bis ich dich allein treffe, denn wie du siehst, bin ich dabei, meinen Besitz einzusammeln.“
Als Hadschadsch alles, was er in Mekka besaß, an sich genommen hatte, ging er zu Abbas und bat ihn: „Bewahre mein Geheimnis nur drei Tage lang, o Abbas.“
Hadschadsch fuhr fort: „Bei Allah, ich schwöre, dass Chaibar erobert ist und jetzt dem Propheten und seinen Gefährten gehört! Von dort droht keine Gefahr mehr.“
„Was sagst du, Hadschadsch?“, fragte Abbas.
„Bei Allah, behalte mein Geheimnis für dich! Ich bin Muslim geworden und war nur hier, um an meinen Besitz zu gelangen, der hier verstreut war! Wenn drei Tage vergangen sind, mach es bekannt. Und was den Propheten angeht, bei Allah, es geht ihm so gut, wie du es wünschst!“ [202]
Als drei Tage vergangen waren, zog Abbas seine besten Kleider an, machte sich zurecht, nahm seinen Stock und ging zur Kaaba, um sie zu umschreiten.
Als man ihn in diesem Zustand sah, fragte man ihn, ob er dies aus Trauer wegen seines Neffen täte.
„Im Gegenteil“, antwortete Abbas, „Muhammad hat Chaibar besiegt; er und seine Gefährten haben Chaibar unter Kontrolle!“
„Wer hat dir diese Nachricht gebracht?“
„Der Gleiche, der euch die andere brachte! Er ist als Muslim zu euch gekommen, nahm seinen Besitz und ist losgeritten, um Muhammad und seine Gefährten zu erreichen.“
„Wenn wir das nur gewusst hätten“, stöhnten die Quraisch, „wir hätten ihn nicht entfliehen lassen!“
Es dauerte nicht lange, bis die zweite Nachricht bestätigt wurde.[203]
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ie Banu Ghatafan waren schon einen Tag unterwegs, um Chaibar zu Hilfe zu kommen. Da hörten sie eine Stimme, die ihnen sagte, dass mit ihren Herden und Familien etwas geschehen sei. Sie wussten nicht, ob die Stimme aus dem Himmel oder von der Erde zu ihnen gesprochen hatte, aber sie fürchteten, dass man ihre Heimat in ihrer Abwesenheit angegriffen hatte und eilten deshalb nach Hause zurück. Damit hatten sie dem Propheten den Weg nach Chaibar freigegeben.
Nach harten Kämpfen gelang es den Muslimen, die Festungen der jüdischen Stämme einzunehmen. Das Gebiet von Chaibar wurde unter muslimische Schutzherrschaft gestellt, und nun drohte von dort keine Gefahr mehr.
Während der Belagerung einer Festung kam ein Hirte namens Aswad mit seinen Schafen zum Propheten und sagte ihm, er sei der Hirte eines Juden. Er bat ihn, ihm den Islam zu erklären. Muhammad erklärte ihm geduldig, was er wissen wollte. Die Worte des Propheten berührten den Hirten so tief, dass er Muslim wurde. Daraufhin forderte der Prophet ihn auf, die Schafe, die ihm anvertraut worden waren, ihrem Besitzer zurückzuschicken, indem er eine Handvoll Steinchen nehmen und diese in Richtung der Tiere werfen solle. Als Aswad die Steine warf, sammelten sich die Tiere und gingen zusammen davon, als ob jemand sie führen würde.[204]
Die besiegten jüdischen Stämme von Chaibar baten den Propheten flehend, er möge sie ziehen lassen und sie begnadigen. Der Prophet erfüllte ihnen den Wunsch.
Kurz danach kam Safiya, die Tochter des Hujai, zu ihm. Als der Prophet die Wunde in ihrem Gesicht sah, fragte er, wer ihr das angetan hätte.
Safiya erzählte von ihrem Traum und den Schlägen ihres Mannes. Der Prophet bot ihr die Freiheit an und ließ ihr die Wahl, ob sie zu ihren Leuten zurückkehren oder mit den Muslimen gehen wolle.
Sie hatte ihre Entscheidung längst getroffen. „Ich wähle Allah und Seinen Gesandten“, antwortete sie.
Safiya hegte schon länger Sympathie für den Islam und den Propheten. Sie war damals enttäuscht gewesen, als sie von ihrem Vater und ihrem Onkel gehört hatte, dass Muhammad der erwartete Prophet sei, sie ihn aber dennoch bekämpfen wollten.[205]
Der Prophet heiratete Safiya, sie wurde damit eine der Mütter der Gläubigen.
Nach der Befreiung Chaibars hatte Hadschadsch Bin ‘Ilatt As-Sulaymi den Propheten um die Erlaubnis gebeten, nach Mekka zu reisen, um seinen Besitz, der sich bei den Händlern Mekkas befand, zu holen. Die Mekkaner hatten von seiner Bekehrung zum Islam noch nichts gewusst, ihm geglaubt, was er ihnen erzählt hatte und ihm sogar dabei geholfen, seinen Besitz einzusammeln.[206]
Ein Jahr war seit dem Friedensvertrag von Hudaibiya vergangen, als die Mekkaner hörten, dass der Prophet und seine zweitausend Gefährten wieder unterwegs seien. Neugierig verließen sie die Stadt, um ihm beim Einmarsch in Mekka zuzusehen.
Die Oberhäupter der Quraisch versammelten sich auf dem Hügel Abu Qubays, um von dort aus die Kaaba zu beobachten. Sie sahen die barhäuptigen, in weiß gekleideten, bescheidenen Männer, und sie hörten die alten Pilgerrufe aus der Zeit des Propheten Abraham: „Labbayk Allahumma labbayk! Hier bin ich, o Allah, zu Deinen Diensten!“
Schnell verbreiteten die Quraisch Gerüchte, dass der Prophet und seine Gefährten durch das Fieber von Medina sehr geschwächt seien.
Bald standen die Mekkaner reihenweise oben auf dem Berg, um den Propheten und seine Gefährten zu beobachten. Als er den heiligen Bezirk der Kaaba erreichte, legte er sein Gewand über seine linke Schulter. Seine rechte Schulter bedeckte er nicht. Dann küsste er den schwarzen Stein und lief mit seinen Gefährten siebenmal um die Kaaba.
Danach gingen sie zum Fuße des Hügels Safa und begannen, insgesamt siebenmal zwischen Safa und Marwa hin- und herzulaufen, wie es einst Hadschar, die Mutter Ismaels tat. Einen Teil der Etappen legten sie im schnellen Lauf zurück, so konnte jeder sehen, dass die Muslime, entgegen der Behauptung der Quraisch, stark und gesund waren. Anschließend opferte der Prophet ein Kamel und ließ sich die Haare rasieren.
Abbas zeigte sich während der drei Tage öffentlich mit seinem Neffen, und fast alle Mekkaner, die im Geheimen Muslime geworden waren, begegneten in den Nächten ihren Schwestern und Brüdern aus Medina. Der Prophet blieb drei Tage in Mekka.
Auf dem Rückweg nach Medina fragte der Prophet nach Chalid Bin Al-Walid, weil er sich wunderte, dass dieser trotz seiner Klugheit noch immer nicht zum Islam gefunden hatte.
Als Walid, der jüngere Bruder von Chalid, dies hörte, schickte er einen Brief an seinen Bruder, in dem er schrieb, dass der Prophet ihn erwähnt habe. Seine Mutter und viele Verwandte waren bereits Muslime. Er selbst hatte, auch als er gegen den Propheten gekämpft hatte, ihm gegenüber stets Liebe und Respekt verspürt.
Ein weiterer mächtiger Mann der Quraisch vom Range Chalids war Amr Bin Al-As, der eine Weile nach der Grabenschlacht einige Männer der Quraisch um sich scharte, die seine Meinung teilten und ihn als Führer akzeptierten. Er erklärte ihnen, dass die Sache Muhammads groß geworden war. Er hatte eine Idee und wollte wissen, was sie davon hielten.
„Was ist das für eine Idee?“
„Meine Idee ist, dass wir uns zum Negus nach Abessinien begeben. Wenn Muhammad über unser Volk siegt, bleiben wir dort, und wenn die Quraisch siegen, können wir jederzeit nach Mekka zurückkehren.“
„Das ist gut!“
„Dann sammelt Geschenke für den König!“
Als Amr beim Negus ankam, sah er Amr Bin Umayya, den Boten Muhammads, der gerade das Schloss des Königs verließ. Nachdem Amr die Geschenke überreicht hatte, bat er den König, er möge ihnen den Boten Muhammads übergeben. Das machte den Negus sehr wütend. Amr sagte: „O König, wenn ich wüsste, dass dies dich so verärgert, hätte ich dich nicht darum gebeten.“ Er sagte: „O Amr, soll ich dir den Boten des Gesandten Allahs geben, damit du ihn tötest – den Boten des Gesandten, zu dem der Engel Gabriel kommt, wie er früher zu Moses und Jesus, dem Sohn der Maria, kam?“
Amr berichtete, er habe zu sich gesagt: „Araber und Nichtaraber haben die Wahrheit kennengelernt und ich widersetze mich ihr.“ Überrascht fragte Amr den Negus: „O König, bezeugst du dies?“
„Ich bezeuge das vor Allah, gehorche mir, Amr, und folge ihm!“, antwortete der Negus, „bei Allah, er ist im Recht und wird all diejenigen besiegen, die gegen ihn auftreten, wie Moses Pharao und sein Heer besiegte!“[207]
Amr fragte, ob der König ihm den Treueeid auf den Islam abnehmen könne. Der Negus bejahte und streckte seine Hand aus. Amr schwor den Treueeid und ging zu seinen Gefährten, denen er jedoch verheimlichte, dass er den Islam angenommen hatte. Dann verließ er Abessinien auf einem Schiff.
Auf der anderen Seite angelangt, kaufte er sich ein Reittier, um in Richtung Medina zu reiten. Als er einen Rastplatz erreichte, traf er Chalid und Uthman Bin Talha. Amr fragte: „Wohin gehst du, Chalid?“
„Zu Muhammad!“, antwortete Chalid.
„Bei Allah, ich habe die gleiche Absicht!“
Zu dritt reisten sie nach Medina. Chalid erzählte später über diese Begegnung mit dem Propheten: „Der Prophet wartete schon auf mich. Als ich ihn grüßte, erwiderte er meinen Friedensgruß mit einem freundlichen Gesicht.“
Chalid trat als erster zum Propheten und sprach: „Ich bezeuge, dass es keinen Gott gibt außer Allah, und du bist der Gesandte Allahs.“ Der Prophet antwortete: „Gepriesen sei Allah, Der dich rechtleitete. Ich wusste, dass du einen Verstand hast, der dich nur zum Guten führen wird.“
Dann sagte Chalid: „O Gesandter Allahs, du hast meine Hartnäckigkeit gegen die Wahrheit gesehen. Bitte Allah, dass Er mir verzeiht!“
Der Prophet antwortete: „Die Annahme des Islams tilgt alle vorherigen Sünden.“ Dann betete er für Chalid, dass Allah ihm vergeben möge.[208]
Danach traten Amr und Uthman zu ihm und schworen den Treueeid. Amr hatte den gleichen Wunsch wie Chalid; dass Allah ihm seine vergangenen Taten vergeben möge.
Der Prophet sagte ihm: „O Amr, der Islam tilgt, was vorher war, und die Auswanderung tilgt ebenfalls, was vorher war.“[209]
Über diese Vergebung freuten sich die drei einst mächtigen Männer der Quraisch.
Später erzählte Amr, dass er seine Augen aus Ehrfurcht kaum zum Antlitz des Propheten aufrichten konnte und seitdem sein Rang und der von Chalid beim Propheten so hoch war wie der von Abu Bakr und Umar.[210]
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er Prophet schickte Friedensboten in die Welt und lud sie ein, den Islam kennen zu lernen. Er schickte Briefe an den Muqauqis[211], das Oberhaupt Ägyptens, an Chosrau[212], den Kaiser von Persien, an den Negus, den König von Abessinien, an Herakleios[213], den Kaiser von Byzanz, an Al-Mundhir Bin Sawi, das Oberhaupt von Bahrain, an Hauda, den Statthalter von Yamama und an Al-Harith Bin Abi Samar Al-Ghassani, den Statthalter des römischen Kaisers in Syrien. In den Briefen lud er die mächtigen Herrscher ein, die neue Religion ohne Zwang kennen zu lernen, getreu den Worten Allahs im Koran: „Es gibt keinen Zwang im Glauben. Besonnenheit ist nunmehr klar unterschieden von Verirrung. Wer also falsche Götter verleugnet, jedoch an Allah glaubt, der hält sich an der festesten Handhabe, bei der es kein Zerreißen gibt.“[214]
Fünfzehn der Friedensboten des Propheten, die nach Syrien unterwegs waren, wurden ermordet. Ihre freundlichen Grüße wurden mit einem Hagel von Pfeilen beantwortet und alle bis auf einen wurden getötet.
Einer der Boten wurde vom Fürsten des Stammes Ghassan überfallen und ermordet. Obwohl es klar war, dass dieser Stamm vom mächtigen kaiserlichen Statthalter unterstützt wurde, wollten die Muslime den Mord nicht unbestraft lassen, denn das Überfallen oder Töten eines Boten kam einer Kriegserklärung gleich.[215]
Nachdem die Byzantiner alle vom Propheten gemachten Vorschläge zur Wiedergutmachung zurückgewiesen hatten, zog eine Armee von 3.000 Muslimen nach Syrien.
Bei Mu’ta an der syrischen Grenze kam es zum Kampf gegen eine fünfzigfache Übermacht der Byzantiner und der Ghassan. Wie ein weißer Fleck auf der Haut eines schwarzen Kamels war die Größe der muslimischen Armee gegenüber jener der Byzantiner.
Über diese Schlacht wird berichtet: Der Prophet schickte ein Heer nach Mu’ta. Er hatte es unter den Befehl des Zaid Bin Haritha gestellt und sagte:
„Wenn Zaid fällt, übernimmt Dschaafar Bin Abi Talib die Führung. Wenn auch er fällt, wird Abdullah Bin Rawaha der Befehlshaber!“
Der Prophet berichtete in Medina, was in Syrien während der Schlacht geschah, wobei ihm Tränen über das Gesicht liefen. Er schilderte, dass die drei Gefährten gefallen seien. „Dann wurde die Fahne von einem der Schwerter Allahs ergriffen, und Allah öffnete ihnen den Weg.“
Die Muslime, 3.000 an der Zahl, konnten das mehr als 100.000 Mann starke Heer von Byzanz und den Ghassan in Schach halten, und Chalid gelang durch einen klugen Plan der Rückzug. Er schaffte es, die Muslime mit nur geringen Verlusten nach Hause zu bringen, ohne dass die Feinde ihnen zu folgen wagten.
Ihr Abzug nach dem Tode Zaid Bin Harithas, Dschaafar Bin Abi Talibs und Abdullah Bin Rawahas war dennoch ein Achtungssieg, denn die Byzantiner waren erleichtert über den Abzug der Muslime und dankbar, dass sie nicht länger zu kämpfen brauchten – obwohl ihr Heer einer Überlieferung zufolge 100.000 Mann stark war, während die Zahl der Muslime nur 3.000 Mann betrug.[216] Entscheidend war die Entschlossenheit der Muslime beim Kampf, aber auch die Klugheit und List Chalids, der am zweiten Tag der Schlacht die kleine Armee so geschickt verteilte und sie solchen Lärm machen ließ, dass die Byzantiner dachten, Hilfstruppen aus Medina seien gekommen.
In Chalids Hand zerbrachen am Tag von Mu´ta neun Schwerter. Nichts blieb in seiner Hand außer einem kleinen jemenitischen Schwert.[217]
Die arabischen Stämme, die an der Grenze von Ash-Sham lebten, blickten nun voller Bewunderung auf die Kampfkunst der Muslime.
Eine Folge der Schlacht war, dass der Islam sich unter den Stämmen des Nadschd in der Grenzgegend von Irak und Ash-Sham – wo die Herrschaft der Byzantiner sich auf ihrem Höhepunkt befand – zunehmend verbreitete.
Die christlichen Araber in Syrien und Jordanien litten sehr unter den Byzantinern. Sie waren ihnen tributpflichtig, mussten hohe Steuern zahlen und standen politisch unter ihrem Einfluss. Die Byzantiner begannen nun jeden zu verfolgen, der in ihrer Grenzregion die neue Religion, den Islam, angenommen hatte.
Nach dem Rückzug aus Mu’ta erhielt man in Medina die Nachricht, dass auch die nördlichen Stämme der Bali und Qudaa den jungen islamischen Staat angreifen wollten. Der Prophet reagierte rasch und schickte den neuen Muslim Amr Bin Al-As mit dreihundert Männern nach Norden.
Nach einem kurzen Pfeilwechsel gelang es Amr, die Macht des Islam an der syrischen Grenze zu erweitern. Amrs Erfolg und die Schlacht von Mu’ta stärkten die Lage der Muslime im Norden bis zu den Grenzen von Syrien und Jordanien und festigten ihre Stärke.
Nicht nur wegen der Einfachheit der Lehren des Islam, sondern auch wegen der Großzügigkeit, Treue und Zuverlässigkeit der Gläubigen wurden die Angehörigen vieler Stämme entweder Muslime oder Bündnispartner.[218]
Außerdem hatten viele Menschen den Propheten hautnah erlebt, was keinen Zweifel an seiner Wahrhaftigkeit ließ.
Die Leute konnten seine Wunder sehen und das größte Wunder war der Koran.
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inige Jahre zuvor hatte Herakleios über die Perser gesiegt, was eine Prophezeiung des Korans erfüllte.[219] In einer Nacht in Jerusalem hatte Herakleios einen Traum, in dem ein Beschnittener ihn besiegte. Deshalb wollte er erfahren, welches Volk die Beschneidung der Männer ausübte.
Seine Beamten versuchten ihn zu überzeugen, dass außer den Juden kein anderes Volk die Beschneidung vornehme. Sie begannen nach Juden zu suchen und töteten innerhalb kürzester Zeit eine große Zahl von ihnen.
Während er noch in Jerusalem verweilte, bat ein Bote des Statthalters von Busra[220] um Einlass beim Kaiser. Er sprach zu ihm: „O König, dieser Araber berichtet von einem Wunder in seinem Volk!“
Herakleios ließ den Araber befragen. Dieser bestätigte die Aussage des Boten, und sofort befahl Herakleios seinem General, nach einem Mann zu suchen, der aus der gleichen Gegend kam wie der Prophet.
Sie fanden Abu Sufyan, der zu der Zeit immer noch ein erbitterter Gegner des Propheten war.
Abu Sufyan berichtete später von seinem Treffen mit dem Kaiser: „Ich befand mich zu jener Zeit auf einer Reise, als es zwischen mir und dem Gesandten Allahs noch Feindschaft gab. Während ich mich im Gebiet von Syrien aufhielt, kam ein Bote mit einem Schreiben vom Propheten, das an Herakleios, den römischen Kaiser, gerichtet war. Herakleios fragte: ‚Gibt es in dieser Gegend jemanden, der zu den Leuten dieses Mannes Muhammad gehört?’ Nachdem die Leute bejahten, wurde ich mit einigen Leuten aus dem Stamm Quraisch gerufen; anschließend traten wir bei Herakleios ein. Er ließ uns vor sich sitzen und sagte: ‚Wer von euch ist am nächsten verwandt mit jenem Propheten?’ Ich sagte: ‚Ich.’ Da ließen sie mich vor ihm sitzen und meine Begleiter hinter mir.
Zu meinen Begleitern sprach Herakleios: ‚Ich will ihm Fragen stellen. Sollte er lügen, dann meldet euch!’
Er sagte zu seinem Dolmetscher: ‚Frage ihn: Wie ist seine Herkunft unter euch?’ Ich antwortete: ‚Muhammad ist unter uns von edler Abstammung.’
Herakleios fragte: ‚War einer seiner Vorväter ein König?’
Ich sagte: ‚Nein.’ Er fragte weiter: ‚Habt ihr ihn der Lüge bezichtigt, bevor er das sagte, was er verkündet hat?’
Ich sagte: ‚Nein.’
Herakleios fragte: ‚Folgen ihm die Starken und Mächtigen oder die Schwachen?’ Ich sagte: ‚Ihm folgen die Schwachen, die Armen, unterdrückte Sklaven und Frauen.’ Er fragte: ‚Nimmt ihre Zahl zu oder ab?’ Ich antwortete: ‚Sie nimmt ständig zu.’ Er fragte: ‚Trat einer von ihnen von seinem Glauben zurück, nachdem er diesen angenommen hatte, weil er mit ihm unzufrieden war?’ Ich sagte: ‚Nein.’
Herakleios fragte weiter: ‚Habt ihr ihn bekämpft?’ Ich sagte: ‚Ja.’
Er fragte: ‚Wie war euer Kampf gegen ihn?’ Ich erwiderte: ‚Der Erfolg war wechselnd – wir gewannen eine Runde, und die andere gewann er.’ Er fragte: ‚Brach er je seine Abmachung mit euch?’ Ich sagte: ‚Nein! Wir wissen aber nicht, was er zurzeit macht. Wir stehen mit ihm unter einem Friedensvertrag.’
Herakleios fragte: ‚Hat jemand vor ihm behauptet, ein Prophet zu sein?’ Ich sagte: ‚Nein.’
Da sprach Herakleios: ‚Ich habe dich über seine Abstammung unter euch befragt, und du gabst an, dass er unter euch von edler Abstammung ist. Genauso sind die Propheten: Diese werden gewöhnlich aus den Edlen ihrer Völker auserwählt.
Ich fragte dich auch, ob es unter seinen Vorvätern einen König gab, und du hast dies verneint. Wäre unter seinen Vorvätern ein König gewesen, so würde ich annehmen, dass er ein Mann sei, der für die Rückgewinnung des Königreichs seiner Vorväter kämpfen wollte.
Ich fragte dich nach seinen Anhängern, ob sie die Elite oder die Schwachen sind, und du sagtest, dass ihm die Schwachen folgen. Diese sind doch stets die Anhänger der Propheten.
Ich fragte dich, ob er schon mal gelogen hat, bevor er sagte, was er behauptete, und du hast dies verneint. Ich hielt es nicht für möglich, dass er die Lüge vor den Menschen unterlässt, um dann gegen Allah zu lügen.
Ich fragte dich, ob jemand von seinen Anhängern von seinem Glauben zurücktrat, nachdem er diesen angenommen hatte, weil er mit ihm nicht zufrieden war, und du hast auch dies verneint. Dies ist doch üblich für den Glauben, wenn er im Herzen eines Menschen bleibt. Ich fragte dich, ob die Zahl seiner Anhänger zu- oder abnimmt, und du gabst an, dass diese zunehme.[221]
Dann fragte ich dich, ob ihr ihn bekämpft habt, und du gabst an, dass der Kampf zwischen euch wechselhaft war und dass ihr eine Runde gewonnen habt, und die andere gewann er. Dies ist genau der Fall mit den Gesandten: Sie werden zunächst geprüft; aber am Ende ist der Sieg auf ihrer Seite.
Ich fragte dich, ob er seine Abmachung mit euch bricht und du gabst an, dass er dies nicht tue.
Es ist genauso mit den Gesandten: Sie brechen ihre Abmachung nicht.
Ich fragte dich, ob jemand vor ihm die Behauptung gemacht hätte, ein Prophet zu sein, und du hast dies verneint. Ich sagte zu mir: Hätte es vor ihm einen gegeben, der so etwas behauptet hätte, so hätte ich angenommen, dass er es ihm nachmacht!’
Herakleios fuhr fort: ‚Was befiehlt er euch?’ Ich antwortete: ‚Er befiehlt uns, dass wir das Gebet verrichten, die Zakat[222] entrichten, die Verwandtschaftsbande pflegen und uns keusch verhalten.’ Herakleios sagte: ‚Wenn das, was du über ihn sagst, die Wahrheit ist, so ist er ein Prophet. Ich wusste schon zuvor, dass noch ein Prophet kommen wird, nahm aber nicht an, dass er aus eurer Mitte hervorgehen würde. Wenn ich wüsste, dass ich ihm Folge leisten könnte, so würde ich mich gern auf den langen Weg zu ihm machen. Wenn ich mich bei ihm befände, so würde ich seine Füße waschen. Wahrlich, sein Machtbereich wird den Boden erreichen, den ich hier unter meinen Füßen habe.
Danach ließ er das Schreiben des Propheten vorbringen und verlesen, in dem Folgendes stand:
Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen!
Dieses Schreiben ist von Muhammad, dem Gesandten Allahs, an Herakleios, Herrscher des römischen Reiches! Friede sei mit demjenigen, der der Rechtleitung folgt. Sodann: Ich lade dich ein, den Weg des Islam zu befolgen. Werde Muslim, so rettest du dich, und wenn du Muslim geworden bist, so wird Allah deinen Lohn verdoppeln. Wendest du dich aber davon ab, so trägst du die Sünde doppelt, sowohl wegen deiner Herrschaft als auch wegen deiner Untergebenen.
Dann folgten folgende Worte aus dem Koran:
O Volk der Schrift, kommt herbei zu einem gleichen Wort zwischen uns und euch, dass wir nämlich Allah allein dienen und nichts neben Ihn stellen, und dass nicht die einen von uns die anderen zu Herren nehmen außer Allah. (3:64)
Als das Verlesen des Schreibens beendet war, wurden Stimmen laut. Da wurde der Befehl erteilt, wir sollten hinausgehen. Draußen sagte ich zu meinen Gefährten: ‚Es scheint mir, dass die Sache so weit geht, dass der König der Byzantiner Furcht davor empfindet.’ Ich war davon überzeugt, dass die Angelegenheit des Gesandten Allahs doch eines Tages siegreich sein würde, sodass Allah mir den Islam in mein Herz eingab.“[223]
Den Brief des Propheten hatte Dihya Al-Kalbi in Busra dem Gouverneur gegeben, damit dieser ihn zum Kaiser in Jerusalem schicke. Das Gespräch mit Abu Sufyan und jetzt noch der Brief waren für den König eine Bestätigung, dass es sich tatsächlich um den erwarteten Propheten handelte.
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ie Quraisch hatten im Geheimen oft zum Ausdruck gebracht, dass sie den Friedensvertrag von Hudaibiya, an den sie gebunden waren, ursprünglich nicht wollten. Unauffällig nutzten sie die Zeit, sich militärisch zu stärken, um erneut gegen die Muslime zu kämpfen.
Infolge des Abkommens von Hudaibiya waren verschiedene Bündnisse zwischen den arabischen Stämmen und den Muslimen beziehungsweise den Quraisch entstanden; so hatten die Muslime ein Bündnis mit den Banu Chuza’a, während die Quraisch eines mit den Banu Bakr hatten.
Das Abkommen von Hudaibiya galt für alle. Es gab unter den Banu Bakr aber welche, die entschlossen waren, ihre alte Feindschaft mit den Banu Chuza’a fortzuführen.
Mit Hilfe der Quraisch verübten die Banu Bakr einen nächtlichen Überfall auf die Banu Chuza’a. Mehrere Männer von ihnen, wie Ikrima, der Sohn Abu Dschahls, beteiligten sich an den Kämpfen gegen die Chuza´a, bis sie im heiligen Bezirk mehr als zwanzig Männer töteten und damit nicht nur den Friedensvertrag mit dem Propheten verletzten, sondern auch den heiligen Bezirk entehrten, der ein Ort des Friedens ist, wo Blutvergießen ein noch größeres Verbrechen darstellte als es ohnehin schon ist.
Amr Bin Salim von den Banu Chuza’a setzte sein Pferd eilig in Galopp und ruhte nicht, bis er bei Muhammad in Medina ankam, der in der Moschee unter den Leuten saß. Er erzählte ihm mit einem Gedicht, was sich ereignet hatte und bat ihn um Hilfe.
Der Gesandte Allahs sagte: „Dir wird geholfen, o Amr Bin Salim.“[224]
Kurz nach Amr kam eine Delegation der Chuza’a, die seine Schilderung bestätigte. Nachdem sie dem Propheten berichtet hatten, was geschehen war, kehrten sie nach Mekka zurück.
Die Quraisch spürten jetzt auch, dass sie das Abkommen von Hudaibiya gebrochen hatten.
Der Prophet sprach zu den Muslimen: „Ich glaube, Abu Sufyan wird zu euch kommen, um den Vertrag zu bestätigen oder zu verlängern.“
Tatsächlich traf die Delegation der Banu Chuza’a auf ihrem Rückweg auf Abu Sufyan, der inzwischen aus Syrien zurückgekehrt war. Die Quraisch hatten ihn aus Furcht vor den Konsequenzen ihres Verhaltens zum Propheten geschickt, damit er das Abkommen festige und eine Verlängerung der Vertragsdauer erwirke, bevor Muhammad von ihrem Verrat erfahren würde.
Als Abu Sufyan unterwegs die Delegation der Banu Chuza’a sah, war er schockiert und sicher, dass sie bereits mit dem Propheten gesprochen hatten. Abu Sufyan zog trotzdem weiter, denn er wusste, dass die Muslime niemandem etwas antaten, der sie nicht bekämpfte und ihr Leben gefährdete – erst recht nicht, wenn es sich um einen Boten handelte.
In Medina angekommen, begab er sich zunächst zu seiner Tochter Umm Habiba, der Ehefrau des Propheten. Er wollte sich auf die Schlafmatte des Propheten setzen, doch seine Tochter reagierte schnell und faltete die Matte zusammen. Abu Sufyan fragte sie erstaunt: „Mein Töchterchen! Ich weiß nicht, ob dir mehr Wert bin oder diese Schlafmatte?“
„Das ist die Schlafmatte des Gesandten Allahs, und du bist ein unreiner Götzendiener. Ich mag nicht, dass du auf der Schlafmatte des Propheten Platz nimmst!“ Sie hatte ihren Vater schon seit Jahren nicht mehr gesehen. Ihre Liebe zum Propheten und zum Islam war größer als alles andere auf der Welt.
Als er sah, dass auch seine eigene Tochter nicht bereit war, ihm zu helfen, begriff er, dass der Vertrag durch die Verbrechen der Quraisch aufgehoben war.
Ängstlich und unsicher begab sich der mächtigste Herr der Quraisch zum Propheten, von dem er keine Auskunft bekam. Dann bat er Abu Bakr, er möge sich für ihn beim Propheten einsetzen und mit ihm reden. Abu Bakr erwiderte, dass er dies nicht tun würde. Dann kam er zu Umar, der sagte: „Wie bitte? Ist es dein Ernst, dass ich mich für euch beim Gesandten Allahs einsetzen soll? Bei Allah, selbst wenn ich nichts als eine Ameise finde, womit ich gegen euch kämpfen könnte, würde ich euch bekämpfen!“
Schließlich ging Abu Sufyan zu Ali und dessen Frau Fatima, der Tochter des Propheten. Auch diese beiden konnten und wollten ihm nicht helfen. Ängstlich bestieg er sein Kamel und verließ Medina. In Mekka tadelten ihn die Quraisch, dass er nichts erreicht und sich dazu noch lächerlich gemacht hatte.[225]
Nach der Verletzung des Abkommens durch die Quraisch stand für den Propheten fest, dass nur die Einnahme Mekkas den Frieden und die Religionsfreiheit garantieren könnte.
Abu Bakr besuchte seine Tochter Aischa, die damit beschäftigt war, die Ausrüstung des Propheten vorzubereiten. Er fragte sie: „Meine Tochter, hat der Gesandte Allahs dir gesagt, du sollst seine Ausrüstung vorbereiten?“
„Ja! Mach du es auch“, sagte Aischa.
„Wohin will er deiner Meinung nach?“, fragte ihr Vater.
Sie schwieg, um das Geheimnis ihres Mannes nicht zu verraten.
Der Prophet befahl den Leuten, sich gut vorzubereiten, verriet ihnen aber nicht das Ziel. Er wollte seine Absicht verbergen, damit die Mekkaner sich nicht vorbereiteten. Er betete: „O Allah, enthalte den Quraisch die Sicht und die Nachrichten vor, bis wir sie in ihrem Land überraschen!“
Nach diesem Bittgebet erfuhr der Prophet durch den Engel Gabriel, dass ein Muslim namens Hatib einen Brief mit einer Frau nach Mekka an die Quraisch schickte, um sie zu warnen. Der Prophet schickte ihr seine Gefährten Ali und Zubair hinterher. Als sie ihr Gepäck durchsuchten und nichts fanden, schwor Ali bei Allah, dass der Prophet nie gelogen hatte und drohte, sie zu durchsuchen, wenn sie den Brief nicht freiwillig übergab. Als sie sah, wie sicher sie sich waren, holte sie den Brief heraus, den sie in ihren Haaren versteckt hatte. Sie brachten Hatib und den Brief zum Propheten und fragten Hatib nach seinem Beweggrund. Er sagte: „Weder habe ich meinen Glauben verlassen noch bin ich ein Heuchler geworden, o Gesandter Allahs. Aber bei den Mekkanern leben noch meine Frau und meine Kinder, für die ich einen Vorteil bei den Quraisch gewinnen wollte, damit diese ihnen nichts antun, weil sie niemanden dort haben.“
Umar rief: „O Gesandter Allahs, lass mich den Kopf dieses Mannes abschlagen, denn er ist ein Heuchler geworden!“ Der Prophet erwiderte jedoch: „O Umar, was ist, wenn Allah auf die Kämpfer von Badr schaut und sagt: Tut, was ihr wollt, denn Ich vergebe euch.“ Er wollte seine guten Seiten nicht vergessen und verzieh ihm. Umars Augen wurden feucht, und er sagte: „Allah und Sein Gesandter wissen es besser.“[226]
Die Muslime brachen auf, und unterwegs trafen sie auf Abbas und seine Frau Ummul Fadl mit ihren Kindern, die sich endlich entschlossen hatten, nach Medina auszuwandern und sich nun dem Propheten anschlossen.
Den Muslimen wurde schnell klar, in welche Richtung sie gingen, und es dauerte nicht lange, bis sie - fast 10.000 an der Zahl - vor Mekka standen.
Neben Abbas ritten die Vettern des Propheten, Abu Sufyan Bin Al Harith Bin Abdul-Muttalib[227] und der Halbbruder von Umm Salama, Abdullah Bin Abi Umayya. Beide erreichten das Heer der Muslime, als diese zwischen Medina und Mekka rasteten und baten Umm Salama um Erlaubnis, zum Propheten zu gehen. Als seine Frau Umm Salama ihn danach fragte, verweigerte er es ihnen zunächst wegen ihrer schlimmen Vergangenheit.
Als Abu Sufyan Bin Al-Harith dies erfuhr, sagte er: „Bei Allah, entweder bekomme ich die Erlaubnis, oder ich werde die Hand meines Sohnes nehmen und mit ihm in die Wüste ziehen, bis wir vor Durst und Hunger sterben!“
Da empfand Muhammad Mitleid und gab ihnen die Erlaubnis. Sie traten bei ihm ein und nahmen den Islam an.
Unterwegs zwischen Ardsch und Tulub[228] sah der Prophet eine Hündin liegen, die ihre Jungen säugte. Er ließ Dschuail Bin Suraqa bei ihr, um auf sie aufzupassen, bis alle Männer an ihr und ihren Jungen vorbeigezogen waren.[229]
Während der Prophet in Marr Adhahran bei Mekka lagerte, bat er die Muslime, sobald es dunkel wurde, überall Lagerfeuer zu entzünden.
Die Quraisch entdeckten die zahlreichen Lagerfeuer und glaubten, es läge eine gewaltige Streitmacht vor der Stadt. Abu Sufyan, Hakim[230] und Budail[231] verließen Mekka reitend und sahen den atemberaubenden Anblick.
Abbas berichtete: „Ich war unterwegs und wollte einen Holzsammler oder Melker oder irgendjemanden, der nach Mekka unterwegs war, suchen, um ihn zu beauftragen, den Mekkanern zu sagen, wo der Prophet sich befand, damit sie kämen und ihn um Sicherheit bäten, sodass er nicht mit Gewalt in die Stadt eintreten müsste.
Während ich mich umschaute, hörte ich Abu Sufyans Stimme, der mit Budail sprach. Abu Sufyan sagte gerade: ‚Solches Feuer und solche Streitkräfte wie die, die ich heute Nacht sehe, habe ich noch nie zuvor gesehen!’ ‚Das sind ganz bestimmt die Feuer der Banu Chuza’a, die sich nun im Kriegszustand befinden’, sagte Budail. Abu Sufyan rief: ‚Die Banu Chuza’a sind viel weniger und zu gering, als dass diese ihre Feuer und ihre Armee sein könnten.’ Ich rief: ‚Abu Sufyan, dies ist der Gesandte Allahs.’
Abu Sufyan fragte aufgeregt: ‚Was sollen wir tun?’ Ich antwortete: ‚Wenn man dich trifft, wird es dein Ende sein! Reite mit mir und ich bringe dich zum Gesandten Allahs, damit ich ihn für dich um Schutz bitten kann!’
Wir ritten weiter, bis wir an Umars Lagerfeuer vorbeikamen. Er wollte sehen, wer wir waren. Als er Abu Sufyan hinter mir sah, rief er: ‚Abu Sufyan, der Feind Allahs! Gepriesen sei Allah, Der dich ohne Vertrag und ohne Versprechen gefasst hat!’ Schnell lief er zum Propheten.“
Abbas setzte sein Tier in Galopp und kam gleichzeitig mit Umar beim Propheten an. Umar sprach: „O Gesandter Allahs, Allah hat uns Abu Sufyan ohne Vertrag übergeben!“
Abbas bat den Propheten, Abu Sufyan beschützen zu dürfen. Der Gesandte Allahs erlaubte ihm, Abu Sufyan zu seiner Lagerstelle mitzunehmen und morgen früh wieder zu ihm zu kommen.
Abu Sufyan übernachtete bei Abbas und nach Sonnenaufgang gingen beide zum Propheten. Der Prophet fragte freundlich: “Siehe, Abu Sufyan! Ist die Zeit nicht gekommen zu bezeugen, dass kein Gott existiert außer Allah?“
“Du, der mir wertvoller bist als mein Vater und meine Mutter, wie milde, wie großzügig und wie liebenswürdig bist du! Wäre da ein anderer Gott außer Allah, hätte er mich nicht im Stich gelassen.“
Abbas bat den Propheten, etwas für Abu Sufyans Ansehen zu tun. Da sagte der Prophet: “Ja! Wer sich in das Haus Abu Sufyans begibt, ist sicher! Und jeder, der in seinem eigenen Haus bleibt, ist sicher! Und jeder, der sich bei der Kaaba aufhält, ist sicher!“
Als Abu Sufyan gehen wollte, bat der Gesandte seinen Onkel Abbas, Abu Sufyan an jener engen Stelle des Tals aufzuhalten, damit er die Armee Allahs sähe. Er tat es, und als die Stämme mit ihren Bannern an ihnen vorbeizogen, fragte Abu Sufyan nach den jeweiligen Namen dieser Stämme.
Als der Prophet mit seiner grünen Abteilung vorbei ritt, fragte Abu Sufyan erneut: “Gepriesen sei Allah, o Abbas, wer sind diese?“ “Dies ist der Gesandte Allahs mit den Auswanderern und den Helfern“, antwortete Abbas.
“Niemand hat die Macht, diese zu besiegen! Bei Allah, o Abbas, das Königreich deines Neffen ist heute mächtig geworden!“
“Das ist die Prophetenschaft, o Abu Sufyan“, antwortete Abbas. Abu Sufyan sagte: „Das ist wahr!“[232] Der Anblick war atemberaubend.
Das Banner der Helfer trug Saad Bin Ubada. Als er an Abu Sufyan vorbei ritt, rief er: “O Abu Sufyan, dies ist der Tag der Schlacht! An diesem Tag demütigt Allah die Quraisch!“ Als der Prophet Abu Sufyans Nähe erreichte, rief dieser: “O Gesandter Allahs, hast du befohlen, dein Volk zu töten?“ Und er wiederholte, was Saad vorhin gesagt hatte.
Auch Uthman und Abdurrahman Bin Auf waren besorgt: “O Gesandter Allahs, wir vertrauen Saad nicht!“
“Dies ist der Tag der Barmherzigkeit, der Tag, an dem Allah die Quraisch erhöht“, sagte der Prophet und schickte einen Boten zu Saad, der ihm sagen solle, dass er seinem Sohn Qays das Banner aushändigen solle.[233]
Nachdem der Prophet an Abu Sufyan vorbeigezogen war, riet ihm Abbas, rasch zu den Quraisch zu gehen.
Dort angekommen, rief Abu Sufyan ganz laut: „Ihr Quraisch! Muhammad ist mit einer Armee gekommen, gegen die ihr hilflos seid! Wer sich in Abu Sufyans Haus begibt, dem passiert nichts!“
Seine Frau Hind zog ihn am Schnurrbart und rief: „Tötet ihn, diesen Dicken! Hässlich soll so ein Beschützer seiner Leute sein!“
„Wehe euch! Diese Frau darf euch nicht anstiften, denn gegen Muhammads Armee habt ihr keine Macht. Wer sich in Abu Sufyans Haus begibt, dem passiert nicht!“
„Allah soll dich töten! Wem wird dein Haus reichen?“
Dann sagte er: „Wer in seinem Haus bleibt, ist sicher, und wer sich bei der Kaaba aufhält, ist auch sicher.“
Die Menschen gingen in ihre Häuser oder zur Kaaba. Die Muslime marschierten in Mekka ein.
Plötzlich hielt der Prophet auf seinem Reittier an und verbeugte sich im Angesicht des Sieges vor Allah. Er senkte seinen Kopf bescheiden[234] und in Demut vor Allah nach unten, bis sein Bart seinen Sattel erreichte.[235]
Als der Prophet das Blitzen der Schwerter von Chalid und seiner Truppe sah, rief er: „Habe ich das Kämpfen nicht verboten?“[236] Denn er hatte seine Heerführer verpflichtet, beim Eintritt nach Mekka nur gegen solche zu kämpfen, die sie angriffen.
Da sagte man ihm, dass Ikrima, Safwan und Suhayl einige Männer der Quraisch und ihrer Verbündeten um sich geschart und Chalid den Weg versperrt hatten. Chalid bat Ikrima, den Weg freizumachen, denn der Prophet habe ihm befohlen, nicht zu kämpfen. Trotzdem wurde Chalid angegriffen. Nachdem 30 Götzendiener getötet worden waren, flüchteten sie zur Küste.
Fatima, Umm Salama und Maymuna waren bereits vor dem Propheten in dem Zelt angekommen, das Abu Rafi bei der Kaaba errichtet hatte.
Auch Umm Hani, die Cousine des Propheten, war zu den Frauen gekommen, denn zwei Männer, die gegen Chalid gekämpft hatten, waren in ihr Haus geflüchtet. Ihr Bruder Ali wollte sie begrüßen und sah die flüchtigen Männer bei ihr, die sie schützte.
Als der Prophet das Zelt erreichte, begrüßte er seine Cousine herzlich. Sie berichtete ihm von denen, die sie schützte, und er antwortete: „Wem du Sicherheit gibst, dem geben wir Sicherheit.“[237] Damit bekräftigte er die hohe Stellung der Frau im Islam erneut. Denn ein solcher Schutz wäre in der Zeit der Unwissenheit für die Frauen undenkbar gewesen.
Nachdem der Prophet in Mekka angekommen war und die Lage etwas ruhiger geworden war, begab er sich zur Kaaba und ritt siebenmal um sie herum, wobei er mit einem Stab in der Hand den schwarzen Stein berührte. Jedes Mal, wenn er die Kaaba umschritt, richtete er ihn auf einen Götzen, worauf dieser zu Boden fiel und zerbrach, bis alle 360 Götzenbilder gefallen waren. Dabei sprach er den Vers des Korans: Die Wahrheit ist gekommen, und das Falsche geht dahin; das Falsche ist ja dazu bestimmt, dahinzugehen.[238]
Die Götzendiener hatten ihr falsches Handeln oft mit dem Willen der Götzen gerechtfertigt, die das Töten ihrer Kinder, vor allem das lebendige Begraben ihrer Töchter, erlaubt haben sollten. Sogar den Verzehr bestimmter Feldfrüchte und des Fleisches bestimmter Tiere hatten sie verboten.
Als die Mekkaner sahen, dass ihre Götzen hilflos zu Boden stürzten, gab es keinen mehr unter ihnen, der nicht begriff, dass Muhammad ihr Bestes wollte. Sie sollten ihre Kinder und Frauen lieben statt lebloser Steine, weil Steine weder nützen noch schaden – es waren keine Götter, sondern nur Steine. Allah ist der einzige Schöpfer und Bewahrer aller Dinge. Zuvor waren sie der Meinung, der Prophet habe die Religion ihrer Väter beleidigt. Hubal, der größte Götze und ein Symbol der Unterdrückung, war Bestandteil der alten Religion. Nun hatten sie gesehen, dass weder Hubal noch die anderen 359 Götzen etwas ausrichten konnten.
Was sollte nun aus den Steinen und Hölzern werden? Der Prophet rief Uthman Bin Talha und ließ sich von ihm den Schlüssel zur Kaaba geben. Das Heiligtum wurde ihm geöffnet und als er eintrat, fand er einige Statuen, die er alle mit seiner eigenen Hand zerschlug.
Die Menschen sammelten sich um ihn und er begann zu sprechen: „Es gibt keinen Anbetungswürdigen außer Allah allein. Er hat keinen Partner. Er hat Sein Versprechen verwirklicht und Seinem Diener zum Sieg verholfen. Er alleine besiegte die Verbündeten. Jede Blutrache und Zinsschuld ist unter meinen Füßen außer dem Recht auf die Bewachung der Kaaba und dem zur Tränkung der Pilger. O ihr Quraisch, Allah entfernte von euch die Großtuerei der Zeit der Unwissenheit und den Stolz auf die Stammesväter! Die Menschen stammen von Adam ab, und Adam wurde aus Staub erschaffen!“
Um die Gleichheit der Menschen noch mehr zu bekräftigen, trug er den Koranvers vor, der die Gleichwertigkeit von Mann und Frau beschreibt: O ihr Menschen, Wir haben euch aus Mann und Frau erschaffen und euch zu Völkern und Stämmen gemacht, auf dass ihr einander erkennen möget. Wahrlich, vor Allah ist von euch der Angesehenste, welcher der Gottesfürchtigste ist. Gewiss, Allah ist Allwissend, Allkundig.[239]
Der Prophet rief: „Ihr Quraisch! Was glaubt ihr, was ich mit euch tun werde?“
Gespannt, aber hoffnungsvoll antworteten sie: „Gutes! Ein edler Bruder, der Sohn eines edlen Bruders bist du!“.
Und er sprach mit den Worten der Verzeihung, die laut Koran auch der Prophet Joseph zu seinen Brüdern gesagt hatte: „Siehe, ich spreche zu euch, wie mein Bruder Joseph: ‚Kein Tadel treffe euch heute! Allah möge euch verzeihen. Er ist ja der Barmherzigste der Erbarmer.’[240] Geht eures Weges! Ihr seid frei!“[241] Dann setzte sich der Gesandte Allahs in die Moschee.
Da kam Ali mit dem Schlüssel der Kaaba in der Hand und bat ihn: „O Gesandter Allahs! Übertrage uns die Aufgabe des Bewachens der Kaaba und des Tränkens der Pilger!“
Der Prophet aber fragte, wo Uthman Bin Talha sei, der bis dahin den Dienst an der Kaaba innegehabt hatte. Als Uthman kam, sagte der Prophet: „Dies ist dein Schlüssel, Uthman. Heute ist der Tag der Güte und Treue.“ Er vergab ihm unter anderem den Tag, als Uthman dem Propheten den Eintritt in die Kaaba verweigert hatte.
Der Prophet hatte nun seine Feinde und Gegner in unter Kontrolle. Die Quraisch und ihre Verbündeten hatten die Muslime enteignet, verstoßen, eingesperrt, gefoltert, gequält und getötet. Doch er vergab ihnen und gab damit ein Vorbild dafür, dass Rache nie zu Frieden und Erfolg führen kann.
Nachdem Abu Bakr seinen blinden Vater besucht hatte, kam er mit diesem in die Moschee zum Propheten. Als Muhammad dies sah, sagte er: „Du hättest den alten Mann zu Hause lassen sollen und ich hätte ihn besuchen können.“
„Gesandter Allahs, er soll zu dir kommen und nicht umgekehrt.“
Der Prophet gab ihm seine Hand und nahm seinen Beitritt zum Islam an.[242]
Als es Mittag wurde, bat der Prophet Bilal, auf das Dach der Kaaba zu steigen.
Bilal kletterte hinauf und rief mit seiner klaren Stimme den Ruf des Islam, der die alleinige Existenz Allahs beschwor und Muhammad als dessen Gesandten.
Der ehemalige Sklave, der wegen seines Glaubens gefoltert worden war, stand nun auf dem Heiligtum, einem Platz der sonst nur den Edelsten der Quraisch vorbehalten war. Es gab keine Unterschiede mehr aufgrund von Hautfarbe oder Abstammung. Allein gute Taten, die Gottesfurcht und die Liebe zum Schöpfer zählten jetzt.
Männer und Frauen kamen zu Hunderten zu Muhammad, der sich auf dem nahe gelegenen Hügel Safa befand.
Mit anderen Frauen kam auch Hind, die Frau des Abu Sufyan - verschleiert, weil sie Angst hatte, der Prophet könne sie wegen ihrer verbrecherischen Vergangenheit zum Tode verurteilen. Sie sprach: „Gesandter Allahs, Preis sei Allah, Der die Religion siegen ließ, die ich jetzt für mich selbst gewählt habe.“ Danach zeigte sie ihr Gesicht und sagte: „Hind Bint Utba.“
„Du bist willkommen“, sagte der Prophet.
Sie lobte Muhammad für seine Verzeihung, und als sie zu Hause angekommen war, zerstörte sie die Götzenfiguren, die sie zu Hause aufbewahrt hatte.[243]
Nachdem Hind den Islam angenommen hatte, kam auch Umm Hakim, Ikrimas Ehefrau, zum Propheten und bat um Gnade für ihren Mann, der in Richtung Jemen auf der Flucht war. Der Prophet gab ihr die Sicherheit.
Umm Hakim brach mit einem Begleiter auf, um ihn zurückzuholen, bevor er ein Schiff bestieg.
Auch Safwan Bin Umayya war geflüchtet und wollte in Dschidda ins Meer springen, um sich umzubringen. Sein Freund Umayr Bin Wahb, mit dem er früher einen Anschlag auf den Propheten geplant hatte, kam zum Propheten und bat um Sicherheit für Safwan, die ihm auch gewährt wurde.
Safwan aber hatte noch Bedenken und konnte kaum glauben, dass der Prophet auch ihm verzeihen würde. Er bat Umayr um ein Zeichen des Propheten.
Umayr ritt erneut nach Mekka und erzählte von der Unsicherheit Safwans. Umayr bekam den Turban des Propheten als Zeichen der Sicherheit, was Safwan beruhigte. Beim Propheten angekommen fragte er, ob er ihm Sicherheit gewähre. Der Prophet bestätigte es, doch Safwan wurde erst drei Monate später Muslim, nachdem er genug Zeit gehabt hatte, es sich zu überlegen.[244]
Einer der drei größten Götzen, Al-Uzza, war in Nachla. Als der Wächter des dortigen Tempels erfuhr, dass Chalid ihn zerstören würde, ließ er dem Götzen ein Schwert und sprach: „Verteidige dich und töte Chalid oder werde ein Muslim!“[245]
Umm Hakim beeilte sich, ihren Mann zu treffen, bevor sie ihn für immer verlor. Doch er war schon an der Küste von Tihama angekommen und wollte gerade ein Schiff besteigen. Auf dem Schiff forderte ihn der Kapitän auf: „Sprich: La ilaha illa Allah, es gibt keinen Anbetungswürdigen außer Allah!“
„Ich bin aber vor nichts anderem als la ilaha illa Allah geflüchtet!“, sagte Ikrima. Rechtzeitig traf seine Frau ein und flehte ihn an, zurückzukehren und sich dies nicht anzutun, denn sie komme von einem Mann, der für seine Güte und Milde beispiellos sei und bei dem er sicher sein werde.
Sie kehrten zusammen zurück. Der Prophet hatte dies bereits geahnt und sprach zu seinen Gefährten: „Ikrima, Abu Dschahls Sohn, kommt als ein Gläubiger und Auswanderer zu euch. Schmäht nicht seinen Vater, denn die Schmähung der Toten erreicht die Toten nicht, trifft aber die Lebenden!“
Chalid und seiner Truppe gelang es inzwischen, den Götzen Al-Uzza zu zerstören. Die Götzendiener wunderten sich, dass der Stein, dem sie im Laufe der Jahre so viel Geld und Opfertiere gebracht hatten, sich nicht zu wehren vermochte. Chalid tat sein Vater leid, der früher so viele Tiere für diese Steine geopfert hatte, die weder hören noch sprechen konnten.[246]
Ikrima ging zum Propheten, als er in Mekka ankam und setzte sich mit seiner Frau zu ihm. Der Prophet lächelte ihn freundlich an und sagte: „Heute werde ich dir keinen Wunsch abschlagen.“
„Dann bitte Allah, dass Er mir meine Gegnerschaft dir gegenüber vergibt und alles, was ich dir angetan und zu dir gesagt habe!“, bat ihn Ikrima.
Der Prophet verzieh ihm und bat Allah um Verzeihung für ihn. Dann rief Ikrima aus: „Das Geld, das ich ausgegeben hatte, und die Kriege, die ich geführt habe, um die Menschen davon abzuhalten, der Wahrheit des Islam zu folgen, so werde ich auf dem Wege Allahs das Doppelte ausgeben, und für all die Kämpfe, die ich geführt habe, um den Weg Allahs zu versperren, werde ich doppelt soviel auf dem Wege Allahs kämpfen!“[247] Er hielt sein Wort und fing als erstes gleich an, die vielen Götzen, die er zu Hause hatte, zu zerstören.[248]
D |
er mächtige Stamm der Hawazin rüstete sich, um Mekka anzugreifen und sich für die Götzen zu rächen.
Die Quraisch standen nun auf der Seite des Propheten und des Islam. Es ging darum, den Islam und Mekka zu verteidigen.
König der Hawazin war Malik Bin Auf.[249] Er zwang seine Soldaten, ihre Frauen, ihre Kinder und ihr Vermögen auf den Feldzug mitzunehmen. Dies sollte ihren Kampfeswillen steigern und sie davon abhalten, vom Kampfplatz zu flüchten.
Die muslimische Armee zählte 12.000 Mann; unter ihnen waren einige, die erst neu zum Islam konvertiert waren. So kam es, dass einige der neuen Muslime dachten, dass eine solch große Streitmacht nicht besiegt werden könnte.
Dem Propheten missfiel diese Art zu denken, er hoffte auch auf die Unterstützung Allahs, denn er wusste, dass die Größe einer Armee allein nicht ausschlaggebend ist. Er sollte recht behalten.[250]
Beide Armeen marschierten aufeinander zu, die Hawazin und Thaqif von Taif kommend, die Muslime aus Mekka.
Maliks Plan war es, die Truppen aus Mekka im Tal von Hunayn[251] in einen Hinterhalt zu locken. Er hatte vor, seine Truppen in den Schluchten und auf den Bergen um das Tal zu postieren, bevor die Muslime angekommen waren, um sie so in der Schlucht einkesseln zu können. Er trieb seine Truppen an, damit er das Tal vor den Muslimen erreichen würde, was ihm auch gelang. Nun warteten die Hawazin auf die Muslime, die sich in Richtung Hunayn bewegten.
Die muslimischen Truppen drangen in das Tal vor, ohne die Hawazin zu bemerken. Malik gab seinen Bogenschützen, die auf den Bergen positioniert waren, den Befehl zu schießen. Die Pfeile prasselten auf die Muslime nieder, es brach Panik aus. Malik befahl seinen Truppen, von allen Seiten anzugreifen. Von diesem Angriff überrascht, begann das Heer der Muslime zu fliehen. Eine Niederlage stand kurz bevor.
Muhammad flüchtete jedoch nicht. Er wich nicht zurück, sondern positionierte sich an der rechten Seite des Tales und rief: „Eilt zu mir, ihr Leute, ich bin der Gesandte Allahs, ich bin Muhammad, der Sohn Abdullahs!“ An seiner Seite waren noch 80 der Auswanderer und der Helfer. Hier ritt der Prophet für alle sichtbar vor die Truppen der Hawazin und rief: „Ich bin der Prophet, dies ist keine Lüge. Ich bin der Sohn Abdul-Muttalibs! O Allah, sende Deinen Sieg herab!“
Die wenigen Männer waren ihm gefolgt und griffen mit ihm das ihnen zahlenmäßig überlegene Heer der Hawazin an.
Der Prophet wies Abbas an, die Gefährten zu rufen. Abbas rief, so laut er konnte „O ihr Auswanderer! O Ihr Helfer!“ Dieser Ruf blieb nicht ungehört, immer mehr der flüchtenden Muslime machten kehrt und schlossen sich der Truppe um den Propheten an, welche die Hawazin immer mehr unter Druck setzte, bis sie diese zurückschlugen.
Die Hawazin sahen sich den Muslimen nicht mehr gewachsen und flüchteten; die meisten von ihnen verschanzten sich bei ihren Stammesbrüdern von den Thaqif in Taif. Der Besitz der Hawazin und ihre Familien waren in die Hände der Muslime gefallen. Maliks Plan war gescheitert.
Die Quraisch haben den Mut des Propheten und den seiner Anhänger nun mit eigenen Augen gesehen.
Die muslimischen Truppen marschierten nun nach Taif und belagerten die Stadt. Die Hawazin und die Thaqif bewarfen die Muslime von den Mauern Taifs aus mit Steinen und Feuer; dies führte zu einigen Opfern unter den Muslimen. Daraufhin bauten sie Katapulte auf, mit denen sie ihre Stellungen beschossen.[252]
Um den Druck auf Taif zu erhöhen, ließ der Prophet verkünden, dass jeder, der die Festung verließe, frei sein würde.
Es gelang 23 Sklaven[253] aus Taif vor den Götzendienern zu fliehen und zum Propheten zu gelangen. Sie bekamen so ihre Freiheit. Die Hawazin und die Thaqif wurden sich der Aussichtslosigkeit ihrer Situation bewusst. Sie wussten, dass der Sieg des Propheten nun nicht mehr aufzuhalten war.
Um seine Gefährten vor den Angriffen aus der Stadt zu schützen, lockerte der Prophet die Belagerung und zog seine Truppen nach Dschirana zurück und verweilte dort in Erwartung der Thaqif und Hawazin. Er wusste, sie würden auch ohne Belagerung aufgeben und kommen.
Einige Gefährten des Propheten baten ihn, er solle die Thaqif in Taif verfluchen. Doch dies tat er nicht, denn er wollte, dass sie freiwillig kämen. Er erhob seine Hände gen Himmel und betete zu Allah, dass Er die Thaqif rechtleite.[254]
Als die Thaqif, wie er es erbeten hatte, freiwillig zu ihm kamen und ihren Beitritt zum Islam verkündeten, fragten einige von ihnen nach ihren Sklaven. Der Prophet gab sie ihnen nicht zurück, sondern sagte: „Nein, sie sind Freigelassene Allahs!“ Und er ermutigte die Muslime, ihre noch verbliebenen Sklaven freizugeben oder Sklaven zu kaufen, um ihnen die Freiheit zu schenken.
Inzwischen nahm auch Wahschi, der Mörder von Hamza, Kontakt mit dem Propheten auf, obwohl er sich nicht vorstellen konnte, dass Muhammad ihm vergeben würde. Doch der Prophet vergab ihm und Wahschi wurde Muslim.
Auch Malik Bin Auf, der König der Hawazin, kam nach einigem Zögern zum Propheten nach Dschirana. Dieser gab ihm seine Familie und sein Vermögen zurück. Auch andere Familien, die in Gefangenschaft geraten waren, ließ er frei und gab ihnen ihren Besitz - bis auf das, was man schon auf die Quraisch und die anderen Stämme verteilt hatte. Nachdem sich der Prophet für die Hawazin eingesetzt hatte, gaben die meisten der Quraisch den Besitz, den sie bekommen hatten, wieder her.
Der Prophet hatte neuen Muslimen wie Abu Sufyan, Safwan und einigen Beduinenstämmen viele Geschenke gemacht, um ihre Herzen für den Frieden zu gewinnen.
Die Auswanderer und die Helfer aus Medina aber bekamen nichts. Einige von den Helfern flüsterten darüber und sagten: „Der Gesandte Allahs hat sich mit seinem Volk vereint!“
Saad ging zum Propheten und erzählte ihm, was über ihn gesprochen wurde. Der Prophet veranlasste Saad, alle Helfer zu sammeln. Als die Auswanderer auch dazukamen, ließ er dies zu, als aber andere sich an dieser Versammlung beteiligen wollten, hielt man sie davon ab.
Dann begab sich der Prophet zu ihnen, pries Allah und hielt eine kurze Rede: „O ihr Ansar! Welch ein Gerede höre ich von euch, und welche Abneigung, die ihr mir gegenüber empfindet? Bin ich nicht zu euch gekommen, als ihr irregeleitet wart, und Allah leitete euch auf den rechten Weg? Wart ihr nicht arm, und Allah machte euch reich? Seid ihr nicht miteinander verfeindet gewesen, und Allah einigte eure Herzen?“
„Ja, in der Tat! Allah und Sein Gesandter sind gnädig und gütig!“
„Wollt ihr mir denn nichts entgegnen, o ihr Helfer?“, fragte der Prophet.
„Was könnten wir entgegnen? Bei Allah und Seinem Propheten sind Gnade und Güte!“
„Bei Allah, ihr könnt es mir vorhalten, und ihr hättet recht und jeder würde es glauben: ‚Du kamst zu uns, als man dich der Lüge bezichtigte, und wir haben dir geglaubt; du wurdest im Stich gelassen, und wir halfen dir; du wurdest vertrieben, und wir haben dich aufgenommen; du warst arm, und wir haben mit dir unseren Besitz geteilt.’ Seid ihr mir wirklich böse, o ihr Helfer, wegen weltlicher Sachen, mit denen ich die Herzen der Menschen versöhne, damit sie sich Allah ergeben, während ich euch jedoch den Islam anvertraut habe? Seid ihr nicht zufrieden, o ihr Helfer, dass diese Leute mit Schafen und Kamelen nach Hause gehen, ihr aber mit dem Gesandten Allahs nach Hause geht?
Bei Dem, in Dessen Hand Muhammads Seele liegt – wenn es nicht wegen der Auswanderung[255] wäre, wäre ich einer von euch.
Wenn die Leute einen Weg einschlagen und die Helfer einen anderen, würde ich mir den Weg der Ansar wählen. O Allah, sei gnädig den Ansar sowie ihren Kindern und Kindeskindern!“
Die Leute weinten so sehr, bis die Tränen an ihren Bärten herunterliefen und riefen: „Wir sind glücklich, dass der Gesandte Allahs unser Anteil und unser Glück ist!“
Der Prophet ging fort, und sie zerstreuten sich.[256]
Nachdem sich der Prophet von Dschirana aus zur Umra, einer kleinen Pilgerfahrt, nach Mekka begeben hatte, kehrte er am Ende des Monats nach Medina zurück und hielt sein Versprechen. Zwischen Mekka, Medina und den arabischen Stämmen herrschte nun Frieden, und alle konnten in Sicherheit leben.
Aus den einstigen Feinden waren Brüder geworden.
Der Prophet zog noch einmal gegen die Byzantiner und ihre Verbündeten, nachdem er erfahren hatte, dass sie sich versammelt hatten, um im Norden der Arabischen Halbinsel einzufallen. Er führte einen Feldzug nach Norden an. Dieser Feldzug, der im Sommer bei großer Hitze und unter schweren Bedingungen für die Muslime stattfand, wurde „Feldzug von Tabuk“ genannt.
Die Byzantiner und ihre Verbündeten verloren ihren Kampfesmut, als sie die muslimischen Truppen erblickten. So kam es, dass der Prophet Abkommen mit den Verbündeten der Byzantiner schloss, die den Frieden im Norden vorerst sicherten. Der Prophet konnte ohne Kampf nach Medina zurückkehren. Allah hatte den Muslimen das Kämpfen erspart.[257]
N |
achdem das Fasten im Ramadan zu Ende ging, vertraute der Prophet seiner Tochter Fatima etwas an, das sie niemandem erzählen sollte: „Jedes Jahr im Ramadan rezitiert Gabriel mir einmal den Koran, und jedes Jahr rezitiere ich ihn einmal. Aber in diesem Jahr hat er ihn mir zweimal rezitiert. Das lässt mich glauben, dass meine Zeit gekommen ist.“[258] Fatima war die letzte seiner Töchter, die noch am Leben war.
Zaynab war zwei Jahre zuvor gestorben. Sie hatte sich nie ganz von den Verletzungen und der Fehlgeburt erholt, die sie erlitten hatte, als sie beim Verlassen Mekkas aufgehalten wurde, und so starb sie letztlich an den Folgen von Habbars Angriff. Nach ihrem Tod blieb Muhammad nur Fatima, nachdem Umm Kulthum und Ruqayya schon vor Zaynab gestorben waren.
Einen Monat später verkündete der Prophet, dass er selber die große Pilgerfahrt leiten werde. Mehr als 30.000[259] Frauen und Männer mit ihren Familien waren glücklich, ihn begleiten zu dürfen. Dieses Jahr waren alle Pilger nun Verehrer des Einen Gottes; Götzendiener gab es keine mehr unter ihnen.
Unterwegs bekam Aischa ihre Monatsblutung und war deshalb sehr traurig, denn sie dachte, sie dürfe in diesem Zustand die Pilgerfahrt nicht vollziehen. Als der Prophet den Grund für ihr Weinen erfuhr, sagte er zu ihr, dass sie alle Pilgerriten, außer dem Umschreiten der Kaaba, verrichten dürfe. Nachdem der Prophet die Kaaba siebenmal umrundet hatte, begab er sich zu der Ebene von Arafat. Dort stieg er auf einen Hügel, lobpreiste Allah und verkündete die Unantastbarkeit des Lebens und des Besitzes jedes Menschen.
„Ihr Menschen, hört mir gut zu, denn es kann sein, das ich nicht noch einmal zu euch an diesen Ort zurückkomme! O ihr Menschen, euer Blut und euer Besitz ist für euch unantastbar, bis ihr euren Herrn trefft...
Vergesst nicht, dass ihr eines Tages eurem Herrn gegenübertreten werdet, Der euch nach euren Taten fragen wird. Dann müsst ihr für alles, was ihr in eurem Leben getan habt, die Verantwortung tragen. Wenn einer von euch ein anvertrautes Gut hat, so soll er es dem zurückgeben, der es ihm anvertraut hat. Ich habe es verkündet!
Zinsen sind aufgehoben, aber euch gehört euer Vermögen. Ihr sollt nicht ungerecht behandelt werden und sollt auch selbst niemanden ungerecht behandeln. Allah hat beschlossen, dass es keinen Zins geben darf, und die Zinsen von Abbas Bin Abdul-Muttalib sind alle aufgehoben. Betrügt euch nicht gegenseitig und handelt nie ungerecht. Nehmt nie etwas von einem anderen Menschen, das euch nicht gerne gegeben wird. Behandelt eure Frauen freundlich und kümmert euch gut um all diejenigen, die euch anvertraut sind. Ich hinterlasse euch eine klare Richtschnur, das Buch Allahs und die Sunna seines Propheten, welche ich euch gelehrt habe. Wenn ihr danach handelt, werdet ihr nicht in die Irre gehen. Hört auf meine Worte und versteht! Allah ist mein Zeuge, dass ich euch die Botschaft des Islams überbracht habe.“[260]
Dann rezitierte er den zuletzt offenbarten Vers, der den Koran vervollständigte: „Heute habe Ich euren Glauben für euch vollendet und habe Meine Gnade an euch erfüllt und es ist Mein Wille, dass der Islam euer Glaube ist.“[261]
Diese Wallfahrt wurde zu einer Abschiedswallfahrt, auf der Muhammad die islamischen Werte bekräftigte und die Gläubigen die richtige Art der Pilgerfahrt lehrte, wie sie einst Abraham gelehrt hatte. Er zeigte, wie man den spirituellen Teil des Glaubens, der die Pilger zu friedlichen Menschen machte, die während der Pilgerfahrt nicht einmal eine Pflanze herausrissen, vollzog. Nachdem er Satan symbolisch gesteinigt und Tiere geopfert hatte, ließ der Prophet sein Kopfhaar rasieren.
Chalid war heute ein ganz anderer als sonst, und so trat er an den Propheten heran: „O Gesandter Allahs, deine Stirnlocke! Gib sie keinem anderen außer mir! Mein Vater und meine Mutter sollen dir Opfer sein!“[262] Als er sie bekam, legte er sie an seine Augen und Lippen.
Zwei Monate nach der Abschiedswallfahrt erkrankte der Prophet. Die ersten elf Tage fühlte er sich noch kräftig genug, zu jedem Gebet in die Moschee zu gehen und es als Imam zu leiten. Er rief die Menschen noch einmal zu sich und legte ihnen das tägliche Gebet und den Koran ans Herz. Er bat sie, sich zu melden, wenn er ihnen irgendetwas schuldete.
Einmal sprach er während dieser Tage von der Kanzel: „Unter den Dienern Allahs gibt es einen, den Allah zwischen dieser Welt und der Welt, die bei Ihm ist, wählen ließ, und dieser Diener hat die Welt, die bei Allah ist, gewählt.“
Wahrscheinlich wollte er die Menschen nicht beunruhigen. Abu Bakr aber verstand die Botschaft, und seine Augen füllten sich mit Tränen. Als der Prophet ihn weinen sah, bat er ihn aufzuhören und sagte: „Diese Türen, die zur Moschee führen, sollen alle geschlossen werden, außer der Abu Bakrs, denn ich kenne keinen, mit dem ich eine bessere Freundschaft hatte als mit ihm.[263] Hätte ich einen Freund unter allen Menschen der Welt auswählen müssen, von dem man sich nie trennt, hätte ich Abu Bakr gewählt. Aber wir sind Gefährten und Glaubensbrüder, bis Allah uns bei Sich wieder vereint.“[264]
Seine letzten Tage musste der Prophet liegen und bekam von seinen Frauen die Erlaubnis, diese Zeit bei Aischa zu verbringen, wo die anderen ihn besuchten. Seine Tochter Fatima kam ebenfalls oft zu ihm; einmal küsste sie ihn, und Aischa sah, wie er seiner Tochter etwas ins Ohr flüsterte und sie zu weinen begann. Dann flüsterte er ihr noch einmal etwas zu, und sie lächelte durch ihre Tränen. Als Aischa sie später danach fragte, antwortete sie: „Der Prophet hatte mir erklärt, dass er an dieser Krankheit sterben würde, und deshalb weinte ich. Dann jedoch sagte er mir, dass ich die erste unter den Menschen seines Hauses sein werde, die nach ihm sterben wird, deshalb lächelte ich.“[265]
Bei einem weiteren Besuch ihres Vaters weinte sie und sagte: „O Vater, welch ein Schmerz!“
Er lächelte und sprach zu ihr: „Deinen Vater trifft nach diesem Tag kein Schmerz mehr.“
Er ließ seine Enkel Hassan und Hussain zu sich kommen und verabschiedete sich von ihnen. Auch seine Frauen versammelte er noch einmal zum Abschied um sich.
Am Samstag sank sein Fieber, und er wollte trotz seiner Schwäche zur Moschee, wo er die Gläubigen im Mittagsgebet antraf. Die Freude der Menschen war so groß, dass sie sie beinahe vom Beten ablenkte.
Während das Gesicht des Propheten vor Freude strahlte, als er ihre friedliche und spirituelle Haltung sah, setzte er seinen Weg fort. Dabei wurde er von seinem Cousin Fadl und Thawban, einem freigelassenen Sklaven, gestützt. Abu Bakr, der das Gebet leitete, hörte den Propheten kommen und trat einen Schritt zurück, ohne den Kopf zu wenden, aber der Prophet legte ihm die Hand auf seine Schulter und schob ihn wieder vor die Versammelten, damit er mit dem Gebet fortfuhr, während er selbst sich zu seiner Rechten niederließ und sitzend betete.[266]
Die Freude der muslimischen Frauen und Männer in der Moschee war groß, als sie sahen, dass es dem Propheten wieder besser ging.
Dann half man dem Propheten, in Aischas Wohnung zurückzukehren, wo er sie anwies, die einzigen sechs oder sieben Dirham, die sich in seinem Besitz befanden, den Armen zu spenden.
Am nächsten Tag, als er den Gebetsruf zum Morgengebet hörte, ließ der Prophet sich zum letzten Mal zur Tür seiner Wohnung helfen, die nur durch einen Vorhang von der Moschee getrennt war. Er beobachtete die Gläubigen, die sich in der Verrichtung des Morgengebets befanden und lächelte glücklich. Die Gläubigen freuten sich, während er ihnen andeutete, fortzufahren. Anas erzählte später: „Noch nie hatte ich das Gesicht des Propheten so schön gesehen wie in jenem Moment.“
Dann ließ er den Vorhang wieder fallen.[267] Er war sehr schwach, und sein Kopf lag an Aischas Brust, als ihr Bruder Abdurrahman mit einem Zahnholz in der Hand in das Zimmer kam. Aischa merkte, wie der Prophet das Zahnholz ansah, und sie wusste, dass er es gerne hätte. Sie nahm es von ihrem Bruder und begann es zu kauen, bis es weich war. Dann gab sie es dem Propheten, der sich damit die Zähne so energisch putzte wie nie zuvor. Es dauerte nicht lange, und seine Augen blickten zur Zimmerdecke. Aischa hatte oft gehört, dass der Gesandte Allahs sagte: „Allah wird keinen Propheten zu sich nehmen, bevor er ihn nicht zwischen dem Leben und dem Tod wählen ließ.“
Sie ging davon aus, dass dies jetzt geschehen würde und sagte: „Bei Dem, Der dich mit der Wahrheit sandte, du wurdest vor die Wahl gestellt und du hast gewählt!“
Dann hörte sie ihn sagen: „Mit denen Du gnädig warst, mit den Propheten, Rechtschaffenen, Märtyrern und den Gerechten, in der höchsten Vereinigung im Paradies.“[268]
Den letzten Satz wiederholte er insgesamt dreimal, während sein Blick zur Decke wanderte und seine Hand herabsank.[269]
Die anwesenden Frauen begannen zu weinen. Am Montag, dem 8. Juni 632 n. Chr., im 23. Jahr seiner Entsendung, im elften Jahr nach der Auswanderung, dem Beginn der islamischen Zeitrechnung, starb der Prophet Muhammad.
Die ungeheure Nachricht drang nach draußen. Die Menschen konnten es nicht fassen und waren verzweifelt.
Selbst der starke Umar schien von der Schwere der Kunde benommen zu sein. Er erklärte den Leuten in der Moschee, Muhammad sei zu seinem Herrn nur in der Weise gegangen, wie einst Moses auf den Berg gegangen war, und er werde wiederkommen und die Heuchler, die diese Nachricht verbreiteten, zur Rechenschaft ziehen.
Während er dies noch sprach, erschien Abu Bakr. Er betrat sofort das Zimmer seiner Tochter Aischa und sah die Wahrheit mit eigenen Augen. Weinend betrachtete er das Gesicht des Propheten und küsste ihn auf die Stirn. Er sprach: „Du bist mir lieber als mein Vater und meine Mutter, du hast den Tod erlebt, den Allah für dich geschrieben hat, aber danach wirst du nie mehr einen Tod erleben.“ Respektvoll legte er den Mantel auf das Gesicht des Propheten und begab sich in die Moschee, wo Umar immer noch sprach.
„Beruhige dich, Umar und höre zu!“, rief Abu Bakr. Doch Umar wollte nicht schweigen.
Erst als Abu Bakr zu sprechen begann und Allahs Einzigkeit pries, drehten sich die Menschen zu Abu Bakr und hörten ihm zu.
Abu Bakr sagte: „O ihr Menschen, wer Muhammad verehrt hat, so ist Muhammad nun gestorben; und wer auch immer Allah gedient hat, so Allah ist lebendig und stirbt nicht!“
Dann rezitierte er eine Stelle aus dem Koran: Und Muhammad ist doch nur ein Gesandter, vor dem schon Gesandte vorausgegangen sind. Wenn er nun stirbt oder getötet wird, werdet ihr euch dann auf den Fersen umkehren? Und wer sich auf den Fersen umkehrt, wird Allah keinerlei Schaden zufügen. Aber Allah wird es den Dankbaren vergelten.[270]
Den Menschen war, als hätten sie diesen Vers zum ersten Mal gehört. Umar berichtete später: „Bei Allah! Als Abu Bakr diesen Vers rezitierte, war mir klar, dass es stimmte. Meine Beine wurden schwach, und ich ging zu Boden.“
Die Trauer unter den Frauen, Kindern und Männern war unbeschreiblich.
Währenddessen lag der Körper des Propheten auf seinem Sterbebett. Seine nahen Verwandten hatten sich um ihn versammelt und berieten, wie sie ihn bestatten sollten. Doch sie konnten sich nicht entscheiden.
Aber auch die anderen Bewohner Medinas waren sich uneinig, wohin man den Propheten bringen sollte.
Nach einigen Vorschlägen kam Abu Bakr hinzu, der sagte: „Ich hörte den Gesandten Allahs sagen: “Kein Prophet stirbt, ohne dass er an der Stelle bestattet wird, wo er gestorben ist!“[271]
Darauf wurde entschieden, dass an dem Ort der Lagerstatt, auf der er starb, ein Grab ausgehoben werden solle.
Die engsten Verwandten des Propheten übernahmen seine Waschung, darunter an erster Stelle Ali, Abbas und dessen Söhne Al Fadl und Qutham. Usama und Schukran, der Freigelassene des Propheten, gossen das Wasser über ihn, und Ali wusch ihn, wobei ihm sein knielanges Hemd belassen wurde. Währenddessen nahmen sie einen ganz besonderen Duft an ihm wahr, sodass Ali ausrief: „Du bist mir wie Vater und Mutter! Wie wohlriechend bist du sowohl lebendig als auch tot!“
Als sie mit der Waschung fertig waren, hüllten sie ihn in drei Leichentücher.
Dann wurde den Muslimen die Tür geöffnet, um von der Moschee her einzutreten und einen letzten Blick auf ihn zu werfen sowie für ihn um Segen zu bitten.
Das Zimmer war voll, als Abu Bakr und Umar eintraten und mit den Muslimen beteten, wobei ihnen in diesem Gebet keiner vorbetete.
Als die Männer mit ihrem Gebet fertig waren, wurden die Frauen eingelassen und nach ihnen die Kinder. Ihrer aller Herzen erbebten, und die Trauer über das Hinscheiden des Gesandten Allahs, des Siegels der Propheten, schien sie zu zerreißen.
Die Bestattung fand in der Nacht zum Mittwoch statt, zwei Tage, nachdem er gestorben war.[272]
Anas Bin Malik sagte über den Todestag des Propheten Muhammad: „Ich habe keinen helleren und schöneren Tag erlebt, als jenen seiner Ankunft in Medina und keinen dunkleren und traurigeren, als den, an dem er starb.“[273]
Fatima folgte ihrem Vater, wie er es ihr gesagt hatte, wenige Monate später; sie war das einzige seiner Kinder, das ihn überlebte.
- Muhammad, die faszinierende Lebensgeschichte des letzten Propheten, Jotiar Bamarni, 3. Auflage, Schreibfeder Verlag, 2010.
- Der edle Qur’an, aus dem Arabischen übersetzt von A. As-Samit Frank Bubenheim und Dr. Nadeem Elyas 2002, überprüfter Nachdruck 2006, König-Fahd-Komplex, Medina
- Sahih Buchari, Darul Kitab Al-Arabi, Beirut, Libanon 2007
- Sahih Muslim, Darul Kitab Al-Arabi, Beirut, Libanon 2008
- Sahih Muslim, deutsche Übersetzung von Jotiar Bamarni, Schreibfeder Verlag
- Sunan Ad-Darimi, von M. A. Ibn Bahram Ad-Darimi, Al-Asriya Verlag, Libanon 2008
– Der Koran, aus dem Arabischen übersetzt von Max Henning, überarbeitet von Dr. Murad Hofmann, 1. Auflage, Çagri-Verlag, Istanbul
– As-Sira An-Nabawiya (die Biografie des Propheten) von Ibn Hischam: Sie basiert auf dem Werk von Ibn Ishaq (mehr als 1300 Jahre altes Werk) und wurde von Ibn Hischam ergänzt und neu veröffentlicht. Sie ist ein Standardwerk zum Leben des Propheten, für dieses Buch wurden die folgenden Auflagen benutzt:
- Ausgabe des Dar-Ibn-Hazm-Verlags in einem Band, 1. Auflage 2001, Beirut, Libanon
- Ausgabe des As-Safa-Verlags, 2 Bände, 1. Auflage 2006, Kairo, Ägypten.
- Ausgabe des Dar-Al-Ma’rifa-Verlags, 2 Bände, Auflage ohne Jahresangabe, Beirut, Libanon
- As-Sira An-Nabawiya (die Biografie des Gesandten) von Ibn Kathir, Ausgabe des As-Safa-Verlags, 2 Bände, 1. Auflage 2006, Kairo, Ägypten
- Sahihu As-Sira An-Nabawiya (Authentisches in der Biografie des Gesandten) von Ibn Kathir, überarbeitet von M. Nasraddin Albani, 1. Auflage, Islamische Bibliothek, Amman, Jordanien
- Qisas Al-Anbiya´ (Prophetengeschichten) von Ibn Kathir, Auflage des As-Safa-Verlags in einem Band, 1. Auflage 2005, Kairo, Ägypten
- Ar-Rahiq Al-Machtum von Safi-ur-Rahman Al-Mubarakpuri, Dar-Al-Wafaa-Verlag, 17. Auflage 2005, Mansura, Ägypten
– Muhammad, Prophet der Barmherzigkeit, von Abu-ﷺ-Rida M. Rassoul, IB-Verlag, Köln 1999
- At-Tabaqat Al-Kubra von Ibn Saad aus der arabischen Internetseite www.al-eman.com bzw. Maktabat Al-Khanaji, Kairo 2001
- Tarikh Ar-Rusul wa-l-Muluk, (Geschichte der Propheten und Könige) von At-Tabari, 15 Bände, aus der Internetseite www.majles.alukah.net
- Sunan At-Tirmidhi, von Abu Issa At-Tirmidhi, Al-Fikr Verlag Libanon 2005
– Kitabul Maghazi von Al-Waqidi, Marsden Jones, Beiraut Alam Al-Kutub
– Geografische Angaben zur Arabischen Halbinsel und den Stämmen stammen von der arabischsprachigen Internetseite
www.al-islam.com/arb/
- Mukhtasar Riyadus Salihin - Auszüge aus: Die Gärten der Rechtschaffenen, Imam An-Nawawi, Übersetzung: Jotiar Bamarni, Schreibfeder Verlag, Berlin, 2009
Wörterbücher
- Lisanul ´Arab, Sadir Verlag, Beirut, Libanon
- Arabisches Wörterbuch für die Schriftsprache der Gegenwart Arabisch – Deutsch, Hans Wehr, Harrassowitz; 1985
- Synchron-Wörterbuch der drei Sprachen, Bamarni Verlag, Jotiar Bamarni, 1. Auflage 2001
- DUDEN, die deutsche Rechtschreibung, 24. Auflage, 2006
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[1] Nicht zu verwechseln mit dem Propheten Abraham.
[2] Ibn Kathir, S. 30; An-Nadwi, S. 80.
[3] Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 57.
[4] Ibn Hischam, S. 27; At-Tabari; Ibn Kathir, S. 33.
[5] Koran 105: 1–5.
[6] Gedichte, die bis heute die Weltliteratur bereichern. Einige dieser Gedichte sind bei Ibn Hischam auf Seite 28-33 zu lesen.
[7] Medina, die man in dieser Zeit noch Yathrib nannte, liegt ungefähr 450 Kilometer von Mekka entfernt. Anders als Mekka war ihr Boden fruchtbar, daher lebten die Bewohner vom Ackerbau und dem Anbau von Dattelpalmen.
[8] Abdullah wurde in Dar An-Nabigha Al-Ya´di bei Medina begraben, vgl. Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 59.
[9] Zu Aminas Gedichten siehe Ar-Rahiq Al-Machtum.
[10] Ibn Hischam, S. 76. Dies geschah an einem Montag im Jahre des Elefanten. Der Historiker Ibn Saad schreibt in seinem Werk „At-Tabaqat Al-Kubra“, dass Muhammad sogar am gleichen Tag geboren wurde, an dem auch Abraha die Kaaba bedrohte. Hassan Ibn Thabit, ein Gefährte des Propheten, sagte, er sei sieben Jahre alt gewesen, als ein Jude vom Dach seines Hauses aus verkündete, dass der Stern des Ahmad, des „Hochgepriesenen“, heute Nacht erschienen sei.
[11] Ibn Hischam, S. 77; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 62 f.
[12] Ibn Hischam, S. 78.
[13] Ibn Hischam, S. 78; At-Tabari II/S. 158; Ibn Saad.
[14] Ibn Hischam, S. 80; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 64.
[15] Ibn Hischam, S. 80; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 64.
[16] Ibn Hischam, S. 85.
[17] At-Tabaqat Al-Kubra von Ibn Saad.
[18] Ibn Dschauzi schreibt in Talqih Fuhum Ahlil Athar, S. 7, dass er 12 Jahre, 2 Monate und 10 Tage alt war. Vgl. Ibn Hischam, S. 85.
[19] Ibn Hischam, S. 85.
[20] Ibn Hischam, S. 85, At-Tabari II/S. 277–279; At-Tirmidhi V/S. 550; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 65.
[21] Ibn Kathir I/S. 263; Ibn Hischam, S. 88.
[22] Ibn Hischam, S. 89.
[23] Neben dem Namen Ahmad wird Muhammad (der Gepriesene) auch nach seinem ersten Kind Abul-Qasim (Qasims Vater) genannt. (Ibn Hischam, Sahih Buchari).
[24] Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 67.
[25] Ibn Kathir I/S. 276 f.
[26] Ibn Hischam, S. 92; Ibn Kathir I/S. 278.
[27] Der schwarze Stein stammt aus dem Paradies, Abraham und Ismael hatten ihn in die Kaaba eingebaut. Imam Ahmad überlieferte, dass der Stein ursprünglich weiß wie Schnee war, doch durch die Sünden der Menschen wurde er schwarz.
[28] Ibn Hischam, S. 93; At-Tabari II/S. 289-290.
[29] Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 75; Sahih Buchari, Ibn Hischam, S. 111, Musnad Imam Ahmad VI/S. 233.
[30] Koran 96: 1–5.
[31] Ibn Hischam, S. 111, Musnad Imam Ahmad VI/S. 233.
[32] Ibn Hischam, S. 112; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 76; Sahih Buchari.
[33] Ibn Hischam, S. 114.
[34] Ibn Hischam, S. 115.
[35] Abu Dawud 4682, At-Tirmidhi 1162. Abu Dawuds Überlieferung beinhaltet nur den ersten Teil des Hadith. Sahih Al-Dschami As-Saghir 1232, As-Silsila As-Sahiha 284, Sahih Tirmidhi von Albani 928 und in Mischkat Al-Masabih 3264.
[36] Koran, 81: 8–9.
Koran (Qur´an) bedeutet wörtlich “Lesung”. Es ist die abschließende, verbale, in arabischer Sprache gesprochene, dem Propheten Muhammad offenbarte, an die gesamte Menschheit gerichtete Botschaft Allahs. (Koranübersetzung Bubenheim/Elyas).
[37] Sunan Ad-Darimi, Muqaddima, S. 7.
[38] Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 84.
[39] Wegen dieses Verhaltens von Abu Lahab wurde die Koran-Sura 111 herabgesandt, in der er getadelt wird.
[40] Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 85.
[41] Ibn Hischam, S. 122.
[42] Ibn Hischam S. 117–120; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 81.
[43] Ibn Hischam, S. 116; Sunan Abi Dawud, S. 26; At-Tabari II/S. 313 und Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 81.
[44]Ibn Hischam, S. 136.
[45] Ramda war ein Ort nahe Mekka, der dafür bekannt war, dass er keinerlei Schutz vor der Sonne bot, da es dort weder Felsen noch Bäume gab. Dieser Ort wurde von den Quraisch oft genutzt, um die Muslime zu foltern.
[46] Asadul Ghabah I/S. 591; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 91.
[47] At-Tabaqat Al-Kubra von Ibn Saad VIII/S. 256; Ibn Hischam, S. 146–147; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 91.
[48] Die Banu Dschuma waren einer der Stämme der Quraisch.
[49] Koran 92: 5–6, 19–21; Ibn Hischam, S. 147; At-Tabaqat Al-Kubra VIII/S. 256; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 92
[50] Ibn Hischam, S. 147.
[51] Ibn Hischam, S. 133; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 102 f.
[52] Das heutige Äthiopien.
[53] Zadul Mi´ad I/S. 24; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 98; Ibn Hischam, S. 148. Es waren etwa 80 Auswanderer; ihre Namen finden sich bei Ibn Hischam auf S. 149.
[54] Koran: Maria 19: 16–35.
[55] Ibn Hischam, S. 156.
[56] Ibn Hischam, S. 155-157, Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 101.
[57] Ibn Hischam S. 159-160, At-Tabaqat Al-Kubra III/S. 267-269.
[58] Ibn Hischam, S. 162; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 105.
[59] Derjenige, der die Urkunde schrieb, war Mansur, der Sohn Ikrimas. Der Prophet bat Allah, ihn zu bestrafen. Daraufhin wurden einige seiner Finger gelähmt. (Ibn Hischam, S. 162).
[60] Ibn Hischam, S. 163, 173.
Hischam Ibn Amr gehörte zum Stamm der Banu Amr, einem der Stämme der Quraisch. Er war von Beginn an gegen den Boykott, denn er hielt es für unehrenhaft, sich gegenüber den eigenen Stammesbrüdern so zu verhalten.
[61] Sahih Buchari, Zadul Ma´ad II/S. 46; Ibn Hischam, S. 162–164, 173–176; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 112–114. Siehe auch die Gedichte Abu Talibs über die himmlische Nachricht, dass Würmer die Urkunde gefressen hatten.
[62] Koran 54: 2.
[63]„Heute bekennen sich über 1,4 Milliarden Gläubige zum Islam; er ist in der Postmoderne zur einzigen weltweit wachsenden Religion geworden, als einzige ernsthafte Alternative zur westlichen Konsumgesellschaft. Auch in den USA, Großbritannien, Frankreich und in Deutschland gibt es inzwischen jeweils Millionen von Muslimen mit einer ständig wachsenden Zahl „weißer” und „schwarzer” Konvertiten.“ (Dr. Hofmann, Murad: Der Islam als Alternative, 4. Auflage, München 1999).
[64] Sahih Buchari im Kapitel „Heirat des Propheten mit Chadidscha“; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 118. Der Koran geht in Sure 93: 6–8 auf ihre Ehe mit Muhammad ein: Hat Er dich nicht als Waise gefunden und dir Obdach gewährt? Und dich herumirrend gefunden und rechtgeleitet! Und dich bedürftig gefunden und reich gemacht!
[65] Buchari und Muslim.
[66] Ibn Hischam, S. 191; Adh-Dhahabi in: „Geschichte des Islam – As-Sira“, S. 235.
[67] Taif befindet sich ca. 70 Kilometer südöstlich von Mekka.
[68] Ibn Hischam 193.
[69] Ibn Hischam, S. 193 ; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 125.
[70] Dschinn: Dies sind aus Feuer erschaffene Wesen, für die Menschen meist unsichtbar, die eine Art wie die Menschheit bilden. Sie sind wie die Menschen mit eigenem Willen und eigener Entscheidungsfreiheit erschaffen; einige von ihnen sind Gott ergeben. (siehe Koranübersetzung Bubenheim/Elyas).
Ebenso wie die Menschen sind sie erschaffen worden, um Allah zu dienen. Siehe Koran 51: 56.
[71] Dieses Reittier wird Al-Buraq genannt. Es gibt keine genauen Angaben, um was für ein Tier es sich handelte. Der Prophet band das Tier an einer Mauer bei der Aqsa-Moschee an, als er Jerusalem erreichte.
[72] Dieser Bericht und die Namen der beteiligten Frauen und Männer sind in Ibn Hischam auf S. 197 zu lesen.
[73] Der Islam hat dieses Verbrechen für immer abgeschafft. Bei den ärmeren Beduinen Arabiens gab es die Sitte, in Zeiten der Dürre ungewollte Mädchen zu töten. Manche rechtfertigten dieses Verbrechen damit, dass ihre Götzen ihnen dies befohlen hätten.
[74] At-Tabari II/S. 356; Ibn Hischam, S. 199.
[75] Saad Ibn Mu’adh war das Oberhaupt der Aus. Er war ein fähiger, kluger und mutiger Mann, der in seinem Stamm ein sehr hohes Ansehen genoss.
[76] Ibn Hischam, S. 199–201.
[77] Manat war ein weiblicher Götze, der wie Al-Lat und Al-Uzza als Tochter Allahs verehrt wurde; sie wurde als Göttin des Schicksals betrachtet.
[78] Ibn Hischam, S. 207-208.
[79] Uthman Ibn Talha war der Sohn eines der größten Gegner des Propheten, Talha Ibn Abi Talha, der später bei der Schlacht von Uhud getötet wurde. Seine Familie war eine der angesehensten der Banu Abd-ad-Dar. Sie hatten die Ehre, die Hüter der Schlüssel zur Kaaba zu sein. Uthman war für seinen Edelmut und seine Tapferkeit bekannt.
[80] Ibn Hischam, S. 215-216, Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 148.
[81] Ibn Hischam, S. 218.
[82] Ibn Hischam, S. 218.
[83] Koran 39: 53–55.
[84] Ibn Hischam, S. 219-220.
[85] Ibn Hischam, S. 221, 223.
[86] Es handelt sich um das Haus Dar An-Nadwa, das Qusai Ibn Kilab gehörte und in dem die Quraisch alle politischen und militärischen Angelegenheiten berieten. (Ibn Hischam, S. 221).
[87] Ibn Hischam, S. 221-222.
[88] Ibn Hischam, S. 222, Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 154.
[89] Ya-Sin! Beim weisen Koran! Du bist wahrlich einer der Gesandten auf einem geraden Weg. Er ist die Offenbarung des Allmächtigen und Barmherzigen, damit du ein Volk warnst, dessen Väter nicht gewarnt wurden, so dass sie [gegenüber allem] unachtsam sind. Das Wort ist ja gegen die meisten von ihnen unvermeidlich fällig geworden, so glauben sie nicht. Gewiss, Wir haben um ihre Hälse Fesseln gelegt. Sie reichen bis zum Kinn, so dass sie den Kopf hochhalten [müssen]. Und Wir haben vor ihnen eine Sperrmauer errichtet und [ebenso] hinter ihnen eine Sperrmauer und sie so überdeckt, dass sie nichts sehen [können]. ( Koran 36:1–9).
[90] At-Tabari II/S. 374; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 156.
[91] Koran 8: 30, 52: 30–31; Ibn Hischam, S. 223.
[92] Ibn Hischam, S. 225.
[93] Sahih Buchari I/S. 554; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 156.
[94] Sahih Buchari I/S. 516, 558; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 156.
[95] Ibn Hischam, S. 226.
[96] Koran 28: 85.
[97] Ibn Hischam, S. 227: Dies geschah an einem Montag, dem 24. oder 27. September 622. Auch der Geburts– und Sterbetag Muhammads war ein Montag. Zudem pflegte der Prophet montags zu fasten.
Hassan Ibn Thabit sagte, er sei sieben Jahre alt gewesen, als ein Jude auf dem Dach lautstark verkündet habe, dass der Stern des Ahmad, des „Hochgepriesenen“, in jener Nacht erschienen sei.
Ibn Ishaq schreibt, er habe Said Ibn Abdurrahman Ibn Hassan Ibn Thabit gefragt, wie alt Hassan gewesen sei, als der Prophet nach Medina auswanderte. Er sagte, er sei 60 gewesen. Muhammad war mit 53 ausgewandert. (Ibn Hischam, S. 77).
[98] At-Tabaqat Al-Kubra von Ibn Saad und Abdullah Ibn Amr berichten: Ein Mann fragte den Propheten: „In welcher Weise kann man den Islam am besten leben?“ Der Prophet sagte: „Indem du andere speist und jeden mit dem Friedensgruß (Salam) grüßt, den du kennst, und den du nicht kennst!“ (Sahih Buchari, Hadith 6236).
[99] Berichtet von Tirmidhi, Ibn Madscha und Ad-Darimi, Mischkat Al-Masabih 1, S. 168; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 177.
[100] Salman blieb zunächst in seinem Status als Sklave der Juden. Wie er davon freikam, berichtet er selbst: „Schließlich teilte der Gesandte mir mit, dass ich mit meinem Herrn einen Freilassungsvertrag abschließen solle! So forderte ich dies so oft von meinem Herrn, bis er endlich einwilligte und mit mir einen Vertrag auf Freilassung unter der Bedingung abschloss, dass ich ihm als Gegenleistung dreihundert junge Dattelpalmen einpflanzte und vierzig Unzen Silber zahlte. Als der Gesandte von diesen Bedingungen erfuhr, sagte er zu seinen Gefährten: ‚Helft eurem Bruder beim Einpflanzen der jungen Palmen!’ So half jeder nach seinen Kräften mit. Darauf sagte der Prophet: ‚Salman, gehe hin und grabe Löcher für die Palmen! Und wenn du fertig bist, benachrichtige mich, so werde ich sie dann mit meinen eigenen Händen setzen.’ Da machte ich mich also an die Arbeit, wobei mir einige Gefährten des Propheten mithalfen, bis wir dreihundert Löcher bereit hatten. Der Gesandte begann dann, die Palmen mit seiner Hand zu setzen, die Erde über den Wurzeln zu glätten und über ihnen den Segenswunsch auszusprechen, bis er mit allem fertig war. Danach blieben nur noch die vierzig Unzen Silber zu zahlen. Während der Gesandte eines Tages mit seinen Gefährten zusammen war, brachte ihm jemand ein Goldstück in der Größe eines Hühnereis, das er dem Propheten als Almosen gab. Der Prophet sagte: ‚Was macht eigentlich der arme Perser mit seinem Freilassungsvertrag? Er soll zu mir kommen!’ Als ich mich bei ihm einfand, sagte er zu mir: ‚Geh mit diesem Goldstück und bezahle damit, was du an Schulden noch zu entrichten hast!’“ (Ibn Hischam S. 100-104, At-Tabaqat Al-Kubra IV/S. 75-80).
[101] Zu dieser Zeit hieß die Stadt noch Yathrib. Erst nach der Gründung des islamischen Staates wurde sie Medinatu-ﷺ-Rasul (die Stadt des Propheten), kurz Medina, genannt.
[102] Abu Ayyub Chalid Ibn Zaid hatte beim zweiten Treffen in Aqaba den Treueeid geschworen. (Ibn Hischam, S. 229–231).
[103] Nach ihrem Tod fasste Aischa ihre Meinung über Sauda in den Worten zusammen: „Es gibt unter den Menschen niemanden, den ich wegen seines Charakters mehr liebe als Sauda, obwohl sie etwas Temperament hatte.“
[104] Vom Propheten selbst ausgebildet, galten seine Frauen bei der weiteren Vermittlung der islamischen Lehre als sachkundige Lehrerinnen für Frauen und Männer. Ihre Wohnräume und die Moschee waren Ausbildungsstätten für muslimische Frauen. Sie gehörten zu den ersten Theologinnen und Überlieferinnen – nicht nur für ihre Zeit, sondern für die gesamte islamische Welt bis heute. Der Koran bezeichnet jede von ihnen als „Mutter der Gläubigen“. Allein Aischa überlieferte zuverlässig 2200 Aussagen des Propheten.
[105] Eine der Aussagen des Propheten zum Thema Umwelt: „Wenn einer ein Bäumchen pflanzt, schreibt ihm Allah so viel Lohn zu, wie der Baum Früchte trägt.“ (Überliefert durch Ahmad Ibn Hanbal).
[106] Dieses Prinzip überlieferte die Frau des Propheten, Aischa, in einem Hadith: „Jedesmal wenn der Gesandte Allahs (s) zwischen zwei Dingen wählen konnte, nahm er das Leichtere an, solange es keine Sünde war.“ Siehe Sahih Buchari 3560, Sahih Muslim 2327 und den bekannten Hadith: „Macht alles leicht und erschwert nichts. Verbreitet gute Botschaften und verschreckt die Leute nicht." (Sahih Buchari 69, Sahih Muslim 1734).
[107] Kein Zwang im Glauben! Klar ist nunmehr das Rechte vom Irrtum unterschieden (Koran 2:256). Dies ist sowohl das Verbot, in Glaubensfragen Gewalt anzuwenden, als auch die Feststellung, dass solcher Zwang ein untauglicher Versuch wäre. (Vgl. Der Koran, Übersetzung von Max Henning, Überarbeitung von Murad Hofmann).
[108] Ibn Hischam, S. 232-234.
[109] Ibn Hischam, S. 240-241.
[110] Ibn Ubay Ibn Salul war ein mächtiger Mann in Medina. Nach dem Krieg zwischen den Aus und den Chazradsch war er es, auf den sich die Stämme als König einigten. Die Ankunft des Propheten in Medina verhinderte jedoch, dass er König wurde. Ibn Salul fühlte sich daher seiner Königswürde beraubt. Diejenigen, die ihn als ihr Oberhaupt sahen, pflegten sich bei ihm zu treffen.
[111] Ibn Hischam, S. 245.
[112] Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 216, Ibn Hischam, S. 261-262.
[113] Ibn Hischam, S. 236-237.
[114] Koran 22: 39–40. Das bedeutet nicht, dass der Islam den Kampf zur Selbstverteidigung und zur Freiheit des Glaubens gegen Tyrannei und Unterdrückung damals ablehnte – vielmehr machte er sie zur Pflicht, zum Teil der Unantastbarkeit der menschlichen Würde. Allerdings verurteilte er damals wie heute und zu jeder Zeit den Angriffskrieg, der nur als letztes Mittel angewendet werden soll: „Und überschreitet nicht das Maß, wahrlich, Allah liebt die Maßlosen nicht.“ (2:190). Menschen mit unlauteren Absichten versuchen immer wieder, Verse aus dem Zusammenhang zu lösen, indem sie sagen, im Koran stünde: ...Und kämpft gegen sie... Sie lassen die Verse davor und danach weg, sodass der Inhalt verfälscht wird.
[115] Koran 2: 193. Es heißt auch: damit es keine Verfolgung mehr gibt.
[116] Koran 2: 190.
[117]Abu Dawud: Bab Khabar An-Nadhir II/S. 124; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 182. Sahih Buchari: Kitab Al-Maghazi II/S. 593.
[118] Ibn Hischam, S. 289-291.
[119] Ein Dirham ist eine Silbermünze, die als Währung auf der arabischen Halbinsel verwendet wurde, und ein Dinar war (ist) eine Goldmünze.
[120] Ibn Hischam 290-291.
[121] Koran 5: 24 und Ibn Hischam, S. 293: „Der Prophet zieht seine Gefährten zu Rate“.
[122] Koran 5: 24 und Ibn Hischam, S. 294.
[123] Hamza, Zaid und Abu Kabscha Anasa ritten auf einem Kamel und Abu Bakr, Umar und Abdurrahman Ibn Auf teilten sich ein Kamel (Ibn Hischam, S. 292).
[124] Badr ist der Name einer bekannten Wasserstelle und war der Platz einer der Märkte der Araber, wo sie sich alljährlich trafen, um Handel zu treiben (Ibn Hischam, S. 295).
[125] Saad Ibn Abi Waqqas stammte aus einem angesehenen Hause des Stammes der Banu Zuhra. Er war in jungem Alter Muslim geworden. Saad war gut im Herstellen von Bögen und zudem ein guter Bogenschütze.
[126] Es waren diese Stammesführer der Quraisch: Utba Ibn Rabi´a, Schayba Ibn Rabi´a, Abu Al–Bachtari Ibn Hischam, Hakim Ibn Hizam, Naufal Ibn Chuwaylid, Harith Ibn Amir Ibn Naufal, Tu´ayma Ibn ´Adi Ibn Naufal, Nadir Ibn Harith, Zama’a Ibn Aswad, Abu Dschahl Ibn Hischam, Umayya Ibn Chalaf, Nubayh und Munabah, die zwei Söhne von Al-Hadschadsch, Suhayl Ibn Amr und Amr Ibn Abdu-Wadd (Ibn Hischam, S. 294-295).
[127] Ibn Hischam, S. 295.
[128] Achnas Ibn Schariq Ibn Amr Ibn Wahb Ath-Thaqafi war ein Verbündeter der Sippe Banu Zuhra, mit denen er gekommen war. Es gelang ihm, die Banu Zuhra zu überzeugen Abu Dschahl nicht zu folgen, und dass dieser Krieg keinen Sinn hatte. Die Banu Zuhra folgten seinem Rat und kehrten nach Mekka zurück (Vgl. Ibn Hischam, S. 296).
[129] Koran 8: 10–16.
[130] Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 199, Ibn Hischam, S. 299.
[131] Ibn Hischam, S. 300; Sahih Buchari.
[132] Koran 8: 11.
[133] Ubayda Ibn Al-Harith war der Vetter des Propheten. Er war zehn Jahre älter als der Prophet.
[134] Ibn Hischam, S. 298-304
[135] Ibn Hischam 307.
[136] Die Muslime teilten nicht nur ihr Essen und ihre Behausungen mit den Gefangenen, sondern gaben ihnen das Beste, was sie an Essen hatten. Imam Tabarani berichtet von Abu Aziz Ibn Umayr: „Ich war ein Badr-Gefangener. Der Prophet hatte seine Gefährten darum gebeten, die Gefangenen gut zu behandeln. Ich war bei den Ansar und als diese nur trockene Datteln aßen, gaben sie mir das beste Essen.“ Ähnlich äußerte sich Abul-As.
[137] Sahih Buchari und Sahih Muslim, Mischkat Al-Masabih II/S. 345, Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 207, At-Tabaqat Al-Kubra Ibn Saad IV/V, 67-68.
[138] Ibn Hischam, S. 310.
[139] Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 207.
[140] Nicht nur Amr wurde in die Freiheit entlassen – auch Abul-As, Muttalib Ibn Hantab, Sayfi, Abu Azza und viele andere. In einem Gedicht bringt Abu Azza die Güte und Freundlichkeit Muhammads und die Rechtleitung und Vernunft seiner Religion zum Ausdruck. Das Gedicht „Abu Azza“ sowie die Namen der Gefangenen, die die Muslime ohne Bedingung freiließen, sind in Ibn Hischam auf S. 312 und 316 zu lesen.
[141] Ibn Hischam, Band 1, S. 654. Zu den Details der Geschichte siehe die Fußnote auf derselben Seite.
[142] Ibn Hischam, S. 313-315.
[143] Sahih Muslim Nr. 2775, Sahih Buchari Nr. 6204.
[144] Sahih Muslim, S. 36, 176.
[145] Der Sohn von Umayr gehörte zu den Gefangenen von Badr.
[146] Safwan war der Sohn von Umayya, Bilals ehemaligem Herrn. Er und Umayr gehörten zu den schlimmsten Gegnern des Propheten. Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 214.
[147] Ibn Hischam, S. 317.
[148] Ash-Sham ist das Gebiet, das heute als Syrien, Libanon, Palästina und Jordanien bekannt ist.
[149] Ibn Hischam, S. 317.
[150] Wegen des Weizenbreis, den die Quraisch abgeworfen hatten, wurde dieser Feldzug Muhammads der „Weizenbrei–Feldzug“ genannt. (Ibn Hischam, S. 367).
[151] Eine rote Binde, die er zu tragen pflegte, um zu zeigen, dass er nicht zurückweichen würde, egal was auf ihn zukäme.
[152] Ibn Hischam, S. 381.
[153] Chalid war der Sohn des bekannten Gegners des Propheten Al-Walid Ibn Al-Mughira, einem der reichsten Mekkaner. Er gehörte zu den Banu Machzum. Chalid war für seine Klugheit bekannt. Er gehörte zu den fähigsten militärischen Führern der Quraisch.
[154] Sahih Buchari V/S. 124, Ibn Hischam, S. 388.
[155] Hubal war der Hauptgott unter den 360 Gottheiten, die in und um die Kaaba standen. Bei ihm wurden oft die Lospfeile geworfen.
[156]Als im folgenden Jahr zur verabredeten Zeit der Prophet mit seinen Gefährten in Badr wartete, waren die Götzendiener nur einige Stunden von Mekka entfernt und trauten sich nicht, anzugreifen. Abu Sufyan versprach Nuaim Ibn Mas'ud zwanzig Kamele, wenn er es schaffte, Muhammad zu überreden, nicht nach Badr zu ziehen, was ihm jedoch nicht gelang. Sie bereiteten sich aber weiterhin vor, um einen großen Krieg gegen die Muslime zu führen.
[157] Koran 16: 127.
[158] Zu den Details der Schlacht von Uhud siehe Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 225 - 255.
[159] Aischa berichtet, dass Abu Bakr eines Tages zum Propheten kam und dann Umar; der Prophet änderte seine Sitzstellung nicht. Dann kam Uthman, und Muhammad richtete seine Kleider und seine Sitzstellung. Als sie weg waren und Aischa nach dem Grund fragte, antwortete der Prophet, wie könne er sich vor einem Mann nicht schämen, vor dem die Engel sich schämen. Abu Huraira berichtete: „Der Prophet sagte: Der Glaube besteht aus mehr als siebzig Bestandteilen, und die Schamhaftigkeit (Haya´) ist einer der Bestandteile des Glaubens“. (Sahih Muslim, Hadith 50).
[160] Sahih Buchari 4005
[161] Über sie hat Allah in Medina diese Koran–Verse offenbart: „Hast du nicht jene gesehen, denen ein Teil der Schrift gegeben wurde? Sie glauben an Zauberei und Götzen, und sie sagen von den Ungläubigen: „Sie sind in der Lehre besser geleitet als die Gläubigen.“Diese sind es, die Allah verflucht hat; und für den, den Allah verflucht, wirst du keinen Helfer finden.“ (Koran 4: 51–55).
[162] Nadschd ist das Gebiet in der Mitte der Arabischen Halbinsel.
[163] Die Banu Ghatafan waren ein großer Stammesverbund im Nadschd.
[164] Die Quraisch wurden von Abu Sufyan angeführt, die Banu Ghatafan von Uyayna Ibn Hisn (Ibn Hischam, S. 453).
[165] Mu'attib Ibn Quschayr vom Stamm der Banu Amr, der kein Heuchler war und sich an der Badr-Schlacht beteiligt hatte, sagte: „Muhammad hatte uns doch versprochen, wir würden die Schätze Chosraus und Cäsars bekommen, während wir heute nicht einmal unsere Notdurft verrichten können.“ (Ibn Hischam, S. 456–457).
[166] Er wollte damit demonstrieren, dass er entweder siegen oder sterben wollte.
[167] At-Tabaqat Al-Kubra I/II, S. 53; Al.Maghazi, S. 487.
[168] Ibn Madscha Nr. 2833 und 2834, Ibn Hischam, S. 460.
[169] Hudhayfa Ibn Al-Yaman wurde in Mekka geboren. Wegen einer Blutrache war sein Vater Al-Dschaman nach Yathrib geflüchtet. Er gehörte zu der Delegation aus Medina bei Al-Aqaba. Seine ganze Familie konvertierte zu Islam. Hudhayfa war ein Vertrauter des Propheten, nur ihm vertraute dieser die Namen der Heuchler an.
[170] Ibn Hischam, S. 462
[171] Ibn Hischam, S. 472
[172] Ibn Hischam, S. 463–464.
[173] Siehe Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 278 – 281. Zur Grabenschlacht wurde die Sure 33 offenbart, die unter anderem auch den Verlauf der Schlacht und das Leiden der Muslime schildert.
[174] Ibn Hischam, S. 513–514.
[175] Ibn Hischam, S. 658, Sahih Buchari Nr. 4372. Thumama Ibn Athal war ein mächtiger Stammesfürst aus dem Nadschd, der dem Propheten den Krieg erklärt hatte, ohne ihn zu kennen.
[176] Koran 41: 34.
[177] Talbiya: das Aussprechen der Formel: „Labbayk Allahumma labbayk!“ (Hier bin ich, o Allah, zu deinen Diensten!) Mit dieser Formel kommt zum Ausdruck, dass der Mensch dem Ruf Allahs zu seinen Stätten gefolgt ist.
[178] Ibn Hischam, S. 315-316; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 285.
[179] Ihr vollständiger Name war Chansa Bint Chaddam Bin Chalid Al-Ansariya Al-Ausiyya. Mawta´ 367, Taqribul Tahthib T 11638, As-Sunan Al-Kubra von Baihaqi 7/119
[180] As-Sunan Al-Kubra von Baihaqi 7/119
[181] Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 289.
[182] Ibn Hischam, S. 491.
[183] Ibn Hischam, S. 491. Umar sagte später, dass er gemerkt hatte, dass die Entscheidung des Propheten mehr Segen brachte, als die seine es getan hätte (Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 292).
[184] Ibn Hischam, S. 493–496; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 291.
Joseph litt unschuldig. Zuerst unter seinen Brüdern, dann unter Potiphars Frau und schließlich im Gefängnis.
[185] Ibn Hischam, S. 496. Die herabgesandten Verse sind 24: 11–12; 15–17.
[186] Koran 24: 22.
[187] Ibn Hischam, S. 497.
[188] Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 294.
[189] In den vier heiligen Monaten des islamischen Kalenders waren und sind jegliche Kampfhandlungen rund um die Kaaba verboten.
[190] Usfan ist eine Gegend zwischen Mekka und Medina.
[191] Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 296.
[192] Vgl. den Feldzug Abrahas gegen die Kaaba, als Allah den Elefanten niederknien ließ. (Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 295–296).
[193] Ibn Hischam, S. 499–500; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 296.
[194] Hulais Ibn Alqama gehörte zu den Banu Al-Harith Ibn Abdu-Manat aus der Stamm der Kinana und war damals der Führer der Ahabisch (Ibn Hischam, S. 501; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 96).
[195] Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 97.
[196] Nach dem Tod ihres Mannes bat Muhammad Umm Salama um ihre Hand, um sich um sie und ihre Kinder zu kümmern. Doch sie entschuldigte sich wegen ihrer großen Familie und ihres fortgeschrittenen Alters. Sie tat ihm leid und er ließ nicht nach, bis er sie geheiratet und die Fürsorge für ihre Kinder auf sich genommen hatte.
[197] Sahih Buchari 2731, 2732, Musnad Ahmad IV/S. 326, 332; Sahih Muslim 1783-1786, 1409-1413.
[198] Koran 48: 1.
[199] Das ist die Aussage von Al-Zuhri über den Friedensvertrag von Hudaibiya (Ibn Hischam, S. 506).
[200] Koran 2: 256. Über die Freiheit der Religion steht in einem anderen Vers: „Und sag: (Es ist) die Wahrheit von eurem Herrn. Wer nun will, der soll glauben, und wer will, der soll ungläubig sein.“ (Koran 18: 29).
[201] Die Ereignisse um Abu Busair finden sich in: Ibn Hischam (Ausgabe des Dar-Al-Ma’rifa-Verlags, Beirut), S. 323–324; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 302.
[202] Ibn Hischam, s. 518-519, Tabaqat Ibn Saad I/IV, 157-159, Al-Waqidi 702-705 II.
[203] Ibn Hischam, S. 518–519.
[204] Ibn Hischam, S. 517-318.
[205] Ibn Hischam, S. 513.
[206] Ibn Hischam, S. 518.
[207] Ibn Hischam, S. 277, Al-Waqidi II/S. 742-744; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 302. Die ganze Geschichte erzählt Amr selbst, sie wird von Yazid Ibn Abi Habib in Ibn Hischam überliefert.
[208] Al-Waqidi II/S. 745–749.
[209] Ibn Hischam, Band 2, S. 278; Sahih Muslim, S. 121 in Bab Al–Iman. Über die Verzeihung Allahs wurden viele Koranversen offenbart, wie z.B. 39: 53: Sprich: „O meine Diener, die ihr euch gegen eure eigenen Seelen vergangen habt, zweifelt nicht an Allahs Barmherzigkeit; denn Allah vergibt alle Sünden; Er ist der Allverzeihende, der Barmherzige.“ Und in 2: 186: Und wenn dich Meine Diener über Mich befragen, so bin Ich nahe; Ich höre den Ruf des Rufenden, wenn er Mich ruft. Deshalb sollen sie auf Mich hören und an Mich glauben. Vielleicht werden sie den rechten Weg einschlagen.
[210] Al-Waqidi II/S. 744-745.
[211] Der Patriarch von Alexandria, der zugleich Statthalter des oströmischen Kaisers war.
[212] Chosrau II regierte Persien bis 628 n. Chr.
[213] Herakleios regierte das Oströmische Reich bis 641 n. Chr.
[214] Koran 2: 256.
[215] Zadul Mi´ad II/S. 155.
[216] Einer anderen Überlieferung zufolge soll das römische Heer sogar 200.000 Mann umfasst haben.
[217] Sahih Buchari, Hadith-Nummer 4265, Auszüge aus: Gärten der Rechtschaffenen, Übersetzung Jotiar Bamarni.
[218] In diesen zwei Jahren interessierten sich viele Völker der Region für den Islam. Unter den Delegationen waren auch sechzig Christen aus Nadschran, die ein Bündnis mit dem Propheten schlossen und den Schutz des islamischen Staates genossen. Während ihres Aufenthaltes erlaubte er ihnen, ihre Gebete in der Moschee, nach Osten gewandt, zu verrichten.
[219] Die Byzantiner sind besiegt worden. Im nächstliegenden Land. Aber sie werden nach ihrer Niederlage siegen, in einigen Jahren. Allah steht die Entscheidung zu, vorher wie nachher. Und an jenem Tag werden die Gläubigen froh sein, über Allahs Hilfe. Er hilft wem er will, und Er ist der Allmächtige und Barmherzige. (Koran 30: 2–5, offenbart zu Mekka) Die Anmerkung in der Übersetzung von Bubenheim und Dr. Nadeem Elyas: Die Byzantiner (Oströmer) wurden von den Persern geschlagen und verloren Damaskus (613) und Jerusalem (614). Diese Prophezeiung erfüllte sich, als Herakleios einen Feldzug gegen die Perser führte (622–627 n. Ch.), der mit einem großen Sieg bei Ninive endete (627). Die heidnischen Mekkaner sympathisierten mit den Persern, die Muslime hingegen mit den christlichen Byzantinern.
[220] Busra ist eine Stadt im Südwesten des heutigen Syriens.
[221] „Sie nimmt immer noch ständig zu” ist die Antwort auf diese Frage während der gesamten 1400 Jahre – bis heute.
[222] Zakat, die Pflichtabgabe, welche die Wohlhabenden an Arme, Bedürftige und an andere in bestimmten Situationen zu entrichten haben. Sie beträgt 2,5% des Besitzes eines wohlhabenden Menschen, dessen Besitz eine gewisse Grenze überschreitet. Dies ist die dritte der fünf Säulen des Islams. Zakat bedeutet „Reinigung“ oder „Anwachsen“.
[223] Sahih Buchari I/S. 4; Sahih Muslim II/S. 97–99; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 308–309. Der Kaiser war im Jahre 629 n. Chr. nach Jerusalem gepilgert, um Gott für den Sieg über die Perser zu danken.
[224] Ibn Hischam, S. 540. Auf der gleichen Seite steht das Gedicht von Amr Ibn Salim, das ausführlich über den Mord an den schlafenden Menschen berichtet.
[225] Vgl. Ibn Hischam, S. 541.
[226] Ibn Hischam, S. 542-543, Sahih Buchari I/S. 422; II/S. 612; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 343.
[227] Nicht zu verwechseln mit Abu Sufyan Ibn Harb, dem Anführer der Quraisch.
[228] Tulub ist eine Wasserquelle zwischen Medina und Mekka, siehe Fußnote Al-Waqidi, S. 804.
[229] Al-Waqidi II/S. 804.
[230] Hakim Ibn Hizam war Chadidschas Neffe, der seinerzeit alles versucht hatte, die Quraisch zu überzeugen, nicht zu kämpfen, um die Schlacht von Badr zu verhindern (Ibn Hischam, S. 297 f.).
[231] Budail Ibn Warqa' gehörte zur Delegation der Chuza’a, die dem Propheten vom Angriff der Banu Bakr auf die Chuza’a berichtete. Er war einer der Anführer der Banu Chuza’a.
[232] Ibn Hischam, S. 545; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 346.
[233] Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 346; Al-Waqidi II/S. 820-823.
[234] Muhammad war nun Herrscher über sämtliche Stämme Arabiens und hätte sich jeden Luxus erlauben können. Reichtümer interessierten ihn jedoch nicht, es sei denn, um sie zu verschenken, einen Menschen damit glücklich zu machen oder um damit Frieden herzustellen. Er betrachtete sich selbst ausschließlich als bescheidenen Diener Allahs. In seinem Zimmer gab es nur eine einfache Schlafmatte und ein Schaffell. Die wenigen Kleider und Schuhe, die er brauchte, reparierte er selbst her. Er kümmerte sich weiterhin selbst um die Versorgung seiner Familie, so wie er es immer getan hatte. Allen Menschen begegnete er mit Liebe und Fürsorge. Wie früher schon, legte er sich nie schlafen, bevor er nicht seinen letzten Dinar an die Armen verteilt hatte. Oft hungerte er, denn häufig war jemand da, der dringend etwas zu Essen benötigte.
[235] Ibn Hischam, S. 545; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 347, überliefert von Al-Hakim in Mustadrak III/S. 47, Al-Waqidi II/S. 823-824.
[236] Al-Waqidi II/S. 826, 838-839.
[237] Ibn Hischam, S. 549; Tabaqat Ibn Saad II/S. 144 f.
[238] Koran 17: 81; Ibn Hischam, S. 551; At-Tirmidhi, Nr. 3137.
[239] Koran 49: 13. Mann und Frau sind vor Allah sowohl in religiöser als auch geistiger Hinsicht gleichwertig. Rechte und Pflichten von Mann und Frau sind in Koran und Sunna offenbart: Und die gläubigen Männer und Frauen sind untereinander Freunde. Sie gebieten, was Recht ist und verbieten, was verwerflich ist, verrichten das Gebet, geben die Zakat und gehorchen Allah und seinem Gesandten. Ihrer wird sich Allah erbarmen. (Koran 9:71).
[240] Koran 12: 91–92; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 348, Al-Waqidi II/S. 835.
[241] Ibn Hischam, S. 549; Ahmad in Musnad II/S.11; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 348.
[242] Ibn Hischam, S. 546, überliefert von Al-Haithamy in Madschma´ Az-Zawai´d VI/S. 173.
[243] Al-Waqidi II/S. 850.
[244] Ibn Hischam, S. 552; Al-Waqidi II/S. 853-855.
[245] Al-Waqidi III/S. 874.
[246] Al-Waqidi II/S. 850, III/S. 874.
[247] Ab diesem Tag war Ikrima auf der ganzen Welt niemand lieber als Muhammad. Die offenbarten Verse aus dem Koran zeigten den Muslimen, wie sie ihre Gegner behandeln sollen, auch nachdem sie Macht über sie gewannen: „Nicht gleich sind die gute Tat und die schlechte Tat. Wehre mit einer Tat, die besser ist, (die schlechte) ab, dann wird derjenige, zwischen dem und dir Feindschaft besteht, so, als wäre er ein warmherziger Freund.“ Koran 41:34.
[248] Al-Waqidi II/S. 850–853, III/S. 870–871.
Ikrima hielt sich bis zu seinem Tode an sein Versprechen: Als die Muslime bei der Schlacht von Yarmuk gegen die Byzantiner in eine schwierige Situation gerieten, sagte er: „Überall hatte ich den Gesandten Allahs bekämpft, soll ich jetzt, wo ich Muslim bin, fliehen?“ Er kämpfte weiter, bis er fiel (At-Tabari IV/S. 36; Nadwi, S. 43).
[249] Malik Ibn Auf war damals dreißig Jahre alt. Er war sehr ehrgeizig und sah für seinen Stamm, die Hawazin, die Möglichkeit, die Vormachtstellung in Arabien zu gewinnen.
[250] Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 357.
[251] Das Tal von Hunayn liegt in der Nähe von Taif, auf dem Weg nach Mekka.
[252] Zur Schlacht von Hunayn und der Belagerung Taifs siehe: Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 356 - 363; Ibn Hischam (Ausgabe des Dar-Al-Ma’rifa-Verlags, Beirut), Band 2, S. 437 - 500.
[253] Sahih Buchari II/S. 620; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 360; Ibn Hischam, Band 2, S. 485.
[254] Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 361; Ibn Hischam, S. 586; At-Tirmidhi Nr. 4034.
[255] weil die Auswanderung einen großen Wert bei Allah hat
[256] Ibn Hischam, S. 591-592; Sahih Buchari II/S. 620, 621; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 362.
[257] Zu den Details des Feldzugs nach Tabuk siehe Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 368 – 375 und Ibn Hischam, S. 597-602.
[258] Sahih Buchari.
[259] Einige Berichte sprechen von 100.000 Menschen, die an dieser Pilgerfahrt teilnahmen, ein Ereignis, welches sich fortan ohne den Propheten jährlich wiederholen und beständig vergrößern sollte. Heute beteiligen sich daran bis zu fünf Mio. Frauen und Männer pro Jahr, und von vielen wird es als die größte jährliche internationale Friedensversammlung betrachtet.
[260] Ibn Hischam, S. 641; Sahih Muslim I/III, S. 97.
[261] Koran 5: 3. Der gesamte von Allah offenbarte Text des Korans war nun vollständig, und seine Verse sind von den Muslimen aufgenommen und niedergeschrieben worden, noch während der Prophet Muhammad lebte. Es handelt sich um eine sehr präzise Aufnahme: Nicht eine Silbe oder ein Laut, ob kurz oder lang gesprochen, ist je geändert worden, geschweige denn ein Buchstabe.
[262] Al-Waqidi, III/S. 1108-1109.
[263] Ibn Hischam, S. 664-665; At-Tirmidhi in Al-Manaqib Nr. 3735; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 400; Sahih Buchari I/S. 516.
[264] Ibn Hischam, S. 665; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 400.
[265] Sahih Buchari.
[266] Sahih Buchari mit Fath Al-Bari II/S. 195, 238f.; Hadith, S. 683, 712, 713; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 402.
[267] Sahih Buchari mit Fath Al-Bari II/S. 193; Hadith, S. 680, 681, 754, 1205, 4448; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 402; Ibn Hischam, S. 666-667.
[268] Sahih Buchari II/S. 638–641; Sahih Muslim 2191, At-Tabari III/S. 199; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 403.
[269] Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 403.
[270] Koran 3:144.
[271] Ibn Hischam, S. 672; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 405.
[272] Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 405.
[273] Ad-Darimi überliefert, Mischkatul Masabih II/S. 547; Dschami´At-Tirmidhi V/S. 588; Ar-Rahiq Al-Machtum, S. 404.